Seit drei Jahren erinnert Nürnberg auf einem kleinen Platz am Sterntor an die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus: Eine Gedenkkugel aus Stein für die lesbischen und ein steinerner Winkel für die schwulen Opfer. Daneben: eine Gedenkstele und eine Sitzbank in Regenbogenfarben. Nun sind die Denkmäler und die Regenbogenbank zum wiederholten Mal beschmiert, die Gedenkkugel zum ersten Mal sogar aus ihrer Verankerung gerissen worden.
Zerstörung "Ausdruck von Queerfeindlichkeit"
Für den Vorsitzenden des CSD-Vereins Nürnberg, Bastian Brauwer, ist klar: Die Zerstörung des Denkmals ist Ausdruck von Queerfeindlichkeit. Und nicht nur das: Zugleich seien mit der Tat auch NS-Opfer verhöhnt worden. "Die Kugel erinnert an die lesbischen Opfer. Das waren Menschen, die zu Tode gequält wurden", sagt Brauwer erschüttert. "Das ist, als würde jemand in Berlin das Holocaust-Mahnmal beschmieren und zerstören." Wer als Täter infrage kommt, kann Bastian Brauwer nicht sagen. Der Platz am Sterntor sei sehr belebt. Auch werde dort viel Alkohol konsumiert.
"Wir bleiben genau hier sichtbar"
In den vergangenen drei Jahren sei das Denkmal immer wieder beschmiert worden, berichtet Brauwer. Aber es sei das erste Mal, dass die Gedenkkugel herausgerissen worden sei. Trotz dieser Angriffe werde man nicht weichen, so Brauwer. "Wir gehen nicht an einen anderen Ort, wir werden weiterhin genau hier sichtbar bleiben", sagt er. Sowohl der CSD-Verein als auch die Stadt Nürnberg haben die Tat bei der Polizei angezeigt.
Bürgermeister: Angriff auf Zivilgesellschaft
Die Stadt Nürnberg spricht von einem abscheulichen Angriff. "Dieses Verhalten ist nicht akzeptabel", verurteilt Bürgermeister Christian Vogel (SPD) die Taten. Man wolle weiter aktiv gegen jede Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit einstehen. "Wer Menschen wegen ihres Geschlechts, ihres Aussehens, ihres Glaubens oder wegen ihrer sexuellen Orientierung angreift, greift unsere Zivilgesellschaft an."
Wann genau das Denkmal verwüstet wurde, ist unbekannt. Die Polizei geht von einem Zeitraum zwischen Ende September und Mitte Oktober aus. Die Beamten suchten zunächst nach Hinweisen und Zeugen.
Denkmal steht am Magnus-Hirschfeld-Platz
Im März 2020 haben Stadt und queere Aktivisten den Platz und die Denkmäler für die schwulen und lesbischen NS-Opfer am Sterntor in Nürnberg eingeweiht und ihn nach dem Berliner Sexualforscher und Pionier der Homosexuellen-Bewegung Magnus-Hirschfeld-Platz genannt. Der Mediziner Magnus Hirschfeld war der Begründer des Instituts für Sexualwissenschaft in Berlin, das 1933 von den Nationalsozialisten geschlossen und kurz darauf geplündert wurde.
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