27 Jahre jung, in Teheran geboren, heute Metzgermeister mit eigenem Laden in Würzburg: Sayed, Spitzname Melvin, kam vor 10 Jahren nach Deutschland. Seine Lehre begann er mit 17 Jahren bei der Metzgerei "Bumm" in Triefenstein im Landkreis Main-Spessart. Mit seiner "Melvin Meat Boutique" möchte er ein sterbendes Handwerk wiederbeleben. Und Sayed zeigt, dass ein junger, muslimischer Metzger, der sich auch um vegane und vegetarische Kunden bemüht, kein Widerspruch ist.
Der neue Innenstadtmetzger
Ab vier Uhr morgens im Laden stehen und die Fleischtheke bestücken, das ist Alltag für Sayed in seiner "Meat Boutique". Die Würzburger Innenstadt schläft noch, als er beginnt, "das lieblose Fleisch in Szene zu setzen", wie er sagt. Dort betreibt Sayed seit Ende November seine eigene Metzgerei.
"Es bricht mein Herz, dass es so wenige von uns gibt", betont er. Schon Jahre vor der Eröffnung von "Melvin Meat Boutique" machten die Metzgereien in der Würzburger Spiegelstraße und der Semmelstraße zu – trotz bester Innenstadtlage. Kürzlich schloss eine etablierte Traditionsmetzgerei an der Juliuspromenade.
Seit Jahren Metzgerschwund
Sayeds Mutter hilft manchmal im Laden aus. Sonst ist er auf sich allein gestellt. Mitarbeitende zu finden, sei sehr schwer. Doch er bleibe positiv, möchte bald die ersten Lehrlinge ausbilden.
Unterfrankens Metzger haben seit 2013 mit fallenden Nachwuchszahlen zu kämpfen, erklärt die Handwerkskammer Unterfranken auf BR24-Anfrage: "2023 haben unterfrankenweit insgesamt 26 junge Menschen eine Ausbildung zum/zur Metzger/in begonnen, im Jahr 2013 waren es noch 37". Die Folge: Viele Betriebe fänden keinen Nachwuchs.
Mit 17 beim regionalen Betrieb gelernt
"Solche Leute brauchen wir", erklärt eine Stammkundin und meint damit sowohl junge Nachwuchsmetzger als auch Migrantinnen und Migranten, die Handwerksberufe wie den des Metzgers übernehmen. Melvin schlachtet selbst für seine "Meat Boutique", so wie er es vor zehn Jahren gelernt hat. Mit 27 sollte man doch eigentlich sein Leben in vollen Zügen genießen, Feiern gehen, etwas erleben? Melvin sieht das anders. Er feiere nur selten, stehe lieber im Laden, "um etwas zu erreichen", wie er selbst sagt.
Anders als Sayed brennen immer weniger junge Leute für den Metzgerberuf: Die Handwerkskammer stellt Rückgange von Metzgereibetrieben in den Landkreisen um 41 Prozent seit 2004 und in Schweinfurt, Würzburg und Aschaffenburg um 32 Prozent fest. Dort liegen aber auch Chancen für junge Metzgermeister, so die Handwerkskammer. Denn "viele Verbraucher kaufen bewusst regional, sie möchten wissen, wo die Produkte herkommen und setzen auf Qualität und Genuss".
Muslimischer Metzger für Fleischliebhaber, Vegetarier und Veganer
Sayed steht hinter seiner Fleischtheke, bearbeitet ein Schweineschnitzel aus der Oberschale und erklärt währenddessen, wie viel Freude es ihm bereite, wenn Kundinnen und Kunden an den Tischen sitzen und seine fränkischen Spezialitäten probieren. Immer wieder werde er von ihnen gefragt, wie das zusammenpasst – ein muslimischer Metzger, der auch Schweinefleisch verkauft. Sayed betont, dass er kein religiöser Mensch sei. Jeder Mensch sei in seinem Laden willkommen, auch Vegetarier und Veganer.
Zu einem modernen Metzgerbetrieb gehören laut Sayed auch das Angebot vegetarischer und veganer Produkte. Sojabratwürste und Gemüsefrikadellen etwa, aber auch Backwaren und ungewöhnliche Kreationen. Sayed hat passend zum weihnachtlichen Hype um Dubai-Schokolade eine Dubai-Fleisch-Praline hergestellt. Man müsse den Kunden immer etwas Neues bieten.
Dieser Artikel ist erstmals am 21. Dezember 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!