(Archivbild) Ein Schiff verlegt ein Unterseekabel
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(Archivbild) Wie schützenswert sind Untersee-Datenkabel? Darüber soll beim G7-Treffen in Italien verhandelt werden.

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Westliche Staaten wollen Unterseekabel besser schützen

Westliche Staaten wollen Unterseekabel besser schützen

Beim G7-Treffen in Italien soll dringend über eine Art "offene Flanke" der westlichen Welt verhandelt werden: Datenkabel, die im Meer verlaufen. Etwa 500 gibt es davon weltweit und es zeigt sich immer öfter, dass dringend ein Schutzkonzept her muss.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Sind Untersee-Datenkabel genauso schützenswert wie beispielsweise Strommasten oder die Telekommunikationsnetze? In Armin Barbalatas Augen auf jeden Fall. Barbalata ist Chief Digital Officer (CDO) der IHK für München und Oberbayern. Er sagt zu BR24: "Der international abgestimmte, resiliente und redundante Ausbau dieser Anlagen und ihr Schutz vor möglichen Angriffen ist von zentraler Bedeutung für globale Finanz- und Wirtschafts-Transaktionen und damit auch für die bayerische Wirtschaft."

Untersee-Datenkabel – Doppelte Strukturen aufbauen

Durch das Rote Meer etwa laufen wichtige Unterseekabel, die Europa mit Asien verbinden und nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Industrie BDI etwa 17 Prozent des globalen Datenvolumens transportieren. Dass die weltweit verlaufenden rund 500 Unterseekabel zur kritischen Infrastruktur gehören und deshalb besonders geschützt werden müssen, hat inzwischen auch die Politik erkannt. Bei den G7, die sich noch bis Samstag in Italien treffen, steht das Thema Unterseekabel deshalb auf der Tagesordnung.

Der deutsche Bundesminister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing (FDP), sagte kurz vor dem Gipfel: "Ohne den Datenaustausch können wir nicht sicher leben und wirtschaftlich erfolgreich arbeiten." Auch er erachtet die Bedeutung der interkontinentalen Datenautobahnen also als sehr hoch: "Deswegen ist es notwendig, dass wir unsere digitalen Infrastrukturen schützen. Wir haben jetzt die Anschläge im Roten Meer. Und das zeigt uns: Hier besteht eine Anfälligkeit und wir müssen handeln."

Huthi haben Frachtschiffe und Untersee-Datenkabel im Visier

Wissing bezieht sich damit vor allem auf die Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer. Zum Jahreswechsel hatten deren Milizen auf ihren Social-Media-Kanälen gedroht: "Wussten Sie, dass die Internetleitungen, die den Osten mit dem Westen verbinden, durch Bab-el-Mandeb verlaufen?" Bab-el-Mandeb ist eine Meerenge zwischen dem Jemen, der Arabischen Halbinsel und dem Horn von Afrika.

Eine Unterstützergruppe der Huthi verstärkte den Druck nochmal und schrieb wiederum in ihren Kanälen: "Die globalen Internetkabel, die durch die Meerenge von Bab-el-Mandeb verlaufen, sind in unserer Hand." Hinzu kommt, dass auch die kriegerischen Angriffe der Huthi Milizen auf die Handelsschiffe Auswirkungen auf die Unterseekabel nach sich ziehen können. Das zeigt der Fall des mittlerweile gesunkenen Frachters 'Rubymar'. Die Huthi hatten das mit 21.000 Tonnen Ammoniumnitrat-Dünger beladene Schiff am 18. Februar mit Raketen beschossen.

Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums hat der am Boden zerrende Anker der 'Rubymar' wohl ein Unterseekabel durchtrennt. Das hatte die Telekommunikation weltweit gestört. Matthias Wachter, der Zuständige für Digitales und Innovationen beim BDI kommt deshalb zu dem Schluss: "Die Zeitenwende bedeutet aus unserer Sicht, dass wir Sicherheit ganzheitlich denken müssen." Dazu gehöre viel stärker als bisher auch der Schutz kritischer Infrastrukturen. Es sei deshalb gut und richtig, dass die G7 dieses Thema prominent aufgreifen würden.

Datentrassen raus aus dem Wasser, rein ins All?

Dass der weltweite Datenaustausch fast ausschließlich per Untersee-Datenkabel läuft, halten viele für nicht mehr zeitgemäß. Deshalb könnten künftig auch Satelliten vermehrt zum Einsatz kommen. Matthias Wachter vom BDI ist der Meinung, "dass wir zukünftig Redundanzen durch die verstärkte Nutzung von weltraumbasierten Systemen aufbauen werden."

Ein Lösungsvorschlag kommt auch vom Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Auch er mahnt schon länger, es reiche nicht aus, wie die bisher bestehenden Untersee-Verbindungen geschützt werden. Sein Appell an die Politik lautet, sie müsse "dazu beizutragen, dass es künftig mehr Redundanz in diesen Infrastrukturen gibt und sie müssen doppelt oder sogar dreifach ausgebaut werden." Ziel müsse es sein, so Rohleder, dass Daten schnell und ohne Unterbrechung umgeleitet werden können, wenn ein Kabel manipuliert, beschädigt oder tatsächlich auch physisch durchtrennt ist.

Kabelschutz-Konvention stammt aus dem Jahr 1884

Auch der Sicherheitsexperte Oliver Rolofs, Mitgründer der Munich Cyber Security Conference, sieht noch Verbesserungsbedarf. Um weltweit mehr Cybersicherheit zu schaffen, müsste nicht nur unter Wasser, sondern auch an die Sicherheit der Landestationen an den jeweiligen Küsten gedacht werden: "Der Schutz von Seekabeln muss in die Sicherheitsstrategien von EU, NATO und ihrer Mitglieder mit aufgenommen werden", so Rolofs. Dass eine aus 1884 stammende Kabelschutz-Konvention derzeit die rechtliche Grundlage für den Schutz darstellen soll, hält Rolofs für völlig unzureichend und appelliert, eine Definition von expliziten Schutzzonen für Seekabel und Behandlung dieser als Kritische Infrastruktur.

Bundesminister Volker Wissing mahnt entsprechend, man müsse ernst nehmen, dass sich die geopolitische Situation an vielen Stellen auf der Erde destabilisiere: "Deswegen brauchen wir eine Antwort auf die Frage der Sicherheit unserer digitalen Infrastrukturen."

Im Audio: Unterseekabel - Lebensadern der Informationsgesellschaft

Der Querschnitt eines Seekabels.
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Unterseekabel - Lebensadern der Informationsgesellschaft

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