Eine Spielecke und ein Basteltisch im Kindergarten
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Sprachtest-Pflicht kommt: Lehrerverband warnt vor Ausgrenzung

Sprachtest-Pflicht kommt: Lehrerverband warnt vor Ausgrenzung

Alle Kinder in Bayern sollen vor dem letzten Kindergartenjahr einen Sprachtest machen müssen - das hat das Kabinett beschlossen. Die Chefin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, Fleischmann, verweist im BR24-Interview auf Schwierigkeiten.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Damit alle Kinder in Bayern bei der Einschulung gut Deutsch können, sollen im Freistaat verpflichtende Sprachtests eingeführt werden. Nachdem CSU und Freien Wähler diese Absicht schon in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben hatten, folgte gleich bei der ersten Sitzung des neuen Kabinetts nun der entsprechende formale Beschluss. Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) sagte in München, dass es bei zu großen Sprachdefiziten ein verpflichtendes Vorschuljahr oder einen verpflichtenden Besuch von Sprachunterricht geben solle. Laut Koalitionsvertrag sollen die Tests jeweils vor dem letzten Kindergartenjahr erfolgen.

Ein praxistaugliches Konzept für die Sprachtests wolle die Staatsregierung gemeinsam mit den Kommunen und Lehrerverbänden erstellen. Damit seien die zuständigen Ressorts - das Sozial-, das Kultus- und das Gesundheitsministerium - beauftragt worden. Diese Entwicklung solle sich aber "nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag" hinziehen, sondern für das nächste Schuljahr vorliegen.

Herrmann: Schlüssel zur Integration

Der Staatskanzleichef hält den Beschluss für wichtig. "Die Sprachfähigkeit ist der entscheidende Schlüssel zur Integration", betonte er. Jedes Kind mit Sprachdefiziten soll so gefördert werden, dass es "in der Lage ist, dem Unterricht zu folgen und somit von vornherein Integration in der Schule möglich ist". Deutschkenntnisse dürften nicht von "Willkür der Eltern abhängen, die das für wichtig oder nicht wichtig halten".

Auf die Frage, wer die Kinder mit unzureichenden Sprachkenntnissen unterrichten solle, sagte Herrmann: "Das ist genau das, was eben erarbeitet werden muss in der nächsten Zeit. Der Startschuss ist gegeben."

"Wollen wir schon wieder Kinder in Schubladen packen?"

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) ist laut seiner Präsidentin bereit, bei der Konzeptentwicklung mitzuarbeiten. Zugleich warnte sie bei BR24live aber vor Ausgrenzung: "Wenn ein Kind das nicht besteht, (…) wollen wir da auch schon wieder Kinder in bestimmte Schubladen packen?" Die Schulen wollten auch diesen Kindern gerecht werden. "Das könnten wir auch, wenn wir entsprechendes Personal hätten."

Für Fleischmann ist insbesondere die Frage zentral, wie künftig mit Kindern mit Sprachdefiziten umgegangen werden soll, die den Test nicht bestehen. "Was bedeutet das rechtlich? Wie gehen denn dann die Kitas damit um, wenn es da auch kein professionelles Personal gibt? Wollen wir die Kinder dann verpflichtend in irgendwelche Kurse packen?" Fragen, die vor allem mit Menschenrechten zu tun hätten – denn es gehe um den Umgang mit kleinen Kindern. "Diese Kinder sind fünf, sechs Jahre alt", gab die BLLV-Präsidentin zu bedenken.

Fleischmann: "Wir brauchen zusätzliches Personal"

Fleischmann verwies darauf, dass nicht nur Kinder mit Fluchthintergrund mangelhafte Deutschkenntnisse hätten. "Wir haben ganz viele andere Kinder, die nicht unbedingt der deutschen Sprache so mächtig sind, wie wir es gerne hätten." Schule bedeute Vielfalt, die Schulen wollten alle Kinder annehmen, das könne aber nicht eine Lehrerin allein für 24 Kinder leisten.

