Der Wasserburger Stadtpfarrer Bruno Bibinger schenkt in der Kar- und Osterwoche nicht nur Wein aus. Nein: Er öffnet sich zurzeit auch die ein oder andere Flasche Bier. Freilich nicht irgendein Bier, sondern: ein Graberlbier. "Es schaut gut aus, schäumt schön, riecht gut. Ein süffiges Bier. Bierbrauer sagen: Das reizt zum Weitertrinken", so der Pfarrer.
Er trinkt nicht allein, sondern hat das Helle am Platz vor der Kirche gemeinsam mit dem Mesner, mit Mitgliedern vom Pfarrgemeinderat und der Kirchenverwaltung verkostet. "Das ist ja alte Tradition mit dem Graberlbier. Jetzt haben wir das Alte neu belebt, in jeder Hinsicht", sagt Gemeindereferentin Angelika Witt.
- Lesen Sie auch: Karsamstag oder Ostersamstag: Das ist richtig
Jahrhundertealte Tradition endete 1929
Das Graberlbier hat in Wasserburg am Inn im Landkreis Rosenheim eine jahrhundertealte Tradition. Bei Stadtführungen werde das noch immer erwähnt. Vor rund 200 Jahren sei das Graberlbier hier in der Karwoche ein Brauch gewesen, erzählt Bruno Bibinger. In einer Gaststätte habe der Wirt ein winziges Heiliges Grab unter einem Glassturz aufgestellt. Wer dann also das Heilige Grab anbeten wollte, konnte in die Wirtschaft gehen, sich ein Bier bestellen und innere Andacht halten. Das Graberlbier, daher der Name, wurde schweigend getrunken, mit Blick auf das kleine Heilige Grab. Zum letzten Mal belegt ist diese Tradition im Jahr 1929.
Heiliges Grab von der Fraueninsel brachte Pfarrer auf Idee
Da in der Frauenkirche in Wasserburg heuer zum ersten Mal ein mehr als zehn Meter hohes Heiliges Grab aufgebaut wurde, hat der Pfarrer gescherzt: "Dann lassen wir doch auch ein Graberlbier brauen." Aus diesem Gag wurde Wahrheit. Eine Designerin hat sogar eigene Etiketten entworfen. Ein Bild des Heiligen Grabs prangt nun also auf den Bierflaschen. 55 Tragerl haben die Wasserburger bestellt beim Bräu z'Loh aus Dorfen im Landkreis Erding.
Diese Brauerei ist nicht willkürlich gewählt. Der Schriftsteller, Regisseur und Schauspieler Georg Lohmeier war einer der Söhne des Brauerei-Gründers. Und Lohmeier war immer eng mit der Stadt Wasserburg verbunden, erzählt Pfarrer Bibinger. Die jetzige Chefin, Barbara Lohmeier, war sofort überzeugt vom Graberlbier. Sie findet die Tradition spannend und hat sich an der Aktion gerne beteiligt.
Einnahmen zu Gunsten des Heiligen Grabes
Verkauft wird das Graberlbier nach den Gottesdiensten in Wasserburg. Verkostet werden darf es dann durchaus gleich am Platz vor der Kirche. Am Palmsonntag ist es schon losgegangen mit dem Verkauf, an Ostern geht’s weiter. 2,50 Euro kostet die Flasche. Das Graberlbier kann auch im Sixpack oder im Tragerl erworben werden. Die Einnahmen werden fürs Heilige Grab genutzt.
Die Graberlbier-Tradition kommt bei den Wasserburgern gut an. Auch Mesner Ferdinand Utz kriegt nur positive Rückmeldungen. Der Rentner ist selbst begeistert. Wenn man solche Aktionen nicht mache, dann werde die Kirche ja immer altbackener und für alte Leute, findet er. "Das wollen wir ja nicht. Wir wollen bei den Jungen anfangen und sehen, dass es positiv weitergeht."
Goldenes Licht der Auferstehung
Egal, ob jung oder alt: Wenn man das Graberlbier jetzt nicht wie früher in einer Gaststätte mit Blick direkt aufs Heilige Grab trinkt, sondern privat - gibt’s da spezielle Vorgaben oder Bräuche? Stadtpfarrer Bruno Bibinger erklärt mit einem Augenzwinkern: Am besten sollte es in ein Glas geschenkt werden, um die goldene Farbe zu bewundern. Die Flasche mit dem schönen Etikett direkt daneben stellen und sich bewusst machen, was man da besonderes trinke.
Das Heilige Grab sei bis Karfreitag ja sehr traurig. Doch zu Ostern werde die Kirche wieder erhellt, oben im Heiligen Grab stehe eine Figur vom auferstandenen Christus mit der Siegesfahne. Und, so der Wasserburger Stadtpfarrer: "Dazu darf man dann ein Bier trinken."
Hinweis der Redaktion: Es existieren aufgrund des bayerischen Dialekts unterschiedliche Schreibweisen, sowohl "Graberlbier", als auch "Grabalbier". Da mehrheitlich die Variante "Graberlbier" verwendet wird, haben wir uns im Text für diese entschieden.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!