04.07.2024: Robert Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz gehen im Bundeskanzleramt über einen Balkon.
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Robert Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz gehen im Bundeskanzleramt über einen Balkon.

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Bundeshaushalt 2025: Sparen, priorisieren oder investieren?

Bundeshaushalt 2025: Sparen, priorisieren oder investieren?

Vor dem Beginn der parlamentarischen Sommerpause könnte es Klarheit beim Bundeshaushalt 2025 geben. Die Fraktionen von SPD und Grüne haben zu Sondersitzungen geladen. Der bisherige Ampel-Streit: die Schuldenbremse. Ein Pro und Contra.

Es könnte der Durchbruch werden: Am heutigen Freitag hat die SPD-Fraktion zu einer Sondersitzung geladen. Es ist der letzte Sitzungstag vor der parlamentarischen Sommerpause. Auch die Grünen-Fraktion hat eine Sondersitzung angesetzt. Die Ampel ringt um den Haushalt – und könnte in den Haushaltsverhandlungen auf die Zielgerade biegen. Der bisherige Hauptstreitpunkt: das Festhalten an der Schuldenbremse – vor allem die FDP will sie einhalten, aber auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich dafür ausgesprochen. SPD- und Grünen-Fraktionen jedoch plädieren für neue Schulden. Was spricht dafür, was dagegen?

Pro Schuldenbremse: Die Sicht des BR-Hauptstadtkorrespondenten Hans-Joachim Vieweger

Nur zwei Zahlen: Der Bund macht in diesem Jahr rund 39 Milliarden Euro neue Schulden – im Rahmen der Schuldenbremse. Das macht deutlich, dass sie gar nicht so starr ist wie oft angenommen. Gleichzeitig sind im Haushalt gut 37 Milliarden Euro für die Zinskosten vorgesehen. Das wiederum zeigt: Die Schulden der Vergangenheit schränken den Handlungsspielraum der Politik schon heute gehörig ein.

Vor einer noch höheren Belastung in der Zukunft schützt die Schuldenbremse. Sie hat mit dafür gesorgt, dass Deutschland vergleichsweise solide dasteht und vergangene Krisen gut bewältigen konnte. Vor allem aber schützt sie vor Politikern, die mit großer Freude Sozialausgaben erhöhen, um dann verwundert festzustellen, dass kein Geld mehr für Investitionen da ist. Und dass dafür doch unbedingt Kredite aufzunehmen seien. Nein, die Politik muss - wie jeder Einzelne, wie jedes Unternehmen - prüfen, was man sich leisten kann und was nicht.

Es mag sein, dass sich kreditfinanzierte Investitionen in einzelnen Fällen tatsächlich lohnen. Aber die Gefahr ist zu groß, dass mit diesem Argument übermäßig Schulden gemacht werden, weil sich die Politik vor unbequemen Entscheidungen drückt. Letztlich hängen die Ausgaben für Infrastruktur, Digitales und Forschung nicht von der Höhe der Schulden ab, sondern von der ganz einfachen Frage, wofür die Politik Geld ausgibt. Und zwar ohne nach dem Prinzip zu leben: "Lebe heute, und lass andere dafür in der Zukunft zahlen." Das ist nicht nur unklug, sondern auch unfair.

Contra Schuldenbremse: Die Sicht der BR-Hauptstadtkorrespondentin Sarah Beham

Die Schuldenbremse muss weg, ansonsten bleibt die Zukunft auf der Strecke. Deutschland kämpft schon jetzt mit maroden Schulen, Straßen und Schienen. Eine weitere Baustelle stellt die Wirtschaft dar: Deutschland ist im internationalen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig. In einer aktuellen Studie der Schweizer Hochschule IMD ist Deutschland als Wirtschaftsstandort in den letzten zehn Jahren von Platz 6 auf jetzt Platz 24 zurückgefallen.

Deswegen bräuchte es neue Staats-Investitionen. Stattdessen ist auf Bundesebene ein Sparkurs angesagt. Schon jetzt aber verschärfen sich die Verteilungskämpfe. Der Grund: die Schuldenbremse. Eingeführt im Jahr 2009, symbolisiert sie heute ein Relikt alter Zeiten. Willkürlich wurde damals der Faktor von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Kredite festgelegt. Wer daran festhält, hat den Ernst der Lage nicht erkannt, der richtet den Blick nicht nach vorne, der hat keine Vision. Die selbst ernannte Fortschritts-Koalition der Ampel-Regierung legt somit den Rückwärtsgang ein. Das ist unfair, gerade für meine und künftige Generationen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP aber pocht auf die Schuldenbremse – und argumentiert ausgerechnet mit der Generationengerechtigkeit: Neue Schulden von heute müssten die Jungen später mit Zinsen zurückzahlen. Das ist ein Fehlurteil, denn von jetzigen Ausgaben können gerade spätere Generationen profitieren. Dabei muss es um die Zukunft gehen: Investitionen in Digitalisierung, Bildung, Klima, Renten oder Gesundheit. Zu lange wurde zu wenig getan. Die Schuldenbremse hat Krisen verschärft und wird künftige noch verschärfen. Die aktuelle Regierung kann sich dabei nicht heraussparen, im Gegenteil. Andere Länder haben das längst erkannt und investieren. Das Festhalten an der Schuldenbremse hingegen steht für einen "Alles-bleibt-beim-Alten-Kurs" – und damit für eine pure Ignoranz junger Generationen.

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