Nach einem israelischen Luftangriff am 9. 11. steigt im Gazastreifen Rauch auf.
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Gaza-Krieg '23

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Krieg gegen die Hamas: Wie es im Gazastreifen weitergehen könnte

Krieg gegen die Hamas: Wie es im Gazastreifen weitergehen könnte

Fünf Wochen nach dem Überfall der Hamas auf Israel: Mindestens 1.200 Menschen sind ermordet worden, mehr als 200 Geiseln nach Gaza verschleppt. Im Gaza-Streifen soll die Zahl der Toten schon bei 10.000 liegen. Wann und wie kann die Gewalt enden?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

"Kein Einsatz des Militärs ohne klaren Auftrag. Nur wenn gesetzte Ziele erreicht sind, schafft es die Politik, aus dem bewaffneten Konflikt auch wieder auszusteigen." Dieser Grundsatz der Militärs ist in der Vergangenheit immer wieder zur Sprache gekommen, wenn sich die israelische Regierung entschlossen hatte, ihre Armee mit Soldaten und Panzern in den Gaza-Streifen zu schicken. Vom "End-Game" sprechen Militärs und Politiker. Welche Auswege gibt es in diesem Gaza-Krieg?

Nach dem Massaker der Hamas an mindestens 1.200 Menschen jenseits der Gaza-Sperranlagen am 7. Oktober sind die Ziele der israelischen Regierung nur teilweise erkennbar. Vor allem die Frage, wie der Gaza-Streifen mit seinen 2,2 Millionen Menschen in Zukunft regiert werden soll, erscheint vollkommen offen. Hier ein Versuch, die Lage zu erklären, anhand der Interessen und Möglichkeiten der Akteure:

Hamas vernichten, für Sicherheit sorgen

Israels Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu hat erklärt, sie wolle die Hamas vernichten. Kommandeure der Hamas wurden schon in früheren Kriegen und auch in friedlicheren Zeiten gezielt getötet – und die Organisation dadurch geschwächt. Die Frage ist nun: Wann könnten Armee und Regierung in Israel zu der Feststellung kommen, das Ziel sei erreicht? Wenn Tausende Kämpfer getötet sind, wenn Dutzende Tunnel gesprengt sind, wenn alle – bekannten – Produktions- und Lagerstätten von Raketen zerstört sind?

Wenn man aus den bisherigen Gaza-Kriegen schließen will, dann erscheint es realistischer, dass Angriffe der Hamas allenfalls für einen längeren Zeitraum unterbunden werden können. Diejenigen, die Gewalt für das einzige Mittel halten gegen – aus ihrer Sicht – israelische Besatzung, Unterdrückung, Gängelung, die wird es weiterhin geben. Nach Jahren der Verelendung und einem Leben ohne Perspektive im abgeriegelten Gaza-Streifen fühlen sich die Menschen dort von der Welt vergessen.

Netanjahu: "Wir behalten die Kontrolle"

Netanjahu antwortet auf diese Situation zunächst, Israel werde die "Kontrolle über Gaza für unbestimmte Zeit behalten". Gleichzeitig lehnen die meisten Politiker in Israel eine Rückkehr zu einer Besatzung von Gaza ab. Niemand will zurück zu einem Zustand, wie er bis 2005 bestand. Verantwortung für die 2,2 Millionen Menschen in Gaza will die israelische Politik nicht übernehmen: Oppositionsführer Yair Lapid sagte im israelischen Radio, "Wir wollen nicht die Schulen der Kinder von Gaza finanzieren und auch nicht ihre Krankenhäuser."

Das tun im Übrigen die Vereinten Nationen seit Jahrzehnten. Die Schulen dort sind blau angestrichen, in der Farbe der UN-Flagge. Und die Staatengemeinschaft leistet seit langem akute Nothilfe bis hin zu Lebensmitteln, die an die Ärmsten in Gaza verteilt werden.

Verantwortung für Gaza soll die Palästinensische Autonomiebehörde übernehmen. Da sind sich Regierung und Opposition in Israel einig mit der US-Regierung. Auch Außenminister Antony Blinken hat sich dafür ausgesprochen.

Israel will Mahmoud Abbas reaktivieren

Mahmoud Abbas also? Könnten er und seine Fatah-Bewegung mit der Palästinensischen Autonomiebehörde Verantwortung für Gaza übernehmen? Abbas wird kommende Woche 88 Jahre alt. Er ist seit fast 20 Jahren Präsident der Autonomiebehörde in Ramallah. Seit 2005 hat er sich keiner weiteren Wahl mehr gestellt.

