Trotz der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium werden auch heuer junge Menschen in Bayern Abitur machen. Wer 2024 durchgefallen oder zurückgetreten ist oder im G9 ein Schuljahr übersprungen hat, kann auch in diesem Jahr die allgemeine Hochschulreife erwerben und nicht erst mit dem ersten regulären G9-Jahrgang 2026. Das Gleiche gilt für die Schülerinnen und Schüler, die von der Realschule ans Gymnasium übergetreten sind oder die "Mittelstufe Plus" besucht haben. Insgesamt werden das voraussichtlich rund 5.000 Prüflinge sein.
In den vergangenen Jahren haben jedoch jeweils rund 33.000 Schüler in Bayern Abitur gemacht. An den Hochschulen wird im kommenden Wintersemester dennoch nicht gähnende Leere in den Einführungsveranstaltungen herrschen. Die Technische Universität München (TUM) rechnet nicht mit einem deutlich Rückgang bei den Neueinschreibungen. Das habe zwei Gründe, erklärt TUM-Pressesprecher Stefan Kögler: Erstens liege der Anteil der Studienanfängerinnen und -anfänger, die in Bayern die Abiturprüfungen abgelegt haben, an der TUM bei ungefähr 40 Prozent. Grund dafür sei unter anderem der relativ hohe Anteil von Studienanfängern aus dem Ausland. Zweitens würden nur 40 bis 50 Prozent derer, die in einem Jahr Abitur machen, auch im gleichen Jahr ihr Studium beginnen.
Viele Studienanfänger aus anderen Bundesländern und dem Ausland
Auch an anderen Hochschulen in Bayern kommen viele Erstsemester aus anderen Bundesländern oder dem Ausland. Oder sie haben ihr Abitur zwar in Bayern gemacht, aber bereits vor einem Jahr oder noch längerer Zeit, zum Beispiel wegen eines Auslandsaufenthalts, eines sozialen Dienstes oder Wartezeit auf einen Studienplatz. Die Abiturientinnen und Abiturienten der bayerischen Gymnasien machen nach Angaben des bayerischen Wissenschaftsministeriums nur etwa ein Drittel der Studienanfängerinnen und -anfänger eines Jahrgangs an den bayerischen Hochschulen aus. Das Abitur 2025 werde daher allenfalls für eine kleine Delle bei den Neueinschreibungen sorgen.
Nach Prognosen der Kultusministerkonferenz werden 2025 rund 55.000 Menschen ihr Studium in Bayern beginnen. In den Jahren davor und danach sind es etwa 68.000. Dieser kurzzeitige Rückgang um rund ein Fünftel werde auch an der TUM kaum Folgen haben, so Kögler: "Es bleiben vielleicht ein bis zwei Reihen im Hörsaal frei, aber darüber hinaus werden wir das auf Grundlage unserer derzeitigen Prognosen nicht spüren."
Wenig Abiturienten unter den Auszubildenden
Das Abitur führt aber schon lange nicht mehr selbstverständlich zum Studium. Manche Schüler machen nach dem Abschluss auch eine Berufsausbildung. Wegen des fehlenden Abiturjahrgangs an den Gymnasien in Bayern werden also auch Bewerberinnen und Bewerber bei der Vergabe der Ausbildungsplätze fehlen. Gesucht werden Azubis derzeit in allen Branchen. Abiturienten stellen unter ihnen aber nur einen kleinen Teil. "In den letzten Jahren haben mehr als 90 Prozent der bayerischen Studienberechtigten mit allgemeiner und fachgebundener Hochschulreife ein Studium begonnen", so der bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU).
Stabile Mischung bei den Schulabschlüssen der Azubis
In Bayern gebe es eine geradezu klassische Verteilung bei den Schulabschlüssen der Azubis, erklärt der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt. In der Metall- und Elektroindustrie, einer besonders anspruchsvollen Branche, kämen deutlich über 30 Prozent der Auszubildenden aus den Mittelschulen, die übrigen von anderen Schulen wie Realschule, Gymnasium oder Fachoberschule. Diese Mischung werde sich in diesem Jahr vielleicht ein wenig ändern, so Brossardt, "aber dieser Mix ist in Bayern stabil und eigentlich dürfen wir als Bayern stolz darauf sein, dass unsere Mittelschulen und Realschulen so stark sind, dass sie die Basis unserer dualen Ausbildung bilden, aber auch, dass wir Gymnasiasten haben."
Für die Wirtschaft gilt also das Gleiche wie für die Hochschulen in Bayern: Beide werden darüber hinwegkommen, dass es in diesem Jahr deutlich weniger Abiturientinnen und Abiturienten in Bayern gibt als sonst.
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels war im ersten Absatz von der "Mittelschule Plus" statt der "Mittelstufe Plus" die Rede. Wir haben den Fehler korrigiert.
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