"Das freut mich besonders für ihn, da ich meine einsamen Nächte mit seinen Werken verbringe", so die Chefredakteurin des russischen Propagandasenders "RT", Margarita Simonjan (externer Link), über Wladimir Medinski, der auf Anweisung von Staatschef Wladimir Putin die russische Delegation bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Istanbul wie schon im Jahr 2022 anführen soll. Der rechtsextreme Philosoph Alexander Dugin nennt die Besetzung des russischen Verhandlungsteams "fabelhaft".
"Ihr könnt uns nicht entwischen"
Der kremlkritische Politologe Andrei Nikulin ist deutlich weniger euphorisch (externer Link), was die Personalie Medinski betrifft. Er spricht von einer "demonstrativen Verhöhnung und Ohrfeige" für den Westen. Das Ganze sei ein "schlechter Witz".
"Das heißt, es geht vor allem darum, einen grundlegenden Durchbruch zu schaffen, Putins Vision und Weltanschauung durchzusetzen, nach dem Motto: 'Ihr könnt uns nicht entwischen, nicht abhauen, nicht verstecken. Wir werden euch brechen!' Sie wollen der Welt und sich selbst beweisen, wie cool Sie sind", so der Politologe.
"Machen uns über die Clowns lustig"
Der in London lehrende Politologe Wladimir Pastuchow schreibt (externer Link): "Nun, es sieht so aus, als ob das Puzzle nicht zusammenpasst." Putin habe sich für den Krieg und die Eskalation entschieden: "Mitarbeiter von Bestattungsunternehmen werden nicht zu Hochzeiten geschickt." Der Hauptfehler des Kremls sei zu glauben, der künftige Krieg werde derselbe sein wie der bisherige.
Propagandist Daniil Besonow spricht von "einigen coolen Typen" (externer Link) in der russischen Verhandlungsdelegation und spottet: "Was wird dieses Treffen bringen? – Nichts. Es wird sich nichts ändern. Wir wahren die Förmlichkeit und machen uns über die Clowns lustig."
Einer der wichtigsten Militär-Kommentatoren ("Erzengel der Spezialkräfte") mit 1,15 Millionen Fans zeigt sich geradezu erleichtert (externer Link), dass es definitiv keinen Waffenstillstand geben werde: "Man kann viel über die bisherigen Erfahrungen sagen, aber auf diese Weise hat unsere Führung ein i-Tüpfelchen gesetzt. Die Verhandlungen werden ausschließlich zu den Bedingungen Russlands geführt."
BR24
Blogger Michail Zwinschuk ("Rybar", 1,2 Millionen Fans) nennt Medinski eine "hervorragende Wahl" und lobt, dass der Kreml Selenskyjs Vorschläge konsequent ignoriert habe und der ukrainische Präsident "de facto mit einer Militärdelegation konfrontiert" werde, die durch ein paar Zivilbeamte "abgeschwächt" sei.
"Diplomatische Demütigung"
"Für die Ukraine wäre die Zustimmung zu einem gleichberechtigten Gespräch mit einer solchen Delegation eine diplomatische Demütigung", so der gleichlautende Kommentar auf einem der wichtigsten russischen Militärblogs mit 600.000 Fans (externer Link).
Dagegen verweist Polit-Blogger Maxim Scharow darauf (externer Link), dass die Verhandlungen in Istanbul ja auf mehrere Tage angesetzt seien, was nicht ausschließe, dass der Kreml später höherrangige Vertreter entsende, bis hin zu Putin persönlich.
"Selenskyj, ergebe dich"
"Der Kreml beschloss, vorsichtig und schrittweise vorzugehen", heißt es auf einem weiteren tonangebenden Blog. Im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen habe Medinski am wenigsten zu verlieren, schließlich sei er auch schon 2022 gescheitert. Damals hatten ihn russische Ultranationalisten für vermeintliche "Gesten guten Willens" beschimpft.
"Diese Zusammensetzung der russischen Delegation bedeutet: 'Selenskyj, ergebe dich, nur eine bedingungslose Kapitulation wird dich retten'", kommentierte die St. Petersburger Zeitung "Fontanka" (externer Link) Putins Entscheidung. In Istanbul werde wohl eine Art Geschichtsstunde abgehalten: "Es ist, als ob die letzten drei Jahre nie stattgefunden hätten."
"Langes Spiel ohne Illusionen"
Das Fazit eines kremlfreundlichen Telegram-Kanals mit 414.000 Fans (externer Link): "Diese Zusammensetzung der Delegation deutet darauf hin, dass sich Moskau auf einen langwierigen und möglicherweise völlig scheiternden Verhandlungsprozess vorbereitet. Dem Kreml ist bewusst, dass es äußerst schwierig sein wird, sich überhaupt auf eine vorläufige Tagesordnung für die Verhandlungen zu einigen, ganz zu schweigen von der Erzielung bedeutender Vereinbarungen."
Putin bleibe seiner Taktik treu, stets die Initiative zu behalten, auch wenn geplante Gespräche dadurch zum Scheitern verurteilt seien: "Russland ist bereit für ein langes Spiel ohne Illusionen über Zugeständnisse."
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