Nürnberg: Mann greift Ehefrau mit Messer an. Aschaffenburg: Afghane verletzt mit Messer zwei Landsmänner. Bad Endorf: Jugendlicher sticht nach Streit auf 29-Jährigen ein. Drei Meldungen aus Bayern vor ein paar Wochen. Die Zahl schwerer Körperverletzungen mit Messern hat laut Polizeistatistik deutschlandweit zugenommen, auch in Bayern. Im Freistaat waren es 2023 gut 860 Fälle und damit rund 80 mehr als im Vorjahr, teilt das Innenministerium mit.
Bundesregierung plant schärferes Waffenrecht und Messerverbot
Als Reaktion auf die Zunahme von Messerstechereien sollen nun ein schärferes Waffenrecht und ein Messerverbot kommen. Das ist der Plan der Bundesregierung:
- ein absolutes Messerverbot bei Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten und anderen öffentlichen Veranstaltungen
- Messerverbot in Bussen und Bahnen
- Bundesländer dürfen Messerverbote an Bahnhöfen verhängen
- Verbot von Besitz und Gebrauch von Springmessern
Kritik: Springmesser werden verboten, ähnliche Messer bleiben erlaubt
Von dem Messerverbot betroffen sind auch Messermacher, die ein jahrhundertealtes Kunsthandwerk ausüben. Erich Niemeier aus dem oberbayerischen Garching an der Alz stellt seit 20 Jahren Messer her, in allen Variationen: Jagd-, Outdoor- und Springmesser und viele mehr. Rund 700 Einzelstücke sind schon durch seine Hände gegangen.
Der Messermacher braucht gut 20 Stunden für ein Messer. Eine anstrengende Handwerksarbeit. Aber Erich Niemeier liebt es, aus einem Stück Stahl ein Messer zu machen: "Diese Entstehung – das ist faszinierend. Ein Messer als Werkzeug, das ich benutzen kann für eine Brotzeit oder ein Jäger, der es nutzt."
Messermacher: "Nicht das Messer ist gefährlich, sondern der Mensch"
Aber: Messer können auch eine Gefahr sein. Der tödliche Messerangriff in Mannheim auf einen Polizisten und der mutmaßlich islamistische Terroranschlag von Solingen mit drei Toten und acht Verletzten haben es gezeigt. Die Bundesregierung hat darauf mit einem Paket an Maßnahmen reagiert, um mehr Sicherheit zu schaffen. Dazu gehört auch ein strengeres Waffenrecht.
Für Messermacher Erich Niemeier, hauptberuflich Polizist in Traunstein, ist die Vorgehensweise unverständlich: So werden Messer, die sehr ähnlich aussehen, unterschiedlich behandelt. Ein Beispiel: Bei einem Einhandmesser, das von Hand geöffnet wird, bleibt der Besitz erlaubt. Das Springmesser dagegen, das sich per Knopfdruck öffnet, wird zukünftig verboten. Das stört Messermacher Erich Niemeier: "Ein Messer an sich ist niemals was Gefährliches, nur durch die Menschen wird es zur Waffe missbraucht." Man müsse an den Täter heran und nicht ans Messer.
Landtags-SPD kritisiert Bundesregierung: "Blinder Aktionismus"
Kritik kommt auch von der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag. Das schärfere Waffenrecht der Bundesregierung werde Deutschland nicht sicherer machen, sagt der SPD-Abgeordnete Horst Arnold.
Der Jurist kritisiert das schärfere Waffenrecht der SPD-Bundesinnenministerin: Das sei blinder Aktionismus. "Die Politik macht Fehler, wenn sie Erwartungen schafft durch großartige strenge Regelungen und diese Erwartungen praktisch nicht erfüllen kann", sagt Arnold.
Gewerkschaft der Polizei begrüßt das verschärfte Waffenrecht
Ein generelles Messerverbot sei nicht zielführend, weil man sich dann nur mit den Ausnahmen beschäftigen müsse, sagt Florian Leitner, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GDP) in Bayern auf BR24-Anfrage. Dennoch begrüßt die GDP das verschärfte Waffenrecht.
Es sei ein Signal an die Bevölkerung, mehr Sicherheit zu schaffen. Aber Polizeigewerkschaft sieht auch Probleme in der Umsetzung. Die Polizei werde die Kontrollen nicht durchführen können, so Florian Leitner.
Bayern muss schärferes Waffenrecht umsetzen
"Eine hundertprozentige Sicherheit wird es nicht geben können", sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann im BR24-Interview. Die geplanten Verschärfungen würden die Problematik der Messerangriffe nicht lösen können. Denn die schrecklichen Anschläge von Mannheim und Solingen seien mit Messern verübt worden, die schon jetzt verboten sind, erklärt Herrmann.
Sobald das neue Waffengesetz in Kraft tritt, muss es Bayern umsetzen. Derzeit bereitet das Innenministerium eine entsprechende Verordnung vor. So sollen Gemeinden, Städte und Landkreise über Waffen- und Messerverbotszonen selbst entscheiden dürfen. "Ich glaube, dass dieses Gesetz im Vollzug noch einige Probleme aufwerfen wird. Aber wir werden versuchen, das in Bayern bestmöglich hinzukriegen", sagt Herrmann.
Messermacher-Handwerk könnte in Gefahr geraten
Messermacher Erich Niemeier, auch Präsident der Deutschen Messermacher Gilde, muss dann alle seine Springmesser vernichten und darf zukünftig keine mehr herstellen und verkaufen. Denn selbst der Besitz ist zukünftig verboten. Für ihn sind die Messer nur ein Nebenverdienst, aber andere leben vom Verkauf der Messer. Das schärfere Waffenrecht könnte sie die Existenz kosten.
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