Japanischer Reinigungsarbeiter mit Gummihandschuhen vorm Spiegel in öffentlicher Toilette
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Toilettenreinigung als Ritual

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Was der neue Wenders über das wirklich Wichtige im Leben erzählt

Was der neue Wenders über das wirklich Wichtige im Leben erzählt

Der Alltag eines Toilettenreinigers in Tokio – will man das auf der Leinwand sehen? Klingt vielleicht nicht so. Und doch ist Wim Wenders' neuer Film "Perfect Days" eine unbedingt sehenswerte Betrachtung über die wirklich wichtigen Dinge im Leben.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Es ist kein Geheimnis, dass Wim Wenders ein Faible für Japan und dessen Kultur hat. Bereits Mitte der 80er-Jahre drehte er "Tokyo-Ga", einen Dokumentarfilm über das moderne Tokioter Stadtleben und den von ihm verehrten Regisseur Yasuijro Ozu, dem japanischen Großmeister des poetischen Gesellschaftsporträts. Ähnlich und doch ganz anders führt Wenders diese beiden Aspekte in seinem neuen Spielfilm zusammen, seinem schönsten seit langem. "Perfect Days" handelt von einem Toilettenreiniger, der in Tokio ein einfaches, aber erfülltes Leben führt. Hirayama ist um die 60 Jahre alt, lebt allein in einem winzigen Ein-Zimmer-Apartment am Stadtrand und wacht jeden Morgen in der Dämmerung vom Geräusch eines Besens auf, mit dem eine alte Nachbarin die Straße unter seinem Fenster kehrt.

Loblied auf die kleinen Dinge im Leben

Was andere zur Weißglut treiben würde, ist für ihn der sanfte Start in einen Tag, der einem festen Ritual folgt: Er faltet seine Matratze zusammen und verstaut sie ordentlich in einer Ecke, putzt sich die Zähne in der Küche, trimmt seinen Bart, besprüht seine Setzling-Sammlung mit Wasser und betrachtet die Pflanzen einen kurzen Moment wie ein Vater, der seinen Kindern beim Großwerden zusieht. Dann greift er sich die fein säuberlich am Wohnungseingang abgelegten Schlüssel und eine Handvoll Münzen, genießt den ersten Schluck eines im Innenhof gekauften Automaten-Kaffees, legt in seinem Minivan eine Kassette aus seinen Jugendtagen ein und fährt in die langsam erwachende Millionenmetropole. Der Blick fürs Detail und die Wertschätzung scheinbarer Nebensächlichkeiten: Wenders' Hauptfigur verkörpert idealtypisch, was vielen im von Beruf und Alltagshektik bestimmten Leben verloren geht.

Toiletten als Teil der Kultur

Knapp eine Stunde lang folgt die Handkamera dem schweigsamen Toilettenreiniger, zeigt ein ums andere Mal sein Morgenritual und beobachtet in dokumentarisch anmutenden Aufnahmen, wie er strukturiert und geradezu hingebungsvoll seinem Job nachgeht. Der Ästhetik der Bilder zuträglich ist, dass Hirayama vorrangig in von Stararchitekten designten Toilettenanlagen arbeitet. Mit den funktionalen Bedürfnisanstalten, die im europäischen Raum vorzufinden sind, haben diese Wohlfühlbauten kaum Berührungspunkte, findet Wenders und schwärmt, dass in Japan, "die größten lebenden Architekten die wunderschönsten Toilettenpaläste gebaut haben!" Die Toilette sei dort Teil der Kultur und nicht der Unkultur wie bei uns.

Utopie und ernüchternde Realität

Ein Punkt, in dem sich die Kulturen gleichwohl ähneln, ist das Verhalten gegenüber den Reinigungskräften: Statt Dank oder ein Lächeln erhält Hirayama oft nur missbilligende Blicke, und als er einen im Park verirrten Jungen zu seiner Mutter führt, wischt diese dem Jungen sofort die Hand sauber und zerrt ihn ohne ein weiteres Wort weg. In solchen Momenten trifft bittere Realität auf die märchenhafte Utopie, die Wenders zuvor mit größter Sorgsamkeit erschaffen hat. Denn in gewisser Weise ist Hirayama ein Wiedergänger der Engel aus "Der Himmel über Berlin“" Er ist eine alte Seele und sieht Dinge, die andere ignorieren, hilft, wo er kann, wird aber selbst nicht wahrgenommen.

Leben im Hier und Jetzt

Er ist allein, aber nicht einsam, inneren Reichtum zieht er aus seinen vielen Ritualen. Warum Hirayama sich modernen Entwicklungen bewusst verweigert, wird in der zweiten Filmhälfte angedeutet. Hier taucht plötzlich eine Nichte auf, die dem Kinopublikum Einblicke in Hirayamas Vergangenheit gibt, ohne sie in Gänze aufzudecken. Was die Gespräche mit ihr jedoch unterstreichen, ist die Botschaft dieses poetischen Films, der so perfekt ist, wie es der Titel andeutet: Dass das Leben im Hier und Jetzt das Erstrebenswerteste ist.

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