Unterwasseraufnahme nah unter der Wasseroberfläche mit vielen kleinen Fischen und Plastiktteilen.
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Direkt unter der Wasseroberfläche gibt es ein ganzes Ökosystem, über das wir fast nichts wissen und das bedroht ist - das Neuston.

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Warum die Meeresoberfläche sensibler ist als wir denken

Warum die Meeresoberfläche sensibler ist als wir denken

Wenige Zentimeter unter der Wasseroberfläche leben unzählige Organismen - über die wir bislang sehr wenig wissen. Sie sind ausgerechnet durch Projekte, die Plastik aus den Meeren einsammeln wollen, in Gefahr.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Während die einen in den Himmel schauen und das Weltall erforschen wollen, widmen sich die anderen den Geheimnissen unserer Erde. Denn hier gibt es noch genug, das wir nicht verstehen, nicht untersuchen oder von dem wir noch gar nichts wissen. Dazu zählt beispielsweise das Neuston. Neu-was? Der Reihe nach.

Müll über Müll in den Weltmeeren

Über 70 Prozent der Erdoberfläche sind Meer. Vom Meeresboden erforscht sind gerade mal etwa 20 Prozent. Vor allem von dem, was auf Hoher See passiert, wissen wir wenig. Von all dem, das außerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) passiert: Das sind die Meeresbereiche bis zu 200 Seemeilen vor der Küste, die einem bestimmten Land Exklusivrechte auf Fischerei und Bodenschätze zuschreiben. Außerhalb davon gilt internationales Seerecht, jeder darf hier fischen und zur See fahren.

Wir wissen aber, dass es dort draußen Berge an Plastik gibt. Mitten im Meer. Auf dem Meer. Mindestens fünf große Strudel bestehend aus Plastik wie Zahnbürsten, Einwegflaschen, Fischernetzen oder Mülltüten sind auf dem offenen Meer bekannt. Einer von ihnen ist der "Great Pacific Garbage Patch" zwischen Hawaii und Kalifornien - geschätzt besteht er aus 1,8 Billionen Plastikteilchen. Und er ist etwa viermal so groß wie Deutschland, wobei davon ausgegangen wird, dass die Mehrheit des Mülls auf den Boden sinkt und an der Oberfläche gar nicht sichtbar ist.

Das Meer von Plastik befreien: Nicht immer leicht

Seitdem machen sich Forschende auf den Weg, diesen Müll einzusammeln. So ist das Projekt "The Ocean Cleanup" des Niederländers Boyan Slat entstanden. Mittlerweile werden Boote des Projekts auch direkt an Flussmündungen geschickt, um dort Plastik einzusammeln, bevor es überhaupt ins Meer gelangen kann. Denn es gab auch Kritik an dem Projekt, das selbst zu viele Ressourcen verbrauche und Vögel und Meeresbewohnern schade, die sich in und auf den Müllbergen niedergelassen haben.

Die Meeresbiologin Rebecca Helm von der Georgetown University in Washington D.C. ist eine der Kritikerinnen, die davor warnt, unüberlegte und neue Aktionen auf Hoher See umzusetzen, ohne das Ökosystem dort besser zu verstehen. In einer aktuellen Studie, veröffentlicht im Fachmagazin PeerJ Life and Environment, weist sie gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen darauf hin, welche unerwarteten Auswirkungen solche Eingriffe haben könnten. Und weiter: Wir wüssten ja gar nicht, welche Effekte überhaupt durch solche Aktionen ausgelöst würden - vom kleinsten Rückgang des Bestands bis hin zum Totalzusammenbruch des Ökosystems. Daher fordert Rebecca Helm zunächst mehr Forschung auf Hoher See.

Ungewollter Beifang landet im Plastik-Netz: Neuston

Sie adressiert vor allem das Problem, dass Plastik mit großen Netzen von der Meeresoberfläche eingesammelt wird. Dabei würden aber auch ungewollt unzählige Organismen als Beifang im Netz landen - sogenanntes Neuston.

Neuston ist bisher kaum erforscht. Dazu zählen alle Organismen - also Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen - die "zwischen den Welten" leben, zwischen Himmel und Meer, in den ersten paar Zentimetern unter der Meeresoberfläche. Es wird auch die "blaue Flotte" genannt. Dazu zählen Quallen, Polypen, Ozeanschnecken, Seeanemonen, Krebse, Bakterien, Meeresinsekten und wahrscheinlich sehr viel, von dem wir noch nichts wissen.

Und die müssen einiges aushalten: Nicht nur ist die UV-Strahlung direkt unter der Wasseroberfläche sehr hoch, auch können sich Wassertemperatur und Salzgehalt innerhalb eines Tages stark ändern, es gibt starken Wellengang durch Stürme und Fressfeinde sowohl aus der Luft als auch aus dem Wasser unter ihnen.

Neuston sammelt sich vor allem in Plastik-Bergen

Die Meeresbiologin forscht schon seit Jahren auf diesem Gebiet und hat bereits in einer älteren Studie herausgefunden, dass sich zwischen dem Müll der Plastikstrudel besonders viele Organismen im Neuston befinden, die durch Projekte wie The Ocean Cleanup gefährdet sind. Die Häufigkeit liege aber nicht daran, dass die Lebewesen sich an den Müll angepasst hätten, sondern dass sie den gleichen Meeresströmungen unterliegen und sich damit an den gleichen Orten sammeln.

Helm plädiert dafür, dass sich auch Länder für Forschungen auf Hoher See stark machen, obwohl die Gebiete niemandem "gehören". Denn momentan bestehe die Gefahr, dass wir ganze Ökosysteme auslöschen könnten, weil wir zu wenig über sie wissen. Daher müssten wir sehr vorsichtig sein.

Und was können wir tun? Ziemlich einfach: So viel Plastikmüll vermeiden wie möglich, denn auch wir sind dafür verantwortlich.

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