RoMed will Gesundheitszentrum - gebaut 2009 - teils für Neubau abreißen.
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Gesundheitszentrum am RoMed-Krankenhaus Prien am Chiemsee - demnächst Baustelle.

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Dauerbaustelle RoMed-Kliniken: Defizit könnte größer werden

Dauerbaustelle RoMed-Kliniken: Defizit könnte größer werden

Das Defizit der Rosenheimer RoMed-Kliniken könnte noch größer ausfallen als bisher bekannt: Unter anderem birgt der geplante Neubau in Prien am Chiemsee womöglich Millionenrisiken. Ein Problem: ein Mietvertrag.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

"Wenn heute der Bautrupp anrücken würde, dann würde auch heute der Anwalt beauftragt, dieses Projekt erst einmal zu stoppen." Dr. Franz Josef Rink ist sauer. Seine Praxis ist auf dem Gelände des RoMed-Krankenhauses in Prien am Chiemsee. 2017 schloss der Radiologe einen Mietvertrag mit dem damaligen Geschäftsführer der RoMed-Kliniken. Dieser Vertrag ist auf 20 Jahre angelegt und enthält umfassende Mitspracherechte. Bei Radiologen ist das üblich, weil sie wegen baulicher und technischer Auflagen und teurer Geräte wie etwa für die Kernspintomographie viel Geld in ihre Praxen investieren. Dreieinhalb Millionen Euro bezahlte Rink nach eigenen Angaben.

Fragwürdiger Umgang mit Mieter?

Nicht von seinem Vermieter, sondern durch Zufall habe er von konkreten Bauplänen erfahren, sagt Rink. Die Pläne des neuen Kliniktrakts hingen im Sommer 2022 im Krankenhaus für die Patienten aus. Demnach lag seine Praxis 20 Meter weiter, in einem noch nicht existenten Gebäude. Im Herbst hieß es dann, seine Praxis bleibe bestehen, man werde um ihn herumbauen. Das könne aber die hochsensiblen Geräte stören und zu falschen Befunden bei Patienten führen, warnt Rink: "In dem Moment, wo ich den ersten Bildfehler feststelle, muss ich den Betrieb einstellen."

Einen Vertrag, der etwaige Ausfälle oder Folgeschäden der auf sechs Jahre veranschlagten Bauzeit regelt, gibt es laut Rink bisher nicht. Dabei sieht der Mietvertrag vor, dass Baumaßnahmen, die die Praxis mehr als nur geringfügig beeinträchtigen, mit dem Radiologen abgesprochen werden müssen. Im April 2023 fragt Rinks Anwältin nach Baubeginn und zu erwartenden Beeinträchtigungen. Eine Antwort gibt es bisher nicht.

Von RoMed heißt es auf BR-Anfrage: "Alle Mieter wurden in das Bauvorhaben zu - für sie relevanten Punkten - eng mit einbezogen und vonseiten der Klinik wurden alle Anfragen zeitnah und umfänglich beantwortet." Auswirkungen und Verzögerungen auf Baubeginn oder Kosten erwartet RoMed durch das Mietverhältnis nicht.

Neubau in Prien - später und teurer?

Auf dem Gelände des RoMed-Krankenhauses in Prien soll ein Funktionstrakt mit Zentral-OP entstehen. Geplanter Baubeginn war das erste Quartal 2023. Auf BR-Anfrage bestätigt RoMed die Verzögerung. Die Bau- und Ausstattungspläne seien abgabefertig, Beschlüsse der Förderbehörden stehen demnach noch aus.

Interne Unterlagen zeigen, dass die Kosten des Priener Neubaus auf rund 57 Millionen Euro geschätzt werden. Aufsichtsratsmitglieder, die nicht genannt werden wollen, erklären dem BR, beim Neubau habe man eine Finanzierungslücke von bis zu 20 Millionen Euro. Das bestreitet RoMed auf Anfrage, bestätigt aber, dass die Kosten für das Projekt durch die Teuerungsrate auf rund 73 Millionen Euro gestiegen sind.

