Fünf-Euro-Schein
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Geldschein, 5 Euro

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Studie mit Startprämie: Das RKI und die Fünf-Euro-Frage

Studie mit Startprämie: Das RKI und die Fünf-Euro-Frage

Haben Sie auch einen Umschlag mit Geld im Postkasten? Leider sind es oft nur fünf Euro, und die kommen vom RKI, das Studienteilnehmer sucht. Daran gibt's Kritik. Doch wie sehen Alternativen aus? Eine (nicht ganz ernst gemeinte) Seitenbetrachtung.

Diese Geschichte spielt in Deutschland, und deshalb ist es etwas kompliziert. Hauptakteur ist das Robert-Koch-Institut (RKI), seit der Corona-Pandemie allgemein bekannt, aber nicht überall beliebt – beschäftigt sich das Bundesinstitut für Infektionskrankheiten doch naturgemäß mit eher unerfreulichen Dingen wie Krankheitswellen, potenziell tödlichen Kleinsttieren und der Wirksamkeit staatlicher Zwangsmaßnahmen. Für viele ist das RKI auch schuld daran, dass das Wort "positiv" so lange negativ besetzt war.

Aktuell startet das RKI unter dem Namen "Gesundheit in Deutschland" eine neue, groß angelegte Studie. Insgesamt 30.000 Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren aus ganz Deutschland sollen mitwirken. 180.000 repräsentativ Ausgewählte werden dafür angeschrieben. Damit das Teilnehmen etwas leichter fällt, legt das RKI jedem Schreiben einen Fünf-Euro-Schein bei. Weitere zehn Euro winken allen, die tatsächlich mitmachen.

Verschwendung? Was der Bund der Steuerzahler moniert

Fünf Euro sind nicht viel; in der Münchner City bekommt man dafür gerade mal eine halbe Bier. Insgesamt summieren sich die Prämien auf 1,2 Millionen Euro. Für den Bund der Steuerzahler genug, um "Verschwendung von Steuergeld" zu wittern und einen Stopp der Umfrage zu fordern.

Ein Löffelchen Zucker: Was das RKI bezweckt

Für das RKI ist das keine Option. "Die Teilnahmequoten an Befragungsstudien sind seit Jahren rückläufig", heißt es auf BR24-Anfrage. Das Bargeld in den Briefen soll dem Trend entgegenwirken und als Motivation wirken, ungefähr so wie der Löffel Zucker bei der Schluckimpfung. Ein Test hat laut RKI eine um 13 Prozentpunkte höhere Teilnahmequote ergeben. Im Übrigen seien Anreize für eine Studienteilnahme internationale Praxis.

Hierzulande aber nicht ganz einfach.

Eigentlich illegal: Was die Post vorschreibt

Postalisch betrachtet bewegt sich das RKI am Rande der Legalität. Laut den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post ist der Versand von "Valoren II. Klasse" – etwa Bargeld – in Briefen "ausgeschlossen". Streng genommen hätte das RKI seine fünf Euro per Einschreiben in einem sogenannten Wertbrief verschicken müssen.

Das Porto dafür beträgt derzeit 4,45 Euro, also fast genauso viel wie der Inhalt der RKI-Schreiben; kostenneutral könnte das RKI nur eine 50- und eine 5-Cent-Münze verschicken. Die Alternativen Brieftaube und berittener Bote scheiden ebenfalls aus Kostengründen aus, das Durchfaxen der Scheine aus rechtlichen Erwägungen.

Dann doch lieber Gummibärchen?

Persönlicher und zudem "haptisch erfahrbar" wäre es natürlich, dass RKI würde statt Geld ein kleines Geschenk schicken. Im Marketingsprech heißt sowas "Giveaway". Laut einer Dima-Studie, die der Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft in Auftrag gegeben hat, sollen die durchaus erfolgreich sein, jedenfalls von 91 Prozent der eigennützig Beschenkten benutzt werden. "Fast in jedem Haushalt sind Werbeartikel vorhanden".

Könnte stimmen. Bei der nicht repräsentativen Recherche im Haushalt einer Testperson (des Autors) finden sich:

  • Ein Satz Adressaufkleber (wegen Umzugs leider unbrauchbar)
  • Mehrere Glückwunschkarten (eine doppelt, weil das Motiv außer von Spendeneintreibern auch als Geburtstagsgruß von der Verwandtschaft verschickt wurde)
  • Drei Partei- und ein Baumarktkugelschreiber (weltweit die Nummer 1 unter den Werbemitteln, für rund acht Cent erhältlich. Zwei kaputt, zwei noch im Einsatz. Denn, so schreibt ein Anbieter von Giveaways: "Was wäre ein Tag ohne Kugelschreiber?")
  • Ein ebenfalls gern benutzter Flaschenöffner in Form eines Rettungsrings von einer Hilfsorganisation (nicht der Suchthilfe).

Im Fall des RKI stellt sich allerdings die Frage, welche Art von Werbegeschenk passend wäre. Corona-Flaschenöffner? Naschwerk in Spritzenform? Ein Mini-Plüsch-Virus?

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"Gesundheit in Deutschland": Etwas außer Form, und sonst?

Digital - wäre besser

Am einfachsten wäre es natürlich, dass RKI würde das Geld keimfrei überweisen. Wenn es denn einfach wäre - siehe Datenschutz und den Stand der Digitalisierung.

Anschauungsbeispiel ist der noch unter Kanzlerin Angela Merkel als Idee eingetütete Klimabonus, den auszuzahlen sich das Finanzministerium frühestens 2025 im Stande sieht. Die Heizhilfen wurden deshalb durch die Energieversorger ausgezahlt. Die Fünf-Euro-Prämie unter den Fußmatten der Hausärzte zu deponieren, erscheint aber nicht praktikabel.

Verfassungsfragen, körperlich und seelisch

Bliebe als letzte Alternative die Möglichkeit, dass sich auch so genug Menschen bereitfinden, an der Studie mitzuwirken, mit oder ohne Vorabkasse. Schließlich, so das RKI, geht es den Wissenschaftlern darum, einen Überblick über die körperliche und psychische Verfassung der Deutschen und die allgemeinen Lebensumstände zu schaffen: "Mit den Ergebnissen kann beispielsweise eingeschätzt werden, ob bestimmte von der Politik formulierte Gesundheitsziele tatsächlich erreicht wurden." Das könnte im Zweifel mehr wert sein als fünf Euro oder ein paar Kugelschreiber.

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