Umkämpfter Radweg in Oberhaching
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Rennradler auf dem Radschnellweg
Bildrechte: Oliver Römhild
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Rennradler auf dem Radschnellweg

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Radschnellweg für Berufspendler: Die Wut auf die Rennradler

Radschnellweg für Berufspendler: Die Wut auf die Rennradler

Im Süden Münchens hat man 2019 einen Radschnellweg angelegt. Eigentlich für Berufspendler gedacht, wird er auch von immer mehr Rennradlern genutzt. Das sorgt zunehmend für Ärger und angeblich gab es jetzt auch einen Angriff auf die Radler.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Reißzwecken und Nägel sollen in einer Kurve gelegen haben - so haben es Radsportler Ende Juni in den sozialen Netzwerken gepostet. Fünf von fünfzehn Rädern einer Rennradgruppe hätten einen Platten gehabt. Schnell drängt sich ein Verdacht auf: Ein Radlhasser sabotiert einen der beliebtesten Radwege Münchens – ausgerechnet auf dem Gebiet von Oberhaching.

Die Gemeinde hat die Einrichtung des Radschnellwegs vor sechs Jahren forciert und darf sich "zertifiziert fahrradfreundliche Kommune" nennen. Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) ist von der Nachricht zu den Nägeln alarmiert: "Das geht gar nicht! Das gefährdet Menschen und ist völlig übertrieben. Das wird von der Polizei jetzt auch verfolgt."

Hunderte Radler auf Strecke durch den Perlacher Forst

Der Konflikt schwelt schon länger auf dem Radschnellweg durch den Perlacher Forst. An Wochenenden und Feiertagen kommen Hunderte Radler, viele davon mit Rennrädern und hohem Leistungswillen: Bikes für mehrere Tausend Euro, Fahrradcomputer oder Handys mit App fest am Lenker verschraubt, professionelle Radlerklamotten. Der Radschnellweg führt mehrere Kilometer kerzengerade durch den Perlacher Forst – für sportlich Ehrgeizige eine wunderbare Rennstrecke, auf der man richtig Speed machen kann.

Aber man muss eben auch langsameren Freizeit- und Ausflugsradlern ausweichen. Am Ortseingang nach Oberhaching folgt eine S-Kurve durch eine Unterführung. Ein zweiter Fahrradweg fädelt von rechts ein, und ein kleiner Biergarten liegt gleich hinter der Kurve. Gerade hier soll es immer wieder zu Zusammenstößen, Remplern und verbalen Auseinandersetzungen kommen.

Hotspot Linienstraße in Oberhaching

"Es wird immer schlimmer, weil es immer mehr sind", sagt Fritz Nußbaum, Wirt des kleinen Biergartens an der Strecke. "Mich wundert es, dass nicht mehr passiert." Nußbaum lebt hier seit seiner Geburt. Immer schneller würden die Radler bei ihm vorbeirauschen – weil sie mit immer leichteren Rädern und weniger Kraftaufwand immer "narrischer" fahren könnten. So erklärt er sich das.

Am Biergarten vorbei führt die Strecke durch die Oberhachinger Linienstraße wieder kerzengerade in den Ort. Manche Anwohner könnten kaum noch mit ihrem Auto aus der Garage in die Linienstraße einbiegen – vor lauter Radlern. Und wenn sie dann mit dem vorgeschriebenen Tempo 30 fahren würden, kämen manchmal erzürnte Radler und beschimpften sie als "lahme Schnecken" oder Schlimmeres.

"Es ist brutal geworden", sagt auch Franz Wickenhäuser, der die Strecke seit 35 Jahren als Sportradler nutzt. Es sei einerseits toll, dass der Radsport so einen Boom erlebe. Andererseits gebe es immer mehr Radsportgruppen, Vereine und Segmente auf digitalen Plattformen, um auf der Strecke Wettbewerbe auszutragen.

Mit Fahrbahnschwellen gegen rasende Radler

Oberhaching hat jetzt die Bremse reingehauen – zumindest an einem beliebten Ausflugsziel in der Linienstraße. Am weit über die Grenzen hinaus bekannten Ausflugslokal "Kugler Alm" parken an schönen Tagen Hunderte Autos, Kinder rennen über die Straße, Senioren tippeln in den Biergarten. Deshalb hat die Gemeinde drei Schwellen quer über die Straße montiert, um die Radler abzubremsen.

Die Meinung der Radler dazu ist geteilt: Die einen schimpfen, dass man sich damit das Rad kaputt mache, die anderen finden es gut, weil so die Unfallgefahr sinke. "Wir sind eine fahrradfreundliche Gemeinde. Radler sind bei uns willkommen – aber bitte das Hirn einschalten und die App vielleicht mal ausschalten", verteidigt der Bürgermeister die Fahrbahnschwellen.

Wenn alle etwas mehr Rücksicht und Gelassenheit zeigten, würde sich die Situation auf dem Radschnellweg auch wieder entspannen – hofft er. Doch er hat noch eine andere Ahnung: "Ich bin gespannt", sagt Schelle, "wenn jetzt die Tour de France läuft und der eine oder andere ehrgeizige Rennradler am Abend eine Touretappe nachstellt, wie schnell dann wieder gefahren wird."

Im Schnitt 2.000 Radler am Tag

Der Landkreis zählt zudem seit ein paar Tagen die Radler auf der Strecke – und hat Ende Juni die erste Fahrradzählstation auf dem Radschnellweg eingeweiht. Nach gut einer Woche hatte die Induktionsschleife im Boden schon mehr als 20.000 Radler gemessen.

Manch einer schaut im Vorbeifahren etwas ungläubig auf die Anzeigetafel, denn das macht im Schnitt rund 2.000 Radler pro Tag – da könnte der eine oder andere Ärger auch in Zukunft programmiert sein.

Dieser Artikel ist erstmals am 8.7.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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