Studienanfänger in einem Vorlesungssaal (Symbolbild)
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Mehr als ein Viertel aller Studienanfänger brechen Uni wieder ab

Mehr als ein Viertel aller Studienanfänger brechen Uni wieder ab

An den bayerischen Unis und Hochschulen hat das Wintersemester begonnen. Fast 70.000 Erstsemester starten ins Uni-Leben. Doch für einige wird bald schon wieder Schluss sein: Über 28 Prozent der Bachelor-Studierenden brechen ihr Studium ab. Warum?

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Für viele ist es eine der schönsten und intensivsten Zeiten überhaupt – das Studi-Leben. Neues Wissen, neue Leute, neue Horizonte: Zum Beginn des Wintersemesters werden rund 70.000 Erstsemester an Bayerns Unis und Hochschulen erwartet. Mit mehr als 400.000 Studierenden bleibt die Gesamtzahl in Bayern auf einem Rekordniveau – entgegen dem allgemeinen Trend sinkender Studierendenzahlen in Deutschland.

Doch hinter dieser scheinbar positiven Entwicklung verbirgt sich eine weniger erfreuliche Statistik: Über 28 Prozent der Bachelor-Studierenden verlassen nach Angaben des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) die Hochschule ohne Abschluss. Sie wechseln auch nicht in andere Fächer, sondern kehren der Uni komplett den Rücken. Woran liegt das?

Studienabbruch – es gibt drei Hauptgründe

Das CHE Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh hat die Gründe für den Studienabbruch in einer Publikation (externer Link) veröffentlicht. "Das eine ist die Motivation, dass man feststellt, das ist doch nicht das Richtige für mich, also entweder das richtige Studienfach oder das Studium insgesamt. Und der andere Bereich ist ein Leistungsbereich, dass man Prüfungen nicht schafft und dann tatsächlich im Studium scheitert, sodass man dann auch gezwungen ist, abzubrechen", so fasst Cort-Denis Hachmeister, Senior Expert für Datenanalyse am CHE, die Ergebnisse zusammen.

Dazu kommt laut Felix Iphofen von der Studierendenvertretung der Uni Regensburg, dass viele in den ersten Semestern mit dem neuen Leben überfordert sind: "Dass man die Art und Weise der Selbstorganisation, die so ein Studium verlangt, nicht unbedingt auf die Reihe bekommt." Bei einer Ausbildung sei die Umstellung geringer, das Programm vorstrukturiert und die Aufgabenstellung klarer.

Nach dem Studium in die Ausbildung

Deswegen wechseln die meisten Studienabbrecher auch in der Regel in eine berufliche Ausbildung. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl neuer Ausbildungsverträge 2023 um 2,1 Prozent gestiegen. Allerdings auch im Ausbildungsbereich werden rund 30 Prozent aller Ausbildungsverträge aufgelöst, so Hachmeister.

Er sieht in vielen Bereichen der beruflichen Orientierung ein "Matching-Problem": Viele junge Menschen starten mit falschen Vorstellungen über Inhalte und Anforderungen in ihre berufliche Laufbahn und brechen dann ab.

Nicht alle Fächer gleich betroffen

Die Abbruchquoten variieren stark zwischen den einzelnen Studienfächern. So ist die Abbrecherquote in der Medizin traditionell sehr niedrig, da es hohe Notenanforderungen oder Eingangstests gibt. Ingenieurwissenschaften oder Sprach- und Kulturwissenschaften hingegen verzeichnen besonders viele Abbrecher. Meist seien dann fehlende Mathematik- oder Sprachkenntnisse die Hürde zum Weiterstudieren, so Datenanalyst Hachmeister.

Auch Jura sei eine Besonderheit: Dort brechen viele erst am Ende des Studiums ab. "Da ist erst ganz zum Schluss die Prüfung. Das heißt: Man studiert sehr lange und muss sich dann irgendwann zur Prüfung melden und dann fällt man durch – dann hat man natürlich viel Zeit verbraucht", erklärt Hachmeister.

Trotz guter Orientierung – das Problem bleibt

Seit Jahren bewegen sich die Abbruchquoten auf einem ähnlichen Niveau – trotz Verbesserung der Studienorientierung und besserer Orientierungsangebote in den Schulen. Die Hochschulen sind sich des Problems bewusst und versuchen gegenzusteuern. Selbsttests, die Studierenden vor Studienbeginn dabei helfen sollen, ihre Fähigkeiten und Interessen realistisch einzuschätzen, sind eine dieser Maßnahmen.

Darüber hinaus bieten viele Hochschulen Vorkurse oder Brückenkurse, um Lücken in Fächern wie Mathematik zu schließen, die oft viele Schwierigkeiten bereiten. Doch laut Hachmeister nutzen erst rund die Hälfte aller Fachbereiche solche Tools, um ihre Studierenden zu unterstützen. Auch Tutorensysteme, die Studierenden in den ersten Semestern helfen, sind längst nicht flächendeckend etabliert. Hachmeister betont, dass es in vielen Fächern noch mehr Hilfestellungen geben könnte, um den Studienabbruch zu verhindern – schon bevor die erste Vorlesung angefangen hat.

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