In den USA sind die neuen Abnehmspritzen seit gut einem Jahr auf dem Markt. Sie heißen Wegovy und Mounjaro. Mittlerweile dürfen Ärzte sie auch bei Fettleibigkeit verschreiben. Wir haben mit einem Patienten gesprochen.
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In den USA sind die neuen Abnehmspritzen seit gut einem Jahr auf dem Markt.

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Bauch-weg-Spritze: "Ich wollte jetzt etwas unternehmen"

Bauch-weg-Spritze: "Ich wollte jetzt etwas unternehmen"

In den USA sind die neuen "Abnehmspritzen" seit gut einem Jahr auf dem Markt. Sie heißen "Wegovy" und "Mounjaro". Ärzte dürfen sie auch bei Fettleibigkeit verschreiben. Im BR24-Interview erläutert ein Patient, wie es ihm mit der Behandlung geht.

Rick* hat jahrelang vergeblich versucht, abzuspecken und gesünder zu leben. Vor drei Jahren hat ihn sein Hausarzt mit der Diagnose "Diabetes" konfrontiert. Da war Rick 48 und fast 110 Kilogramm schwer. Im November hat der nahe San Francisco lebende Informatiker damit begonnen, sich wöchentlich den Wirkstoff Tirzepatid (Handelsname: Mounjaro) zu spritzen. Das habe sein Leben verändert, erzählt der schon jetzt 30 Kilogramm leichtere Rick im BR24-Interview.

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BR24: Wie fühlen Sie sich?

Rick: Um gut 10 Jahre jünger. Und fit. Jedenfalls deutlich fitter als noch vor einem halben Jahr.

BR24: Sie haben gut 30 Kilogramm in den vergangenen Monaten verloren. Wieso haben Sie sich ein Medikament gespritzt, das erst seit wenigen Monaten auf dem Markt ist?

Rick: Ich habe gemerkt, wie mein Körper in den vergangenen Jahren abgebaut hat. Ich habe viele Diäten ausprobiert. Ich wollte jetzt etwas unternehmen. Nichts hat geholfen. Ich war stark übergewichtig. Zu Spitzenzeiten habe ich um die 110 Kilo gewogen. Mein Body Mass Index (BMI) lag bei 32. Das gilt als adipös, also stark übergewichtig. Ich habe nachts geschnarcht und musste mehrmals aufstehen, um zu urinieren. Ich war tagsüber oft müde und antriebslos. Meine Knie taten weh. Ich bin schnell aus der Puste bekommen, vor allem beim Wandern oder Sport machen. Ich hatte einen zu hohen Blutdruck.

BR24: Gab es für Sie eine Art Weckruf, wo Sie beschlossen haben, jetzt etwas gegen ihr Übergewicht zu unternehmen?

Rick: Vor gut drei Jahren hat mir mein Hausarzt mitgeteilt, dass ich Diabetes Mellitus habe. Mein HbA1c-Wert lag damals noch am unteren Ende - bei 7.3. Mein Arzt meinte seinerzeit, ich müsse aufpassen. Ich hätte ein erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko. Er hat mir ein Statin zur Senkung meiner Blutfettwerte und Metformin für meinen Blutzucker verschrieben. Unsere Krankenkasse hier in Nord-Kalifornien bietet Kurse an, wie man seine Ernährung umstellt, um mit Diabetes Mellitus besser umgehen zu können. Auch die habe ich besucht.

Ausschlaggebend war aber auch, dass mich ein guter alter Freund, den ich seit meinem 20. Lebensjahr kenne, im vergangenen Sommer besucht hat. Er fragte, ob mit mir alles okay sei. Mein Kopf sei so rot und mein Gesicht aufgedunsen. Ich hätte ganz schön an Gewicht zugelegt, meinte er. Das hat mich irgendwie getroffen, aus seinem Mund zu hören.

BR24: Was haben Sie dann gemacht?