Nötig sei "Multiprofessionalität": "Wir brauchen zusätzliches Personal. Wir brauchen Förderlehrerinnen und Förderlehrer. Wir brauchen die Schulpsychologen, die Beratungsfachkräfte. Wir könnten das alles. Wir haben es gelernt, Kinder individuell zu begleiten." Es gelte also, über das Personal zu diskutieren und über eine gute Art der Integration.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern hatte die Pläne für eine Sprachtest-Pflicht schon im Sommer abgelehnt: "Weil wir glauben, dass es Kinder schon sehr früh ausgrenzt", sagt GEW-Landeschefin Martina Borgendale damals. Sie plädiert dafür, auch Kinder mit Sprachdefiziten in Regelklassen zu unterrichten, "weil Kinder und Jugendliche voneinander sehr viel lernen". Bei Bedarf könnten Schülerinnen und Schüler stundenweise gefördert werden.

AfD zweifelt Lernerfolg der Kinder an

Der AfD-Abgeordnete Ingo Hahn betonte bei BR24live, die AfD habe solche Sprachtests als erste vorgeschlagen. Allerdings stelle sich die Frage: "Was macht man denn, wenn man feststellt, ein Kind ist eben nicht Deutsch-sprechfähig?" Es solle dann ein Jahr einen Deutschkurs geben. "Glaubt man, dass nach einem Jahr die Deutschkenntnisse so gut sind, dass sie dann in die Grundschule können? Ich glaube das nicht in jedem Fall", sagte der AfD-Politiker.

Grüne: Förderangebote massiv ausbauen

Nach Meinung der bayerischen Grünen-Fraktionschefin, Katharina Schulze, ist es vor allem wichtig, die Lern- und Förderangebote massiv auszubauen. "Kinder lernen von und mit anderen Kindern am besten", betonte sie. Nur durch eine gezielte Sprachförderung könne Kindern mit Defiziten der Weg ins Leben hier in Bayern geebnet werden.

Der Grünen-Abgeordnete Florian Siekmann schrieb im Kurznachrichtendienst X, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordere, was er schon heute nicht schaffe. Beim Vorkurs Deutsch sei es beispielsweise in München zuletzt nicht gelungen, die vorgesehenen Deutschstunden vollständig sicherzustellen. "Wer soll bitte Sprachtests durchführen oder Pflichtkurse halten? Investitionen ins Personal wären angesagt!"

SPD: "Kinder lernen unglaublich schnell"

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Florian von Brunn verwies auf Personalengpässe. Zwar gebe es viel gutes, qualifiziertes Personal in den Kitas, es fehlten aber auch Fachkräfte. Wenn man jetzt der Kita neue Verantwortung gebe, dann müsse man auch dafür sorgen, dass genügend Personal da ist. "Das ist eine ganz wichtige Frage. Denn ohne die Leute, die das machen, funktioniert das überhaupt nicht", sagte von Brunn im BR24live-Interview. Die Staatsregierung müsse sich dazu nun äußern.

Alles in allem hält die SPD Sprachtests durchaus für sinnvoll, noch relevanter sei aber ein verpflichtendes Kindergartenjahr für alle. Das letzte Jahr vor der Schule muss nach Ansicht von Brunns verpflichtend sein, damit die Kinder Deutschkenntnisse erwerben und schulfähig werden. Außerdem müsse noch mehr kleinen Kindern der Besuch der Kita ermöglicht werden. "Kinder lernen unglaublich schnell", sagte von Brunn.

Das BR24live zur Kabinettssitzung zum Nachschauen:

ARCHIV - 06.09.2023, Brandenburg, Eisenhüttenstadt: Ein Wegweiser mit der Abkürzung «EAE» und «Asyl» zur Erstaufnahme-Einrichtungen (EAE) des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt. (Illustration zu dpa: "Gemeindebund zweifelt an schnellerem Asylverfahren und Bezahlkarte") Foto: Patrick Pleul/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Migration - Erstaufnahme-Einrichtungen (EAE)

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