Am Strand: Der letzte Band von Riad Sattoufs Reihe: "Der Araber Von Morgen" ist erschienen
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Riad Sattouf: Der Araber Von Morgen

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Eine Kindheit im Nahen Osten – Riad Sattoufs Autobiografie

Eine Kindheit im Nahen Osten – Riad Sattoufs Autobiografie

Syrienkrieg, Nahostkonflikt und eine Kindheit mittendrin: Mit dem Buch-Projekt "Der Araber von Morgen" erzählt der französische Comic-Star die Geschichte seiner Familie.

Über dieses Thema berichtet: Kulturjournal am .

Der 2013 ausgebrochene – und im Augenblick leider vergessene – Bürgerkrieg in Syrien spielt eine wichtige Rolle für die Entstehung von Riad Sattoufs Comic-Reihe "Der Araber von morgen". "Ich habe das von Frankreich aus, also aus der Distanz, erlebt", sagt der Zeichner, der seit langem in Paris lebt. Er hat Familie in Syrien und wollte – wie viele andere Menschen mit syrischen Wurzeln – seinen Angehörigen helfen. "Gleichzeitig wurde ich motiviert, mich mit der Geschichte meiner Familie auseinandersetzen." Sechs umfangreiche Bände sind schließlich entstanden.

Der Vater als Araber von morgen

Riad Sattouf – geboren 1978 in Paris – wuchs als Kind zwischen Frankreich und Syrien auf. Der Vater stammte aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Homs und war überhaupt der erste aus der Familie, der ein Abitur machte und an die Universität gehen konnte. Er studierte Geschichte, in Frankreich. Dabei lernten sich Riad Sattoufs Eltern kennen.

Gleichzeitig ist der Vater – er ist der "Araber von morgen" – eine hochgradig ambivalente Figur. "Er bewunderte die Diktatoren und war – mit seiner Ideologie – ein Rechtsextremer", so Sattouf. In allen sechs Bänden der Comic-Autobiografie ist diese perfide Haltung zu spüren. Im vierten Teil etwa – da unterrichtet der Vater Geschichte in Saudi-Arabien – pilgert er nach Mekka, lobt Saddam Hussein über den grünen Klee und faselt immerfort von einer angeblichen jüdischen Weltverschwörung. Schließlich zieht er wieder nach Syrien – und entführt dabei den jüngsten Bruder von Riad Sattouf. Die Familie zerbricht.

Ein Leben als Außenseiter

Riad Sattouf thematisiert in seinen vielen Comic-Seiten – es sind über 800 – eindringlich die Friktionen, die die Familie – beständig hin- und hergerissen zwischen Frankreich und Syrien – immer mehr fordern. Zeitweise ist er selbst in Syrien und muss dort eine Dorfschule besuchen. Nicht nur aufgrund der blonden Haare ist der zarte Junge dort ein Außenseiter. Er wird beleidigt und sieht, wie die Kinder auf dem Schulhof – Folge der antisemitischen Propaganda im Land – israelfeindliche Kriegsspiele spielen. Man schluckt immer wieder bei der Lektüre.

"Ich erzähle, was ich mit eigenen Augen gesehen habe", sagt Riad Sattouf. So eben auch im Fall der Schule. Der Judenhass auf dem Pausenhof. Oder die Geschichten der Lehrer, die die Kinder im Unterricht beständig demütigen und mit einem Stock auf die Hände schlagen. Gewöhnlich erzählten die Menschen niemandem, was sie erlebt haben, so Sattouf. Sie erinnerten sich allein an die Mächtigen und Reichen. Er aber interessiere sich für Menschen, von denen man denkt, sie seien uninteressant.

Bildrechte: Riad Sattouf/Penguin Verlag
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Das Intro der autobiografischen Comic-Reihe von Riad Sattouf

Familien- und Zeitgeschichte

Der Fokus in den sechs Bänden des "Arabers von morgen" liegt auf der Geschichte der Familie: Auf der einen Seite der in seinen Ansichten immer extremere Vater, auf der anderen die Mutter, die daran verzweifelt, dort Riad Sattoufs Comic-Alter-Ego und seine Brüder. Die Handlung bewegt sich zwischen Frankreich, insbesondere der Bretagne, und Syrien. Im Hintergrund thematisiert Riad Sattouf dennoch immer auch die politische Entwicklung in beiden Ländern.

