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Rettung für die Kliniken? Bundestag diskutiert Krankenhausreform

Rettung für die Kliniken? Bundestag diskutiert Krankenhausreform

Von den Gesetzesvorhaben des Gesundheitsministers ist die Klinikreform eines der umstrittensten. Im System ist viel Geld: 100 Milliarden Euro pro Jahr gehen an Kliniken, dennoch schreiben 30 Prozent der Häuser rote Zahlen. Wie soll es weiter gehen?

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Immerhin, die Ampel ist sich bei der Krankenhausreform weitgehend einig. Und Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang weiß das durchaus zu schätzen. Als Ampel tun wir uns nicht immer den größten Gefallen, sagt sie im Bundestag, aber "ich bin froh, dass wir uns an große Reformen rantrauen." Und groß ist diese Reform geplant. Eine Kommission hat sich monatelang damit beschäftigt, zwischen Bund und Ländern fanden zahllose hitzige Gespräche statt. Denn der Bund kann hier nicht allein entscheiden. Die Länder sind für die Krankenhausplanung zuständig und wollen diese Kompetenz auf keinen Fall verlieren.

Lauterbach: Ohne Krankenhausreform massives Kliniksterben

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versichert ihnen im Bundestag: Daran ändert sich nichts. Die Bundesländer werden weiterhin ihren Sicherstellungsauftrag erfüllen. Das müssen sie auch, alles andere wäre verfassungswidrig. Eine der größten Sorgen etlicher Länder ist, dass der ländliche Raum unter der Krankenhausreform leiden könnte, dass kleineren Kliniken das Aus droht, wenn nicht eine kräftige Finanzspritze kommt. Vom Bund.

Lauterbach weiß um die prekäre Lage der Häuser, er argumentiert aber anders. "Wenn die Krankenhausreform nicht käme, müssten wir davon ausgehen, dass bis zum Jahr 2030 25 Prozent der Krankenhäuser in die Insolvenz gingen", antwortet er im Bundestag den Kritikern aus der Union. Schon jetzt schreibt ein Drittel der Kliniken in Deutschland rote Zahlen, das hat der gerade erschienene "Krankenhaus Rating Report" bestätigt. Der Report zeigt auch, dass die Lage der Krankenhäuser in Ostdeutschland am besten ausfällt, Bayern und Baden-Württemberg schneiden am schlechtesten ab.

Ziel der Reform: Krankenhaus zum Wohl der Patienten

Die Reform des Bundesgesundheitsministers hat zwei zentrale Ziele: Zum einen soll sie die Versorgung der Patientinnen und Patienten verbessern. Um das zu erreichen, sollen sich die Kliniken mehr spezialisieren. Vereinfach gesagt, wird nicht mehr jedes Krankenhaus jede Operation anbieten. Es dürfe nicht passieren, dass wegen fehlender Spezialisierung Menschen in Deutschland sterben, die man gut hätte retten können, sagt Lauterbach. Eine Grundversorgung soll aber auch im Notfall schnell zu erreichen sein. Auch für Menschen auf dem Land.

Zum anderen sollen die Kliniken anders finanziert werden. Statt pro Behandlung bezahlt zu werden, sollen sie den größeren Teil des Geldes dafür bekommen, dass sie genug qualifiziertes Personal haben, bestimmte medizinische Geräte oder zum Beispiel eine Notaufnahme bereithalten. Das lobt sogar die AfD, auch wenn deren Abgeordneter Thomas Dietz die Ampel im gleichen Atemzug scharf kritisiert und ihr generell "planloses Handeln" vorwirft. Für Ates Gürpinar (Die Linke) sind die Maßnahmen Lauterbachs allesamt falsch. Gürpinar spricht von einem Kahlschlag in der Gesundheitsversorgung, die Koalition sei "im Blindflug" unterwegs.

Bayern prüft Verfassungsklage

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) kann ebenfalls wenig mit den Plänen der Koalitions-Fraktionen anfangen: "Eine Krankenhausvergütungsreform ist ohne Frage erforderlich – aber die Bundesregierung hat ein völlig unzureichendes Konzept auf den Weg gebracht. Damit droht eine schlechtere Versorgung vor allem in manchen ländlichen Regionen. Das muss verhindert werden." Gerlach fordert ein weiteres Mal Soforthilfen, damit etliche finanziell angeschlagene Krankenhäuser von der Reform, die ab 2025 greifen soll, überhaupt noch profitieren können.

Der Gesetzentwurf ist nach Einschätzung des bayerischen Gesundheitsministeriums im Bundesrat zustimmungspflichtig – eine Einschätzung, die man im Bundesgesundheitsministerium nicht teilt. Falls das Gesetz so kommen sollte, wie es Lauterbach plant, behält sich der Freistaat vor, vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu ziehen. Und der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger kündigt bereits heute im Bundestag an, man werde den "Murks in der nächsten Wahlperiode wieder verbessern". Dazu muss die Union allerdings erst wieder an die Regierung kommen.

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