Acht Deutsche sind unter den Geiseln, die vor mehr als einer Woche von der Hamas in den Gazastreifen verschleppt worden sind, auch die Deutsche Shani Louk.
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Orly Louk, Tante der 22-jährigen Shani Louk, zeigt ein Handyfoto ihrer Nichte. Louk soll von der Hamas verschleppt worden sein.

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Deutsche Hamas-Geiseln: Weiterhin kein Kontakt - Familien bangen

Deutsche Hamas-Geiseln: Weiterhin kein Kontakt - Familien bangen

Acht Deutsche sind unter den Geiseln, die vor mehr als einer Woche von der Hamas in den Gazastreifen verschleppt wurden. Ihre Angehörigen fordern ein rasches Handeln der Bundesregierung. Doch die hat weiterhin keinen Kontakt zu den Vermissten.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die Bundesregierung hat nach Aussage von Außenministerin Annalena Baerbock weiterhin "keinen direkten Kontakt" zu den im Gazastreifen festgehaltenen deutschen Geiseln. "Das war eines der Hauptthemen bei meinem Besuch in Israel und auch bei meinem Besuch danach in Ägypten", sagte die Grünen-Politikerin am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will". Ziel der Bundesregierung sei es zum Beispiel, Lebenszeichen zu bekommen.

Geiseln könnten unterirdisch gefangen gehalten werden

Ein kleines Team im Auswärtigen Amt beschäftige sich rund um die Uhr damit, die Geiseln freizubekommen, so die Ministerin. Die Bundesregierung hofft darauf, dass Katar und die Türkei vermitteln können. Beide Länder verfügen über Kanäle, um mit der Hamas-Führung zu sprechen. Die Bundesregierung habe daher eindringlich an beide Länder appelliert, diese Kanäle jetzt zu aktivieren.

Anders als bei früheren Entführungen israelischer Soldaten sei das Schicksal dieser Geiseln unter einem besonderen Aspekt zu betrachten. Denn die Hamas "als Terrororganisation" habe "sehr stark die Methoden des IS kopiert", sagte Baerbock mit Blick auf die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat, die in Syrien und im Irak reihenweise Gräueltaten an Zivilisten verübt hatte. Dass sich unter den Geiseln "sehr viele Frauen und Kinder" befinden, sei dabei "sicherlich kein Zufall".

Ein Sprecher der israelischen Armee, Arye Sharuz Shalicar, deutete in der Sendung an, dass sich die Geiseln in zum Teil 30 bis 40 Meter tiefen Tunneln im Gazastreifen befinden könnten: "Das ist ein ziemlich gruseliges Szenario."

Familien bangen um ihre Angehörigen

Die Familien der acht deutschen Vermissten forderten beim Israel-Besuch von Baerbock am Freitag ein schnelles und energisches Handeln der Bundesregierung. Im südisraelischen Netivot trafen zwei Betroffene mit der Ministerin zusammen.

"Deutschland muss all seine Mittel nutzen, um bei der Freilassung der Geiseln zu helfen", sagte Joni Ascher vor Ort der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Seine Frau Doron (34), seine beiden Töchter Aviv (2) und Raz (5), seine Schwiegermutter Efrat und ihr Partner Gadi sind seit 7. Oktober vermisst. Seither lebe er "von Sekunde zu Sekunde, von Gedanken zu Gedanken und verliere die Hoffnung".

Joni Ascher schildert den Morgen, als er zum letzten Mal Kontakt zu seiner Frau hatte. "Meine Frau war mit den Kindern in Nir Oz, um ihre Mutter zu besuchen. Am Morgen rief sie mich an und flüsterte, sie höre Schüsse und dass Personen ins Haus eindringen. Wir wurden unterbrochen – und das war der letzte Anruf." Auf einem von der Hamas veröffentlichten Video erkannte Ascher seine Familie. Es zeigt sie mit zwei Terroristen.

Zeit als kritischer Faktor

"Zeit ist ein kritischer Faktor. Mit jedem Tag steigt die Gefahr, dass sie verletzt werden. Meine Frau und eine meiner Töchter brauchen ihre Medikamente." Die Bundesregierung, fordert Ascher, "muss handeln, und zwar schnell".

Appelle an die Hamas

Baerbock hatte die Hamas bereits am Freitag während einer Pressekonferenz mit ihrem israelischen Kollegen Eli Cohen mit einem emotionalen Appell aufgerufen, die verschleppten Geiseln freizulassen. Sie appelliere nicht nur als Außenministerin, sondern als Mensch und Mutter an die Hamas und deren Verbündete: "Lassen Sie diese unschuldigen Menschen, lassen Sie diese unschuldigen kleinen Mädchen frei", sagte sie. Dies sei "die Erwartung all derjenigen, die auf der Seite der Menschlichkeit stehen".

Auch Papst Franziskus verlangte am Sonntag die Freilassung der israelischen Geiseln – wie auch eine Beachtung humanitärer Regeln im dortigen Krieg. Kinder, Kranke, Alte, Frauen und die gesamte Zivilbevölkerung dürften nicht die Opfer des Konflikts sein.

Mit Informationen von AFP und KNA

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