Mietwohnungen soll es ab sofort in München günstiger und mehr geben.
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München geht radikalen Weg für bezahlbaren Wohnraum

München geht radikalen Weg für bezahlbaren Wohnraum

Der Münchner Stadtrat hat heute die neuen Regelungen der Sozialgerechten Bodennutzung beschlossen. Investoren sollen fast nur noch Mietwohnungen bauen dürfen, die meisten davon auch noch preisgedämpft. Nicht allen gefällt das.

Von
Moritz Steinbacher

Mit den Stimmen der grün-roten Rathauskoalition hat der Münchner Stadtrat heute die neuen Regelungen der Sozialgerechten Bodennutzung (SoBoN) beschlossen. Mit der neuen SoBoN sollen in Zukunft in großen Baugebieten, für die ein Bebauungsplan erstellt wird, im Durchschnitt nur noch 20 Prozent Eigentumswohnungen gebaut werden. Der Rest sollen Mietwohnungen sein. Auch der Anteil der neugebauten preisgedämpften Mietwohnungen soll drastisch ansteigen. Hier wird ein Quadratmeterpreis von 10-15 Euro angepeilt.

Punktesystem soll Investoren zu mehr Mietwohnungen animieren

Für die Vermehrung von billigeren Mietwohnungen hat die Stadt ein komplexes Punktesystem für Wohnungsbauer entwickelt, das sich aus mehreren Bausteinen zusammensetzt. Diese sind: Anteil geförderter Wohnungen, Anteil der Mietwohnungen, 40 Jahre Bindungsdauer, Höhe der Infrastrukturabgabe, Anteil des verkauften Baulands an die Stadt, sowie der Anteil des verkauften Baulands an Genossenschaften.

Um von der Stadt das Baurecht zu bekommen, müssen Wohnungsbauer in diesem System mindestens 100 Punkte sammeln. Vereinfacht gesagt geht die Rechnung so: Je mehr Sozial- und Mietwohnungen Investoren bauen wollen, desto mehr Punkte. Ab 100 Punkte gibt's dann von der Stadt Baurecht.

"Deutschlandweit einzigartiges Ziel"

Die Stadt geht davon aus, dass sich mit diesem Punktesystem Investoren entscheiden werden, im Durchschnitt rund 80 Prozent Mietwohnungen und zudem 60 Prozent Sozial- bzw. preisgedämpfte Wohnungen zu bauen. Das sei deutschlandweit einzigartig, so die Fraktionsvorsitzenden von Grün-Rot. Zudem können Investoren Grundstücke an die Stadt oder Genossenschaften verkaufen.

Münchner Immobilienwirtschaft kritisiert Entscheidung

In einem offenen Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter kritisiert die Münchner Immobilienwirtschaft die Neufassung der SoBoN. Dadurch würde nicht mehr Wohnraum entstehen, sondern eher weniger schreiben mehrere in München ansässige Bauunternehmen an den Rathauschef. Das Punktesystem führe dazu, dass Grundstückseigentümer in Zukunft nicht mehr bereit seien, ihre Grundstücke zu verkaufen, weil sich dies nicht mehr rentiere.

Außerdem ist die Münchner Immobilienwirtschaft überzeugt, dass neue Stadtquartiere nicht mehr angenommen werden, wenn dort über 50 Prozent Sozialwohnungen bzw. preisgedämpfte Wohnungen entstünden. Die Einbeziehung der Genossenschaften in die neue SoBoN begrüßt die Münchner Immobilienwirtschaft hingegen.

Auch CSU kritisiert "ridiges Baulandprogramm"

Alexander Reissl von der Münchner CSU kritisierte, dass außer München keine Stadt in Deutschland so ein rigides Baulandprogramm hätte. Das würde dazu führen, dass sich die private Bauwirtschaft in anderen Städten umschauen - und dort Grundstücke entwickeln werde, so Reissl. Christian Müller von der SPD konterte, Wohnen sei ein Grundrecht, das man den Münchnerinnen und Münchnern weiter ermöglichen wolle und deswegen sei die neue SoBoN der richtige Weg.

Außerdem habe man sich im Vorfeld der SoBoN-Verschärfung mit Vertretern der Münchner Bauwirtschaft abgesprochen sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter kritisierte, dass die CSU Befürchtungen an die Wand male, die Rathauskoalition hingegen wolle Hoffnungen für preiswertere Wohnungen wecken.

Sozialgerechte Bodennutzung gibt es in München seit 1994

Grundlage für die Verschärfung ist die seit 1994 in München geltende Sozialgerechte Bodennutzung, kurz SoBoN. Vereinfacht gesagt, ist die SoBoN ein Tauschgeschäft zwischen Investor und der Stadt. Will ein Investor von der Stadt München Baurecht haben, muss er Gegenleistungen bieten, die der Allgemeinheit dienen. Beispielsweise muss er pro Quadratmeter einen sogenannten sozialen Infrastrukturbeitrag zahlen, mit dem dann zum Beispiel Kitas oder Schulen mitfinanziert werden. Bislang betrug der Beitrag 100 Euro pro Quadratmeter. Mit dem neuen Punktesystem peilt die Stadt eine Abgabe für Investoren in Höhe von durchschnittlich 175 Euro an.

Seit 1994 wurde die SoBoN immer wieder verändert, zuletzt 2017. Seitdem mussten Bauträger 40 Prozent Mietwohnungen anbieten. Die nun beschlossene Verschärfung bedeutet also eine Erhöhung der Quoten um 100 Prozent. Die SoBoN gilt aber nur für größere Baugebiete, für die von Seiten der Stadt ein Bebauungsplan entwickelt wird. Rund 800.000 Menschen, das sind ca. 65 Prozent, wohnen in München zur Miete. Das ergab eine Umfrage des Münchner Mietervereins.

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