Rick: Wie so oft dachte ich, ich muss jetzt etwas unternehmen. In den vergangenen 20 Jahren habe ich viele Diäten gemacht. Ich habe mich zum Beispiel ein Jahr lang vegan ernährt. Ein anderes Mal habe ich sehr viel Protein zu mir genommen und auf andere Nahrungsmittel wie Reis oder Nudeln verzichtet. Wieder ein anderes Mal habe ich versucht, jeden Tag zu laufen und mindestens eine Stunde pro Tag Sport zu machen. Ich habe zum Teil drei bis fünf Kilo in zwei Wochen abgenommen. Aber dann kam ein Urlaub dazwischen oder die Geburt unserer Kinder oder extremer Stress im Job. Und dann hatte man schnell sein Gewicht wieder drauf. Ich habe es in den vergangenen 20 Jahren nie unter 100 Kilogramm geschafft. Die Pfunde sind immer wieder zurückgekommen. Ich habe immer ein Bäuchlein und Doppelkinn gehabt.

BR24: Oft wird gesagt, Menschen die übergewichtig sind, fehle es an der nötigen Disziplin. Was sagen Sie dazu?

Rick: Das eigene Körpergewicht zu kontrollieren, ist sehr schwierig. Oft steht einem beim Abnehmen einfach der Alltag im Weg. Das fängt schon damit an, dass man zuhause beim Abendessen nicht die Spaßbremse sein will. Im Urlaub "gönnt" man sich eine Pause und schlemmt. Beim Abnehmen stellt sich der Erfolg erst langsam ein und man muss ständig, gegen den Hunger und eigenen Schweinehund ankämpfen. Das hält man ein paar Wochen durch, aber dann passiert etwas, das einen sehr aufregt – und man gibt nach, haut sich nachts den Magen voll.

BR24: Wie sind sie darauf gekommen, sich jetzt ein sogenanntes "Semaglutide" zu spritzen?

Rick: Eine Bekannte von uns hat sich den Magen verkleinern lassen, weil sie immer mehr zugenommen hat. Die Operation hat ihre Krankenkasse aber nur zum Teil bezahlt. Das war eine Option, mit der ich gespielt hatte. Doch Kosten sowie Risiken solch eines Eingriffs waren mir zu hoch. Dann habe ich die neuen Medikamente entdeckt und meinen Arzt gefragt, ob er mir sie verschreiben kann. Hier in den USA sind die Krankenkassen aber ziemlich streng und achten auf jeden Dollar. Meine kalifornische Krankenkasse hat das abgelehnt. Ich habe dann Online eine Arztpraxis gefunden, die mir das Präparat verschrieben hat. Weil ich eine Diabetes-Diagnose hatte, bekam ich problemlos ein Rezept.

BR24: Was bezahlen Sie für das Medikament?

Rick: Im Moment wird es vom Hersteller noch bezuschusst. Ich bezahle für eine Monatsration, die aus vier Spritzen besteht, 500 US-Dollar (ca. 460 Euro). Ende des Jahres lässt der Hersteller die Subvention aber auslaufen. Dann soll eine Monats-Packung knapp 1300 Dollar (ca. 1200 Euro) kosten.

BR24: Wann haben Sie gemerkt, dass das Medikament wirkt?

Rick: Schon wenige Tage nach der ersten Einnahme. Man fängt mit der niedrigsten Dosis an und steigert sie dann – nach Absprache mit dem Arzt - im monatlichen Rhythmus. Ich hatte plötzlich keinen so großen Hunger mehr. Nach einer kleinen Portion fühlt man sich bereits gesättigt. Ich musste nicht mehr an Essen denken, was wir zum Beispiel heute Abend kochen könnten. Nahrung spielt in meinem Kopf keine so große Rolle mehr wie früher.

BR24: Welche Nebenwirkungen konnten Sie an sich beobachten?

