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Bombenentschärfung Neu-Ulm

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Blindgänger in Bayerns Böden

Blindgänger in Bayerns Böden

Munition, Granaten, Bomben - Tausende Tonnen Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg schlummern noch immer unter der Erde. Eine unterfränkische Spezialfirma kann sie mit Hilfe von Luftbildern und historischen Dokumenten aufspüren. Von Nathalie Bachmann

Eine 500 Kilo schwere Fliegerbombe wurde vergangene Woche in Neu-Ulm bei Bauarbeiten entdeckt und erfolgreich entschärft - die zweite innerhalb von zwei Wochen. Über 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs liegen unter Bayerns Böden noch immer Tausende Tonnen Kampfmittel. Sie aufzuspüren, ist schwierig – aber nicht unmöglich. Die Firma "Luftbilddatenbank Dr. Carls" aus Estenfeld bei Würzburg hat Zugriff auf rund 10 Millionen Luftbilder und historische Dokumente. Mit deren Hilfe kommen die Mitarbeiter dem explosiven Erbe auf die Spur.

Beispiel Gablingen bei Augsburg

Das Schwarzweiß-Foto auf dem Computermonitor sieht unspektakulär aus. Es zeigt ein Luftbild aus dem Mai 1945, aufgenommen bei Gablingen in der Nähe von Augsburg. Der Laie erkennt Dutzende Äcker und ein paar weiße Punkte. Johannes Kröckel hingegen hat den Blick eines Experten.

"In Teilabschnitten sieht man Hinweise auf Bombentrichter, Brandbombeneinschläge. Und auf den Flächen sieht man auch Einschläge von Artilleriegranaten und Fahrspuren, die auf Kämpfe hinweisen." Johannes Kröckel, Geograf

Der Geograf hat 380 Luftaufnahmen der Alliierten ausgewertet, alle aus den Jahren 1941 bis 1945. Dazu etliche schriftliche Quellen. Kunde ist die Deutsche Bahn. Sie will an einem Streckenabschnitt Arbeiten durchführen und vorher wissen: Gibt es dort Hinweise auf Kampfmittel oder nicht? Das Ergebnis: Etwa ein Viertel der Strecke gilt im Fachjargon als "potentiell kampfmittelverdächtig".

Fast täglich neue Kampfmittel-Funde

Bomben, Handgranaten, Munition – das explosive Erbe aus dem Zweiten Weltkrieg lauert noch immer im Boden. Allein in Bayern wurden 2016 laut Innenministerium über 60 Tonnen Kampfmittel beseitigt. Eine Ende scheint nicht in Sicht: Fast täglich tauchen neue Altlasten auf, bestätigt auch Wolfgang Müller von der Firma Luftbilddatenbank.

"Es spiegelt zum einen die Bautätigkeit derzeit wieder – dort, wo viel gebaut wird, wird auch viel in den Boden eingegriffen und dann ist die Fundsituation da. Zum anderen ist es im Moment so, dass man sich in die Randbereiche der Ortschaften begibt, wo man die Industriegebiete anlegt und plant. Das sind also Gebiete, die in den vergangenen 70 Jahren nie angegangen wurden und wo auch nie aktiv nach Kampfmitteln gesucht wurde." Wolfgang Müller, Fa. Luftbilddatenbank

Mit der Kampfmittelräumung hat das bayerische Innenministerium exklusiv die Firma Tauber beauftragt. Am Standort Nürnberg koordiniert Andreas Heil die Einsätze. Er hat aktuell eine Menge zu tun und ist deshalb nur telefonisch erreichbar.

"Wir haben statistisch gesehen über 1.000 Einsätze pro Kalenderjahr. Man hat wirklich kräftig zu tun. Nur Bergen gefundener Munition – von wenigen Schuss über Handgranate und Panzerfaust bis hin zu großen Bomben." Andreas Heil, Fa. Tauber

Bauherren scheuen Kosten für Vorab-Sondierung

Vorhandene Kriegsmittel beseitigen darf im Freistaat also nur die Firma Tauber, ein Gelände vorab sondieren darf jedes Unternehmen. Tatsächlich entscheiden sich immer mehr Bauherren für eine entsprechende Sondierung – aber längst nicht alle.

"Es gibt immer noch Bauherren und Baufirmen, die sagen: Was interessiert uns das, wir machen einfach. Es ist unglaublich, wie sophistisch 400-1.000 Euro Sondierungskosten bei einem zweistelligen Millionenprojekt behandelt werden. Da ist jeder Cent zu viel. Und das kann katastrophale Folgen haben." Andreas Heil

Bundesländer gehen unterschiedlich mit Suche um

Nämlich dann, wenn Kampfmittel auf einer Baustelle explodieren und dabei Menschen verletzt werden oder sterben. In Niedersachsen hat man damit begonnen, das Land systematisch nach Blindgängern abzusuchen. Doch das sei extrem teuer und deshalb nicht unbedingt nachahmenswert, meint Andreas Heil.

Bei der Suche setzt auch die Firma Tauber auf das umfangreiche Archiv der Firma Luftbilddatenbank und das Know-how der Mitarbeiter. Doch auch mit Hilfe der Luftbild-Detektive wird es wohl noch sehr lange dauern, bis alle Kampfmittel ans Licht kommen.