Ein Jahr lang ist die Taskforce zum Münchner Hauptbahnhof bereits im Einsatz. Seitdem hat sich viel verändert.
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Seit einem Jahr will eine Taskforce das Münchner Bahnhofsviertel sicherer machen.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Matthias Balk
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Münchner Bahnhofsgegend: Was sich in Sachen Sicherheit getan hat

Münchner Bahnhofsgegend: Was sich in Sachen Sicherheit getan hat

Steigende Gewalt- und Drogendelikte - damit kämpfte München rund um den Münchner Hauptbahnhof. Oberbürgermeister Reiter hat vor einem Jahr eine Taskforce gründen lassen, die das Bahnhofsviertel sicherer machen sollte. Was sich seitdem verändert hat.

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Romi ist regelmäßig im Münchner Bahnhofsviertel unterwegs. Sie verbringt hier, auf der Straße, einen Großteil ihrer Zeit und konsumiert Beruhigungstabletten oder Heroin. Ein Sitzkreis aus Steinen war für Romi und andere Konsumierende ein Treffpunkt: "Da haben wir immer gechillt." Aber: "Die Polizei hat dann angeordnet, die Steine zu entsorgen, sodass wir keine Sitzfläche mehr haben."

Den Drogenabhängigen keine Rückzugsorte lassen - nur eine von vielen Maßnahmen, die im Zuge des umfassenden Sicherheitskonzepts im Bahnhofsviertel umgesetzt wurden. Vor einem Jahr beauftragte Münchens SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter das Kreisverwaltungsreferat, eine Taskforce zu bilden. Ziel war es, in enger Zusammenarbeit mit Polizei, Sozial- und Baureferat die wachsenden Probleme mit Drogenkonsum, Gewalt und Kleinkriminalität im Bahnhofsviertel zu bekämpfen. Der Einsatz scheint Wirkung zu zeigen.

Polizei: Weniger Straftaten am Münchner Hauptbahnhof

Tatsächlich geht die Kriminalität im Bahnhofsviertel laut Statistik zurück. Die Zahl sank hier von 5.397 Delikten im Jahr 2023 auf 4.185 im Jahr 2024. Ein umfangreiches Maßnahmenpaket soll Grund für die sinkenden Fallzahlen sein.

Seit die Taskforce im Einsatz ist, wurden rund 5.000 Personenkontrollen durchgeführt. "Es geht darum, ein Sicherheitsgefühl beim Bürger herzustellen, dass er sich denkt: Ich kann nach München gehen, ohne mir Sorgen zu machen", erklärt eine Bereitschaftspolizistin, die solche Personenkontrollen durchführt. "Unser Ziel ist zu zeigen, dass wir unterwegs und präsent sind", ergänzt ein Kollege.

Neben den Personenkontrollen wurden öffentliche Plätze umgestaltet, beispielsweise am Alten Botanischen Garten, wo nicht nur Kameras und Flutlichter installiert wurden, sondern im Sommer 2024 auch ein alkoholfreier Biergarten eröffnet wurde. Aktuell entsteht dort ein Skatepark. Von solchen Veränderungen erhofft sich die Taskforce ein belebteres Viertel.

"So ein Bahnhof passt nicht zu München"

Das Polizeipräsidium München schreibt auf Anfrage des BR, dass das Sicherheitskonzept auf positive Resonanz gestoßen sei: Die Maßnahmen hätten ein "positives Resultat" und von Anwohnern, Gewerbetreibenden, Besuchern und Touristen gebe es "positives Feedback zur verstärkten, polizeilichen Präsenz". Es gebe eine spürbare Verbesserung des Sicherheitsgefühls.

Für Jan, der seinen Kosmetikladen direkt am Hauptbahnhof führt, sind die Maßnahmen trotzdem noch nicht ausreichend: "Die Polizei muss noch verstärkter hier sein und energischer durchgreifen. Dieses Rumlungern mit Bierflaschen und Drogen, so ein Bahnhof passt nicht zu München."

Auch andere bayerische Städte können Erfolge bei der Bekämpfung von Straftaten verzeichnen. Am Nürnberger Hauptbahnhof etwa wurden 2024 im Vergleich zum Vorjahr rund 300 Straftaten weniger registriert, nachdem zuvor auch dort Maßnahmen ergriffen wurden. Bayernweit sank die Zahl der registrierten Straftaten um 1.622 Fälle, was einem Rückgang von 9,2 Prozent entspricht. Es gibt aber auch Negativbeispiele: In Regensburg stieg die Zahl der Straftaten um 29 Fälle und in Augsburg blieb sie konstant.

Kritik an den Maßnahmen

Trotz dieser Entwicklung bleibt offen, ob die Maßnahmen langfristig wirken. Der Münchner "Drogennotdienst L43" kritisiert, dass die Taskforce Drogenkonsumierende aus dem Viertel verdränge und somit keine nachhaltige Lösung anbiete. Ein Vorschlag des L43 sind Akzeptanzräume, also Bereiche, in denen sich Menschen ohne Kontrolldruck aufhalten und Hilfe bekommen können.

Auch Romi schildert, dass sie und andere Abhängige durch die Polizeikontrollen verdrängt würden: "Die Polizei will uns eigentlich immer verjagen. Wenn Kontrollen kommen, gibt's meist Platzverweis, für den ganzen Tag." Es fühle sich an, als wolle die Stadt sie und die anderen am liebsten in einen Karton stecken und wegpacken. "Weg kriegen sie uns nicht von hier", sagt Romi dennoch. Fährt der Polizeibus beispielsweise am Nußbaumpark vor, würden sie weiterziehen zum nächsten Ort.

Die Taskforce plant derweil keine Maßnahmen, wie sie der Drogennotdienst vorschlägt. Sie soll in ihrer jetzigen Form mindestens bis zum Frühjahr 2026 im Einsatz bleiben.

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