Ein Team der ARD ist im palästinensischen Westjordanland von Soldaten des israelischen Militärs (IDF) festgehalten und bedroht worden. Nach Angaben des ARD-Studios Tel Aviv, das vom Bayerischen Rundfunk (BR) betrieben wird, war Korrespondent Jan-Christoph Kitzler am Samstag, dem 4. November, mit einem palästinensischen Mitarbeiter sowie einer deutschen Mitarbeiterin bereits auf dem Rückweg von einem Interview, als sie von israelischen Soldaten südlich der palästinensischen Stadt Hebron gestoppt wurden.
Soldaten wohl eingezogene Reservisten
Wie Kitzler berichtet und Handyvideos des Teams belegen, verhielten sich die Soldaten gegenüber dem ARD-Team überaus aggressiv, mehrfach wurden Waffen in das Teamfahrzeug gehalten.
Immer wieder filmten die Soldaten das ARD-Team aus nächster Nähe. Für Kitzler und das Team ein klarer Versuch der Einschüchterung. Bei den Soldaten handelte es sich nach Angaben der ARD-Mitarbeiter vermutlich um Siedler aus der Gegend, die als Reservisten eingezogen wurden. Sie waren mit einem Privatfahrzeug unterwegs und trugen zivile Kopfbedeckungen.
Journalisten mit Waffen bedroht
"Die Soldaten haben uns mit ihren Waffen bedroht und uns gefragt, ob wir Juden seien. Unsere Kollegin wurde als Verräterin beschimpft", berichtet Jan-Christoph Kitzler.
Das ARD-Team war vor Ort, um über Gewalt radikaler Siedler gegen Palästinenser im von Israel besetzten Westjordanland zu berichten. Diese ist mit Kriegsbeginn deutlich angestiegen, zahlreiche Fälle sind dokumentiert.
ARD-Studioleiter Tel Aviv: Können Vorgehen nicht akzeptieren
Für Christian Limpert, Leiter des ARD-Studios Tel Aviv, handelt es sich dabei um Versuche, die Berichterstattung aus dem palästinensischen Westjordanland massiv zu behindern, auch andere internationale Medien seien betroffen. "Für uns ist es der zweite Vorfall innerhalb einer Woche. Unser Team hat sich klar als akkreditierte Pressevertreter ausgewiesen und war fernab militärischer Sicherheitsbereiche. Wir können das Vorgehen des israelischen Militärs nicht akzeptieren."
Bundesregierung mahnt Pressefreiheit in Israel an
In einer so angespannten Situation wie der, in der man sich aktuell befinde, sei natürlich Pressefreiheit ein extrem hohes Gut, betonte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin. Für ihre Berichterstattung müsse Pressevertretern vor Ort freier Zugang gewährt werden, fügte sie hinzu.
Juristische Aufarbeitung soll geprüft werden
Erst nach über einer Stunde habe sich die Situation laut dem ARD-Team entspannt, nachdem weitere israelische Soldaten und auch Polizeikräfte hinzugezogen worden waren. Telefonisch hatte zudem das für Auslandskorrespondenten zuständige "Foreign Desk" des IDF vermittelt.
Der BR betrachtet das Ereignis als schweren Eingriff in die Pressefreiheit. Das mehrfache Vorhalten der Waffe sei völlig inakzeptabel, so BR-Chefredakteur Christian Nitsche. Unter anderem auch die Foreign Press Assoziation (FPA) in Israel hat angekündigt, in der Sache aktiv zu werden. Das ARD-Studio Tel Aviv wird einen Anwalt damit beauftragen, eine juristische Aufarbeitung des Vorfalls zu prüfen.
Beitrag zum Hören: Zunehmende Siedlergewalt im Westjordanland
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