Das Schweigen der Träger

Für dieses Jahr rechnen die RoMed-Kliniken bisher mit einem Defizit von rund 29 Millionen Euro. Das Defizit des Klinikverbundes tragen Stadt und Landkreis Rosenheim zu gleichen Teilen. Auf BR-Anfrage schreibt das Landratsamt, man sei über die Planungsstände zum Neubau in Prien informiert worden und habe die nächste Projektphase genehmigt. Ein Interview wollen weder Landrat Otto Lederer (CSU) noch Oberbürgermeister Andreas März (CSU) geben. Sie verweisen an RoMed.

Management wegen Defizits in Kritik

Mehrere Aufsichtsräte, die lieber anonym bleiben wollen, üben dem BR gegenüber Kritik an der Geschäftsführung: Diese habe bei der Aufsichtsratssitzung Anfang Juli erklärt, die Führungskräfte würden Mitte Juli bei einer Tagung Maßnahmen beschließen, wie man das Defizit abbauen könne. Dies war jedoch nach Angaben von Führungskräften nicht der Fall. Man habe lediglich Ideen gesammelt, heißt es. RoMed hingegen schreibt auf Nachfrage, man habe Maßnahmen erarbeitet, die zur Senkung des Defizits beitragen und dem Aufsichtsrat bei der nächsten regulären Sitzung im Oktober vorgestellt würden. RoMed räumt ein: "In Anbetracht des prognostizierten Fehlbetrages ist allerdings nicht damit zu rechnen, dass das Defizit durch die Maßnahmen erheblich gesenkt werden kann."

Insider gehen inzwischen davon aus, dass das Minus rund 40 Millionen Euro betragen könnte. RoMed bestätigt das nicht, schreibt aber: "Da die Hochrechnungen erheblichen Schwankungen unterworfen sind, ist eine konkrete Aussage dazu nicht möglich."

Kommunen in Sorge

Bürgermeister, die nicht genannt werden wollen, gehen in Gesprächen mit BR Recherche davon aus, dass das Defizit der RoMed-Kliniken die Kreisumlage - also Zahlungen der Gemeinden an den Landkreis - um drei bis sieben Prozentpunkte steigen lässt. Das könnte für Gemeinden bedeuten, dass sie zum Teil nur noch Pflichtaufgaben finanzieren können und dass Vorhaben - wie etwa die Sanierung von Kindergärten bzw. Schulen oder Straßenreparaturen - aufgeschoben werden.

Rosenheimer SPD-Fraktionschef droht mit Konsequenzen

Der Rosenheimer Stadtrat und Chef der SPD-Fraktion, Abuzar Erdogan, beobachtet die Entwicklung des RoMed-Defizits mit Sorge: Im April habe die Geschäftsführung im Haupt- und Finanzausschuss von rund 23 Millionen Euro Defizit berichtet. Anfang Juli sei die Summe im Aufsichtsrat auf mehr als 29 Millionen nach oben korrigiert worden. Nun stünden womöglich 40 Millionen Euro im Raum: "Wenn dem so sein sollte, dass nach Salamitaktik diese Zahl wissentlich erst nachträglich auf die tatsächliche Summe korrigiert wird, dann halte ich das schon für ein Problem."

Sollte das Defizit weiter steigen und zudem auf hausgemachten Fehlern basieren, fordert Erdogan Konsequenzen: Dann werde sich die SPD dafür einsetzen, dass die RoMed-Geschäftsführung im Rosenheimer Stadtrat Rede und Antwort stehen müsse - mit Fakten, Zahlen und bei Bedarf auch mit Offenlegung von Verträgen und Dokumenten.

Wenn Sie Missstände melden wollen, können Sie sich per Mail an das Investigativteam des Bayerischen Rundfunks wenden: brrecherche@br.de

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