Tapete für einen Raum berechnen, schriftliche Regeln richtig lesen und verstehen, eine Route mit mehreren Stopps planen – Erwachsene in Deutschland sind in Alltagsmathematik, Textverständnis und bei der Problemlösungskompetenz besser als der Durchschnitt anderer Industrieländer. Viele Menschen hierzulande haben aber eine deutliche Lese- und Rechenschwäche. Das zeigt die OECD-Vergleichsstudie PIAAC (externer Link) – auch "Pisa für Erwachsene" genannt.
Deutschland im oberen Mittelfeld
Die Erwachsenen in Deutschland landen in der Studie im oberen Mittelfeld. Die Kompetenzen haben sich im Vergleich zur letzten Erhebung vor rund zehn Jahren kaum verändert. Auf einer Punkteskala bis 500 erreichen sie im Schnitt im Lesen 266, in Mathematik 273 und beim Problemlösen 261 Punkte.
Die Spitzenländer Finnland, Japan und Schweden kommen auf Punktwerte beim Lesen zwischen 274 und 296, in Mathematik zwischen 285 und 294 und im Problemlösen zwischen 273 und 276. Am unteren Ende der Skala stehen Chile, Polen, Portugal und Litauen mit Werten zwischen 214 und 239 Punkten.
160.000 Menschen in 31 Ländern getestet
Für die Studie wurden 2022 und 2023 in 31 Ländern mehr als 160.000 Menschen zwischen 16 und 65 getestet. In Deutschland nahmen rund 4.800 Menschen teil. Die Erhebung ist nach OECD-Angaben repräsentativ, teilgenommen haben auch Menschen mit schlechten Deutsch-Kenntnissen. Die Aufgaben wurden unter Aufsicht auf Tablets ohne Zeitbegrenzung bearbeitet. Zudem wurden persönliche Daten, etwa zum Bildungsstand und Beruf abgefragt.
Beispiel-Aufgabe: Kita-Regeln verstehen
In einer Aufgabe wurde den Teilnehmern zum Beispiel eine Liste mit Kita-Regeln vorgelegt: "Bitte sorgen Sie dafür, dass ihr Kind bis 10:00 Uhr hier ist", "Ziehen Sie ihr Kind bequem an und bringen Sie Kleidung zum Wechseln mit" und weitere Regeln waren dort aufgeführt. Die Aufgabe war dann, auf der Liste die Regel zu markieren, die zu folgender Frage passt: "Um welche Uhrzeit sollten die Kinder spätestens im Kindergarten eintreffen?" Ein großer Teil habe mit solchen Aufgaben wirklich Schwierigkeiten, sagte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher. "Das ist die Lesekompetenz eines 10-jährigen Kindes."
Ein Fünftel hat Probleme mit einfachen Aufgaben
20 bis 22 Prozent erreichen der Studie zufolge maximal die niedrigste Kompetenzstufe im Lesen, in Alltagsmathematik und im Problemlösen. Sie können allenfalls kurze Texte verstehen, einfache Rechenaufgaben etwa mit Geld lösen und "tun sich schwer mit der Lösung von mehrstufigen" Problemen, wie es heißt.
Was man in Schulstudien sehe, setze sich im Erwachsenenalter fort, sagte Abteilungsleiterin Johanna Börsch-Supan aus dem Bundesbildungsministerium und verwies auf einen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Grundkompetenzen. Man müsse daher ganz am Anfang, möglichst früh im Bildungsverlauf ansetzen.
OECD: Mehr Einkommen und Vertrauen durch Bildung
Die OECD weist darauf hin, dass höhere Kompetenzen sich auch positiv im Einkommen niederschlagen und zu mehr Lebenszufriedenheit führen können. Schleicher beschrieb auch einen Zusammenhang zwischen Vertrauen und dem Bildungsgrad. Wer bessere Kompetenzen habe, habe in der Regel auch das Gefühl, dass er dem Staat und den Menschen mehr vertrauen könne. "Vertrauen hängt halt mit dem zusammen, was wir über die Welt wissen und wie wir mit dieser Welt umgehen können."
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