Am Morgen danach weiß Franz Bergmüller noch nichts. Er ruft von zu Hause an, nachdem der BR ihm eine Mail mit Fragen geschickt hat. "Es gab eine Drohung", sagt er, "aber ich wusste nicht, dass sie es jetzt beschlossen haben."
Bergmüller spricht laut. Es geht um seine Zukunft in der AfD. "Sie", das ist der Landesvorstand. "Es" ist der Antrag des Landesvorstands, Bergmüller aus der Partei auszuschließen. Der Schritt könnte auch Konsequenzen für die AfD im Landtag haben.
Landesvorstand beantragt Parteiausschluss von Bergmüller
Von Anfang: Am Dienstag hatte der Landesvorstand der AfD beantragt, den 59-jährigen oberbayerischen Landtagsabgeordneten Bergmüller aus der Partei auszuschließen. Der Landesvorstand will sich auf BR-Anfrage zwar nicht dazu äußern. Aber Mitglieder bestätigen dem BR die Nachricht, wie auch die Fraktionschefin der AfD im Landtag. Grund des Ausschlusses: Bergmüller habe Mandatsträgerbeiträge nicht gezahlt, also spezielle Abgaben, die alle Abgeordneten laut Satzung zusätzlich zu den Mitgliedsbeiträgen an die Partei zahlen müssen.
Damit kocht ein alter Streit zwischen Bergmüller und dem Landesvorstand hoch.
Streit um Rundschreiben von vergangenem Februar
Dieser Streit beginnt im Februar 2023. In wenigen Tagen sollen die Listen für die Landtagswahl erstellt werden. Franz Bergmüller will für die oberbayerische Liste wieder einen vorderen Platz ergattern. Aber kurz vor der Aufstellungsversammlung schickt der Landesvorstand eine Mail an alle AfD-Mitglieder in Bayern. Sie sollen an einer Mitgliederbefragung teilnehmen. In der Begründung ist die Rede von einer Gefahr durch "Mandatsgreifer". Die Verfasser haben die Sorge, manche Personen könnten zwar für den Landtag kandidieren, dann aber aus der AfD austreten, sobald sie gewählt wurden.
Sie vermitteln den Eindruck, Bergmüller könne zu diesen Personen gehören. Bergmüller wehrt sich, weist die Anschuldigungen zurück. Bei der Aufstellungsversammlung rutscht er trotzdem ab, von Listenplatz 1 im Jahr 2018 auf Platz 18.
Bergmüller zahlt Mandatsträgerabgaben nicht mehr
Bis heute nimmt Bergmüller dem Landesvorstand übel, dass er zu der Sache mit den "Mandatsgreifern" nicht angehört worden sei. Seit April 2023 zahlt er deshalb kein Mandatsträgerabgaben mehr. So geht es aus E-Mails zwischen Bergmüller und dem Landesvorstand hervor, die dem BR vorliegen.
Bergmüller schreibt darin dem Landesvorsitzenden Stephan Protschka: "Ich unterstütze keinen Lavo (Landesvorstand, Anm. der Redaktion), der mit allen Mitteln versucht, Franz Bergmüller fertig zu machen." Durch das Mitgliedsschreiben sei er in fast allen Kreisverbänden unten durch. "Es gibt eine Entschuldigung für die Unterstellung durch den Lavo gegen mich in einem Mitgliederrundschreiben, oder ich bezahle keine Mandatsträgerabgaben mehr."
Landesvorstand setzt Bergmüller Ultimatum
Protschka erwidert, er erkenne keinen Fehler des Landesvorstands. Man habe entsprechend der Satzung gehandelt und die Mitgliederbefragung weitergeleitet. Außerdem schickt er noch den Beschluss des Landesvorstandes von Mitte April 2024. Darin heißt es: "Der Vorsitzende u. sonstige angebrachte Vorstandsmitglieder klären mit Franz Bergmüller die Höhe der ausstehenden Mandatsträgerabgaben (…)." Sollte der ausstehende Betrag nicht bis zum 31.05.24 beglichen sein, werde ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet.
Bergmüller zahlt nicht.
Nichtzahlen ist Verstoß gegen die Ordnung der Partei
In der Partei sind auch andere Deutungen für den Ausschlussantrag zu hören. Bergmüller zählt zum vergleichsweise gemäßigten Lager der AfD, manche sehen das Ausschlussverfahren als Angriff auf dieses Lager. Schon vor der Landtagswahl 2018 hatte die AfD versucht, Bergmüller loszuwerden. Bergmüller ging dagegen juristisch vor und gewann schließlich vor dem Berliner Landgericht.
Klar ist aber auch: Laut Satzung ist es ein erheblicher Verstoß gegen die Ordnung der Partei, seine Mandatsträgerbeiträge nicht zu zahlen. Der Verstoß kann zum Parteiausschluss führen.
AfD könnte Status als Oppositionsführerin verlieren
Führt der Antrag tatsächlich zum Ausschluss Bergmüllers, könnte sich das auch auf die Landtagsfraktion auswirken. Sie ist Oppositionsführerin, denn sie stellt zwar gleich viele Abgeordnete wie die Grünen, hatte aber ein etwas besseres Wahlergebnis. Würde Bergmüller aus der Partei ausgeschlossen, könnte er nach derzeitiger Satzung auch nicht mehr Teil der Fraktion sein, diese würde schrumpfen. Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner schreibt dem BR auf Anfrage: "Ich wünsche mir sehr, dass Herr Bergmüller die ausstehenden Zahlungen begleicht und damit Mitglied in der Fraktion bleiben kann."
Bergmüller aber bleibt auf BR-Anfrage bei seiner Position: "Ich zahle, wenn es eine Entschuldigung gibt. Sonst ziehen wir das jetzt durch."
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!