Rick: Richtige heftige Nebenwirkungen hatte ich bislang nicht. Ich habe mit der Einnahme von 2.5 Milligramm begonnen und nehme jetzt 10 Milligramm. Ich hatte ein paar Mal ein starkes Völlegefühl. Das passiert dann, wenn man etwas Fettiges gegessen hat. Ich glaube, es war eine Salami-Pizza mit Käse. Außerdem habe ich ab und an mit Verstopfung zu kämpfen. Seither versuche ich, jeden Tag einen frischen Salat zu essen. Ich verzichte auf Mehlspeisen, auf Reis, auf Nudeln oder besonderes "schweres" Essen, das einem im Magen liegt. Man wird quasi gezwungen, sich gesund zu ernähren.

BR24: Merken Sie, wenn die Wirkung nachlässt?

Rick: Ja, vor allem bei den niedrigen Anfangs-Dosierungen hat sich bereits nach vier oder fünf Tagen wieder ein stärkeres Hungergefühl eingestellt. Bei den höheren Dosierungen merke ich eine reduzierte Wirkung erst nach sieben bis 10 Tagen. Es wirkt also länger als eine Woche.

BR24: Was ist mit Alkohol?

Rick: Früher haben meine Frau und ich gerne abends ein Glas Wein getrunken. Aber der Appetit auf alkoholische Getränke ist bei mir sehr stark zurückgegangen. Ich trinke höchstens einmal pro Woche in Gesellschaft anderer ein Glas Wein oder ein Bier.

BR24: Wie hat sich ihr Gesundheitszustand verändert?

Rick: Ich habe anfangs regelmäßig ein bis zwei Kilogramm pro Woche verloren. Mein Blutzuckerspiegel betrug morgens plötzlich 95 – auf nüchternen Magen. Das sind die Werte eines gesunden Menschen. So etwas hatte ich in Jahren nicht erlebt. Mittlerweile messe ich meine Glucose-Werte höchstens einmal pro Woche. Ich bin schlank, mein BMI beträgt jetzt 23. Meine Blutwerte sind nach Aussage meines Arztes hervorragend. Ich renne mit meinen Kindern um die Wette und bewege mich mehr. Meine Haut ist viel besser geworden, meine Knie schmerzen nicht mehr. Und meine Frau meint: Ich schnarche so gut wie nicht mehr.

BR24: Haben Sie mental eine Veränderung bei sich feststellen können?

Rick: Das war für mich die vielleicht wichtigste Erkenntnis bislang. Dass man mit Hilfe solcher Medikamente deutlich sein Gewicht reduzieren kann. Das hat mich ungemein motiviert. Es ist, als ob einen jemand anschiebt. Ich habe gemerkt, dass ich tatsächlich meine Gesundheit verbessern kann. Die Auswirkungen waren schon nach einem Monat zu spüren und zu sehen. Ich achte jetzt viel mehr auf meine Ernährung und regelmäßige Bewegung. Ich bin viel motivierter.

BR24: Was ist Ihre größte Sorge?

Rick: Dass ich wieder zunehme. Dass ich mein Gewicht nicht halten kann und der berühmte Jo-Jo-Effekt eintritt. Ich träume sogar nachts davon. (Lachend): Ich habe meinen ganzen alten Kleiderschrank entrümpelt, weil alles drei Nummern zu groß war. Das ging ganz schön ins Geld.

BR24: Wie lange werden Sie das Medikament noch nehmen?

Rick: Ende des Jahres muss ich doppelt so viel dafür bezahlen. Dann werde ich es mir nicht mehr leisten können. Mit meinem begleitenden Arzt habe ich vereinbart, dass wir ab Juli die Monatsration langsam reduzieren. Ende des Jahres will ich ausprobieren, ob ich auch ganz ohne medikamentöse Hilfe mein Gewicht halten und meinen Blutzucker unter Kontrolle behalten kann. Drücken Sie mir bitte die Daumen!

*Name von der Redaktion geändert

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