Er agiert in den Autonomiegebieten im Westjordanland einerseits unter israelischer Militärbesatzung, andererseits mit Unterdrückung seiner politischen Gegner. Abbas ist in der palästinensischen Bevölkerung extrem unbeliebt, seiner Autonomiebehörde wird weitreichende Korruption vorgeworfen. Auch wegen seiner beständigen Kooperation mit der Besatzungsmacht Israel hat er kaum noch politischen Kredit bei den Palästinensern.

Mammutaufgabe Wiederaufbau

Wie also sollte diese Autonomiebehörde unter Abbas im entfernten Gaza-Streifen Rückhalt in der Bevölkerung bekommen? Ist Abbas und seinen Leuten auch nur zuzutrauen, einen Wiederaufbau von Wohnhäusern im Gaza-Streifen zu organisieren? Die Regierungen in Jerusalem und Washington verweisen wohl nur aus Mangel an Alternativen auf Abbas, und nicht, weil er sich als starker Vertreter der Palästinenser anbietet.

Was hätten Abbas und seine Fatah auch zu erwarten in Gaza? Der Politikwissenschaftler Natan Sachs vom US-amerikanischen Brookings-Institut sagt, Israel werde Gaza für längere Zeit nicht den Rücken kehren können. Schließlich habe Ägypten keinerlei Interesse, sich zu engagieren. Und die Autonomiebehörde könne ohne israelische Unterstützung keine Verantwortung in Gaza übernehmen. Es wäre eine undankbare Rolle für Abbas.

Modell Westjordanland für Gaza?

Für Israel denkbar und wünschenswert wäre, so Sachs in der "New York Times", ein Modell nach dem Vorbild des Westjordanlands: Begrenzte Zuständigkeit der palästinensischen Autonomiebehörde, während die israelische Armee jederzeit einrücken kann, sollte Israel seine Sicherheit gefährdet sehen. Nur: Ob die Palästinenserführung in Ramallah dabei mitspielen will und kann, ist äußerst fraglich.

Selbst Israels Schutzmacht USA wird deutlich

Wie ernst die Lage Israels nach dem 7. Oktober auch von der US-Regierung eingeschätzt wird, ist mit dem Krisen-Besuch von Präsident Biden in Israel deutlich geworden. Sein Vor-Vorgänger Barack Obama hatte noch den Versuch unternommen, bei der Suche nach einem Ausgleich zwischen Israel und den Palästinensern voranzukommen. Seitdem haben die USA, so scheint es, das Interesse verloren.

Jetzt aber fürchten die Amerikaner, der Konflikt könnte sich ausweiten. Ihr Ziel: Den Gaza-Krieg begrenzen, die Lage beruhigen. Dafür lassen die Amerikaner, anders als gewohnt, sogar Meinungsverschiedenheiten mit Israel öffentlich werden: Außenminister Blinken erteilte nicht nur einer erneuten Besetzung von Gaza eine Absage, er warnte beim G7-Außenministertreffen in Japan die Israelis auch davor, die palästinensische Bevölkerung aus Teilen des Küstenstreifens dauerhaft verdrängen zu wollen.

Noch mehr Kontrolle

Möglicherweise würden die Amerikaner aber den israelischen Plan einer "Pufferzone" an der Grenze zu Ägypten unterstützen. Dann stünden israelische Truppen zwischen Ägypten und dem Gaza-Streifen und hätten die Kontrolle über die gesamte Grenzlinie an Land.

Von einer "Übergangszeit" spricht Netanjahu. Die könne auch länger dauern, bis Israel die militärische Kontrolle im Gaza-Streifen wieder aus der Hand gibt. Der Druck auf Israel, die Palästinenser und die USA wird allerdings steigen. Schon allein, weil Hunderttausende Menschen im Gaza-Streifen obdachlos sind. Und auch am östlichen Mittelmeer ist der Winter nass und kalt.

Im Audio: Israel kündigt taktische Pausen und Fluchtrouten an

Palästinenser aus Gaza und anderen Teilen des nördlichen Gazastreifens fliehen in Richtung der südlichen Gebiete
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Palästinenser aus Gaza und anderen Teilen des nördlichen Gazastreifens fliehen in Richtung der südlichen Gebiete

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