24.09.2023, Kosovo, Banjska: Polizisten aus dem Kosovo sichern eine Querstraße, die zum Banjska-Kloster führt.
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24.09.2023, Kosovo, Banjska: Polizisten aus dem Kosovo sichern eine Querstraße, die zum Banjska-Kloster führt.

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Gewalt im Kosovo eskaliert: Vier Tote bei Gefechten

Gewalt im Kosovo eskaliert: Vier Tote bei Gefechten

Im Kosovo haben laut Regierung 30 bewaffnete Männer das Feuer auf kosovarische Polizisten eröffnet. Später besetzten sie ein Kloster. Es wird als schwerster Zwischenfall im angespannten Verhältnis zwischen dem Kosovo und Serbien seit Jahren bewertet.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Bei bewaffneten Zusammenstößen hat die kosovarische Polizei ein serbisches Kampfkommando weitgehend zerschlagen. Das erklärte der kosovarische Innenminister Xhelal Svecla am Sonntagabend in Pristina. Der mutmaßlich vom benachbarten Serbien unterstützte Trupp hatte zuvor kosovarische Polizisten angegriffen und ein serbisch-orthodoxes Kloster zeitweise unter seine Kontrolle gebracht. Ein Beamter und drei Angreifer wurden getötet. Das Kosovo hat den getöteten Polizisten mit einer Staatstrauer geehrt. An öffentlichen Gebäuden wehten die Fahnen am Montag auf halbmast.

Kurti beschuldigt Serbien, Vucic weist Vorwürfe zurück

Albin Kurti, Ministerpräsident des Kosovo, sprach von einer Terrorattacke, verübt von Kriminellen, die von Serbien gefördert würden. "Das waren Profis, mit Militär- und Polizeihintergrund."

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hingegen wies am Sonntagabend jegliche Verantwortung seines Landes für die Vorfälle zurück und erklärte, bei den Angreifern habe es sich um Kosovo-Serben gehandelt. "Der einzige Schuldige an allem, was im Norden des Kosovo passiert (...), ist Albin Kurti", sagte er. Kurti provoziere "ständig und es tut mir leid, dass einige Serben seinen Provokationen nachgegeben haben". Vucic sprach von einer Rebellion gegen Kurti, der den Serben Rechte verweigere. "Serbien wird einen unabhängigen Kosovo niemals anerkennen", sagte er.

Was über den Vorfall bekannt ist

Nach Angaben der Polizei hatten zunächst zwei Schwerfahrzeuge auf einer Brücke in dem etwa 15 Kilometer von der serbischen Grenze entfernten Dorf Banjska Position bezogen und die Zufahrt versperrt. Als die Polizei eintraf, seien die Beamten mit einem ganzen Waffenarsenal unter Beschuss genommen worden. Später erzwangen sich Maskierte in einem gepanzerten Fahrzeug den Weg auf das Gelände des Klosters bei Banjska, wie die Diözese von Raszien-Prizren mitteilte. Mönche und Pilger verschanzten sich im Inneren. Es seien Schüsse gefallen.

Am Nachmittag teilte Kosovos Ministerpräsident Kurti mit, die Polizei habe die Angreifer in dem Kloster umzingelt und aufgefordert, sich zu ergeben. Lokalen Medien zufolge riegelte die Grenzpolizei auch zwei Übergänge nach Serbien ab. Unabhängig ließen sich die Angaben nicht überprüfen. Von den serbischen Behörden lag zunächst keine Stellungnahme vor. Journalisten wurde der Zugang zu Banjska verwehrt. Ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters, der in der Nähe war, meldete, dass Nato-Soldaten zusammen mit Angehörigen der EU-Mission Eulex und kosovarischen Polizisten auf der nach Banjska führenden Straße patrouillierten.

Die serbisch-orthodoxe Kirche verurteilte die Erstürmung des Klosters. "Offene Gewalt" auf kirchlichem Boden sei nicht hinnehmbar, erklärte die Diözese Raszien-Prizren am Sonntag. Sie forderte alle Beteiligten auf, den Konflikt so schnell wie möglich beizulegen.

Schwerster Zwischenfall seit Jahren

Kosovo hatte sich 1999 von Serbien abgespalten und 2008 seine Unabhängigkeit erklärt. Das wird weder von der Regierung in Belgrad noch von der serbischen Minderheit im Kosovo anerkannt. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, erkennen die Unabhängigkeit des Kosovo an. Serbien, Russland, China und fünf EU-Mitgliedsländer tun dies nicht. Über 90 Prozent der Bevölkerung des Kosovo sind ethnische Albaner. Zu den rund 1,8 Millionen Einwohnern des Kosovo zählen aber auch rund 120.000 Serben, die vor allem im Norden des Landes leben.

Die Nato hat rund 4.000 Soldaten in dem Balkan-Land stationiert, die den Frieden sichern sollen. Die EU bemüht sich um eine Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Kosovo und Serbien, die beide in die EU streben. Zuletzt nahmen die Spannungen aber wieder zu, unter anderem, weil im Norden des Kosovo in einigen mehrheitlich von Serben bewohnten Gemeinden ethnische Albaner als Bürgermeister eingesetzt wurden. Im Mai war es in der Gegend zu schweren Ausschreitungen gekommen.

Internationale Besorgnis

Die Leiterin der UN-Mission im Kosovo, Caroline Ziadeh, verurteilte den Vorfall scharf, ebenso wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. "Diese Angriffe müssen sofort aufhören", erklärte Borrell. In Deutschland erklärte das Auswärtige Amt auf X, vormals Twitter, illegal bewaffnete Gruppen müssten damit aufhören, Leben zu gefährden. Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Mit Informationen von dpa, Reuters, AFP und KNA

Flaggen des Kosovo und Serbiens
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Kosovo

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