Stele mit der Biografie des Widerstandskämpfers Walter Klingenbeck am Platz der Freiheit in München Neuhausen an der Landshuter Allee
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Widerständlern gewidmet: Münchner Platz soll bekannter werden

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Für die Freiheit: Münchner Platz soll bekannter werden

Für die Freiheit: Münchner Platz soll bekannter werden

Hunderttausende haben am vergangenen Wochenende für Freiheit und Demokratie demonstriert. In München erinnert seit 1945 ein fast vergessener Platz an die Freiheitskämpferinnen und -kämpfer des Dritten Reiches. Wie kann der Platz bekannter werden?

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Samstagvormittag am .

Hunderttausende Menschen in Deutschland sind derzeit alarmiert und sehen die seit 1945 errungenen Freiheitsrechte durch einen Rechtsruck bedroht. Die Stadt München hat der Freiheit gleich nach der NS-Diktatur einen Platz gewidmet. Doch er ist kaum bekannt.

Die amerikanischen Besatzer hatten damals gefordert, viele Straßen in der Stadt umzubenennen. So wurden unter anderem die "Hindenburgstraße" zur "Landshuter Allee" und "Hindenburgplatz" zum "Platz der Freiheit".

"Platz der Freiheit" nur Grünfläche an riesiger Straßenkreuzung

Der "Platz der Freiheit" liegt zwar direkt am Mittleren Ring, trotzdem kennt ihn kaum jemand in München. Denn er ist nur eine kleine Grünfläche mit ein paar Bäumen an einer riesigen Straßenkreuzung. Auf sie münden neben der Landshuter Allee noch vier weitere Straßen. Hier tobt der Verkehr mitsamt der Trambahn.

Bis 2014 war der Platz ein Schandfleck mit Sperrmüll und ein Hundeklo. Auf Initiative von Münchner Bürgerinnen und Bürgern um Aktionskünstler Wolfram Kastner erinnern seit 2014 zwölf weiße Stelen mit Fotos und Biografien an Frauen und Männer, die im Dritten Reich Widerstand geleistet haben. Oft sind sie dafür mit dem Tod bestraft worden.

Erster Platz zum Gedenken an alle Widerstandskämpfer

Seit 1945 gedenkt der Platz aller Widerstandskämpferinnen und -kämpfer während der NS-Zeit – als erster in München. An diese Freiheit zu erinnern, ist eine ständige Aufgabe, meint Christoph Wilker, der sich mit anderen für den Platz engagiert: "Wenn sich der Wind dreht in der Gesellschaft, ist Widerstand gar nicht mehr so einfach, weil die Mehrheit dazu neigt, die Meinung der Allgemeinheit, oder was gerade angesagt ist, zu übernehmen."

Deshalb ist es ihm wichtig, mit den Stelen Beispiele zu geben für Menschen, die sich couragiert für die Freiheit eingesetzt haben. Etwa an die Weiße Rose, den kirchlichen Widerstand, kommunistische Widerstandskämpfer, Zeugen Jehovas oder an den jungen Walter Klingenbeck.

Autor: Stadt tut zu wenig für Sichtbarkeit des Platzes

Die Stadt München hat die Stelen zum Großteil finanziert. Trotzdem fristet der Platz immer noch ein Schattendasein in dem ganzen Verkehr. Wenn es um eine Aufwertung ging, rückte immer nur das Baureferat an, sagt der Journalistik-Student Michael Stahl, der seine Bachelorarbeit über den "Platz der Freiheit" geschrieben hat: "Bisher hat das Baureferat immer nur eine Bank mehr aufgestellt oder die Hecken geschnitten." Das aber sei nur Kosmetik, sagt Stahl, und habe nichts daran geändert, dass niemand den Platz kenne – nicht einmal viele der Anwohner.

Zukunft des Platzes ungewiss

Die Stelen sind noch bis 2026 genehmigt – dann aber sollen an der Stelle andere Kunstwerke an die Freiheit erinnern, sagt Moritz Kienast vom Kulturreferat der Stadt – mit Bezügen zur heutigen Gegenwart wie dem Ukraine-Krieg oder der Situation in Nahost.

Angedacht ist ein künstlerischer Wettbewerb samt Fachjury. Ob der Platz aber damit im Stadtbild präsenter wird? Moritz Kienast vom Kulturreferat findet selbst, dass der Platz sichtbarer werden muss. Er müsse so gestaltet sein, dass er den vielen Menschen, die hier täglich in Auto, Bus oder Trambahn vorbeikommen, sofort auffällt, meint er.

Vorschlag: Platz größer denken

Der Journalistik-Student Michael Stahl schlägt vor, größer zu denken und den Namen "Platz der Freiheit" auf die gesamte Straßenkreuzung auszudehnen. Das könnte man dann auch städtebaulich oder künstlerisch deutlich machen und dem Platz auch Hausnummern und Adressen geben. Es brauche deutlich sichtbare Wahrzeichen, die den Platz wiedererkennbar machen. Auch die Straßenbahnhaltestelle könne man "Platz der Freiheit" nennen.

Und er gibt den Mitarbeitern der Stadt noch einen Rat mit auf den Weg: Die Erinnerung im öffentlichen Raum sei inzwischen ein eigenes Fach mit dem Namen "Public History", das werde an der Universität gelehrt und in Potsdam gebe es ein eigenes Zentrum für Public-History-Forschung mit vielen Ideen, wo man sich beraten lassen könne. Aber die Stadt München hat inzwischen selbst eine eigene Abteilung dazu und die heißt: Public History.

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