Muhanad Al-Halak steht in einem grauen Anzug in einem Gebäude und lächelt.
Bildrechte: Muhanad Al-Halak/Dominik Konrad
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Muhanad Al-Halak aus Grafenau setzt sich für Integration und das Handwerk ein.

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Handwerk und Integration: Ein Kommunalpolitiker im Bundestag

Handwerk und Integration: Ein Kommunalpolitiker im Bundestag

Muhanad Al-Halak aus Freyung-Grafenau flüchtete als Kind mit seinen Eltern aus dem Irak nach Deutschland. Im Bayerischen Wald erfuhr er so viel Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft, dass er etwas zurückgeben möchte - als Bundestagsabgeordneter.

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Muhanad Al-Halak hat ein Bündel Briefe in der Hand, als er wieder einmal seine alte Schule, die Propst-Seyberer-Mittelschule in Grafenau, besucht. Es sind Glückwünsche von Bürgermeistern, Vereinen, Landräten, der Polizei und der IHK. Denn Al-Halak wurde im September für die FDP in den Bundestag gewählt. Vorher saß er schon im Kreistag Freyung-Grafenau und im Stadtrat von Grafenau.

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Die Propst-Seyberer-Schule bedeutet für Al-Halak viel Veränderung. Er kam im Jahr 2000 als Elfjähriger mit seiner Familie aus dem Irak dorthin. "Natürlich kommen hier in meiner Schule Erinnerungen hoch - für mich war alles damals komplett neu", sagt Al-Halak. Am ersten Schultag kamen die anderen Kinder auf ihn zu, erzählt er: "Und das war toll, dass sie versucht haben, mich aufzunehmen – ich konnte ja null Deutsch." Da habe er nicht lange gebraucht, die deutsche Sprache zu lernen. "Aber ich musste, weil ich mitspielen wollte", sagt der 31-Jährige lachend.

Migration und Handwerk zusammenbringen

Muhanad Al-Halak ist Abwassermeister und Betriebsleiter der Abwasserbeseitigung in Grafenau. Seine Themen als Politiker liegen deswegen auf der Hand, erklärt Al-Halak: Er ist Handwerker und möchte ein Vorbild dafür sein, dass die Integration gelingen kann. Sein Ansatz ist, Integration und Handwerk zusammenzubringen. "Das Handwerk stirbt ja allgemein aus, weil wir einen Handwerkermangel in Deutschland haben. Und durch Zuwanderer kann dem Ganzen entgegengewirkt werden."

Von heute auf morgen weg aus der Heimat

Die Zeit vor der Schule in Deutschland war jedoch von der Flucht aus dem Irak geprägt. Dort besuchte er die Grundschule, und von einem Tag auf den anderen hieß es: Wir müssen weg. Die Flucht dauerte etwa ein Jahr. "Damals habe ich den Krieg ja gar nicht verstanden. Das war wegen Diktator Saddam Hussein", sagt Al-Halak. Erst heute verstehe er, warum seine Eltern ihm gegenüber mit Erklärungen so zurückhaltend gewesen seien.

Die Flucht brachte für ihn als Kind damals Momente der Angst. Zwischen der Türkei und Italien wechselte die Familie zwischen zwei Schiffen – seine Mutter fiel bei starkem Wellengang ins Wasser. Sie hatte Al-Halak zufolge Glück, dass sie noch rechtzeitig herausgeholt werden konnte. "Das hätte böse enden können. Das ist mir sehr stark hängengeblieben, weil man als Kind oben steht und das mitbekommt - das war schon krass." In Grafenau angekommen, bekam die Familie eine Gemeinschaftswohnung. "Und da ist man als Kind so froh: Okay, ein warmes Bett, jetzt bin ich in Sicherheit."

Ohne Ausgrenzung Willkommen in Niederbayern

Seine Familie wurde herzlich in Niederbayern aufgenommen, sie erfuhr keine Ausgrenzung. "Die Gesellschaft ist hier sehr offen, jeder wird gefördert", stellt Al-Halak fest. "Ich denke, das hat auch hier mit uns in Niederbayern zu tun. Vielleicht war das auch so, weil wir die einzigen waren." Deswegen will Muhanad Al-Halak die Integration von Geflüchteten voranbringen, und das ist ein Grund, warum er sich engagiert. "Ich möchte ein Vorbild dafür sein. Junge Leute, auch mit Migrationshintergrund, müssen hier erstmal was leisten."

Integration? Ehrenamt!

"Für mich ist es ganz wichtig, sich zu öffnen", sagt Al-Halak. Integration könne nur gelingen, wenn jemand, der hierherkomme, sich nicht gegenüber der hiesigen Gesellschaft verschließe. Genau das sei aber im Moment das Problem: Viele Migranten blieben unter sich. So entstünden Parallelgesellschaften. "Ich würde mich erst mal durch das Ehrenamt integrieren, weil man das Gefühl fürs Gemeinwohl entwickelt." Ehrenamt wie Feuerwehr, oder Fußballspielen. "Das hat mir sehr geholfen und wird auch anderen, die herkommen, helfen."

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Und was können Einheimische für eine gute Integration tun? Muhanad Al-Halak findet, dass nicht nur Migranten offen sein müssen: "Die Gesellschaft muss gegenüber denen Verständnis zeigen, die hierherkommen." Sie müsse ihnen auch die Chance geben, sich zu beweisen, und sie nicht gleich abstempeln. Er sei das beste Beispiel, dass man sich gut integrieren könne.

Al-Halak will auch im Bundestag seine Region weiterbringen

Wenn ihm vor einem Jahr jemand gesagt hätte: Vielleicht wirst du Bundestagsabgeordneter? "Dann hätte ich gesagt: Spinnst du? Aber wir leben in einer Demokratie, und die Demokratie hat gesprochen." Sein Ziel ist klar: "Ich möchte in meiner Region wirklich was bewegen."

Die Serie "Zeit für Local Heroes" bringt das Spotlight auf die Kommunalpolitik in Bayern: Die Local Heroes halten die Gesellschaft zusammen und gestalten Politik im Kleinen. Im Gegensatz zu klassischen Superhelden werden sie selten bewundert und beklatscht. Genau das ändert Franziska Wanninger. Die Autorin, Podcasterin und Kabarettistin besuchte sechs Politikerinnen und Politiker in Bayern. Alle Reportagen und weitere tolle Menschen - auch aus dem Norden der Republik - gibt's auch zum Nachhören in der ARD Audiothek.

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