Im nun erschienenen sechsten und letzten Band der Reihe erzählt Riad Sattouf auch vom Tod des syrischen Diktators Hafis al-Asad und von der Machtübernahme durch seinen Sohn Baschar al-Assad. Ebenso spielen die Revolutionen in der arabischen Welt und schließlich der Beginn des bis heute wütenden Bürgerkriegs in Syrien eine Rolle. "Ich wollte nicht bewusst darauf aufmerksam machen", sagt Riad Sattouf. "Ich wollte die Geschichte meiner Familie erzählen. Ohne Urteil, ohne Moral, ohne Ideologie." Und ja: Das Urteil entsteht bei der Lektüre.

Araber oder Franzose? Nein, Comic-Autor!

Der Nahe Osten bewege sich von Katastrophe zu Katastrophe und von Krieg zu Krieg, bemerkt der Comic-Zeichner nachdenklich im Gespräch. Gefragt nach den Möglichkeiten der Kunst angesichts dieser schwierigen politischen Situation antwortet er: Sie könne denen, die sich mit ihr auseinandersetzen, vielleicht einen eigenen Zugang eröffnen. Und wichtig ist ihm, zu betonen, dass er Syrien nicht repräsentiert. "Ich kenne die Geschichte des Landes auch nicht gut genug. Ich habe in einem kleinen, verlorenen Bauerndorf gewohnt und kann nicht für das ganze Land sprechen."

Verbunden mit der in der Tat dramatischen Geschichte der Familie ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität. Frühzeitig war Riad Sattouf von der Comic-Welt fasziniert, die sechs großartig gezeichneten Bände zeigen auch seinen künstlerischen Werdegang. Für ihn ist es, so erzählt er, gleichzeitig die Suche nach einer neuen Identität und Familie. Immer wieder sei er gefragt worden, ob er sich als Araber oder als Franzose fühle. Seine Antwort: "Schon früh wusste ich: Ich will zum Volk der Comic-Autoren gehören, zu den Leuten, die zeichnen, die die ganze Nacht arbeiten – das ist meine Identität."

Traurige Geschichte, zugleich voller Komik

Mit "Der Araber von morgen" wurde Riad Sattouf einem breiten Publikum bekannt, in Frankreich, dem Mutterland des Comics, ebenso international. Bislang wurde die Familiengeschichte in über 20 Sprachen übersetzt und ist sogar in Japan und Brasilien erschienen. Er habe viel Feedback bekommen, sagt Riad Sattouf: "Leserinnen und Leser erkennen Aspekte ihrer eigenen Geschichte wieder."

Und sie können auch entdecken, wie eine traurige Geschichte – der Zerfall einer Familie, zerrissen zwischen den Kulturen – bewundernswert leicht (und gleichzeitig voller Tiefe) erzählt werden kann. Humor und Komik spielen in den Bilderwelten eine große Rolle. Und ebenso die erzählerische Haltung: Er habe sich vorgestellt, die Comics für seine bretonische Großmutter zu schreiben und zu zeichnen. "Sie lebte damals schon nicht mehr. Aber in meiner Fantasie schrieb ich den Comic für sie – und für andere Menschen, die nicht daran gewöhnt sind, Comics zu lesen."

Besonderer Blick auf eine Weltregion

So können Leserinnen und Leser auch eine besondere Perspektive mit Blick auf die schwierige, gebrochene Geschichte des Nahen Ostens entdecken: die Geschichte einer Familie zwischen den Kulturen, zugleich die Geschichte einer Weltregion, die von Diktatur, Gewalt und Kriegen bestimmt ist. Der Vater von Riad Sattouf – der Araber von morgen – steht für diese Region. Der Sohn erlebt ihn, seine problematischen Ansichten und seine schwierige Art, mit zunehmender Distanz. Und betrachtet die Arbeit an seinen Comics als ein Freischreiben von den eigenen Erfahrungen.

Im letzten Band kommt einmal Riad Sattoufs Großvater mütterlicherseits zu Wort. Er sagt so schön, er verstehe nichts von Comics. Er lese keine, aber denke, sie sollten lustig sein, weil das Leben traurig ist. Und er sagt: "Zeichne komische Sachen!" Der Enkel hat sich das auf so bewundernswerte wie bewegende Weise zu Herzen genommen.

Riad Sattoufs Comic-Buchreihe „Der Araber von morgen“ erscheint auf Deutsch – in der Übersetzung von Andreas Platthaus – im Penguin-Verlag.

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