Quälende Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und körperliche Schmerzen sind Symptome von Long Covid. Aber auch Depressionen und Angststörungen gehören zum Krankheitsbild vieler Patienten. Der Forschungsverbund PsyLoCo (externer Link), zu dem sechs Universitätskliniken gehören, hat in einer Pilotstudie ein Behandlungskonzept für eine zwölfstündige psychosomatisch-psychotherapeutische Therapie entwickelt.
Sie soll dabei unterstützen, nicht nur besser mit den körperlichen Beeinträchtigungen zurechtzukommen, sondern auch psychische Beschwerden zu bewältigen. Das Ziel ist, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Long Covid: Bisher kein Medikament gegen Ursache
Wenn Patienten vier Wochen oder länger nach Beginn ihrer Corona-Erkrankung anhaltende oder plötzlich neue Beschwerden haben, die nicht durch eine andere Ursache zu erklären sind, leiden sie an Long Covid. Das Krankheitsbild geht einher mit bleierner Erschöpfung, Atembeschwerden oder Schmerzen in Kopf, Gliedern und Brust. Viele Betroffene haben nicht nur körperliche Symptome, sondern auch psychische Beschwerden wie Depressionen, Ängste oder Konzentrationsschwierigkeiten.
Manche ziehen sich deshalb aus dem sozialen Leben zurück oder können ihren Beruf nicht mehr ausüben. Bisher gibt es kein Medikament, das gegen die Ursachen von Long Covid wirkt. Diese sind noch nicht vollständig verstanden.
Therapiebausteine aus verschiedenen Verfahren
Der Forschungsverbund PsyLoCo hat in einer Pilotstudie, an der 125 Long-Covid-Patienten teilnahmen, ein Behandlungsmanual, also eine Art Behandlungshandbuch entwickelt. Darin wird ein zwölfstündiges Behandlungskonzept beschrieben. Das Besondere daran ist: Das Konzept konzentriert sich nicht nur auf ein psychotherapeutisches Verfahren, wie zum Beispiel Verhaltenstherapie, sondern kombiniert verschiedene Verfahren.
Studienleiterin Christine Allwang, Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, erläutert: "Es ist ein Behandlungshandbuch, das bald diejenigen, die mit Long-Covid-Patienten zu tun haben, anleiten kann, die Therapie auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen anzupassen." Denn die Behandelnden können je nach Patient Schwerpunkte setzen.
Bei Long Covid individuell einsetzbar
Nicht jeder Long-Covid-Patient hat dieselben psychischen Beschwerden und psychosozialen Bedürfnisse. Deshalb ist das Behandlungskonzept in vier Module aufgeteilt. Für jedes Modul stehen drei Stunden Therapie zur Verfügung. Im Modul "Coping und Disstressmanagment" geht es zum Beispiel darum, Patienten dabei zu unterstützen, einen besseren Umgang mit der neuen Situation zu finden. Ein zweites Modul beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Körperbeschwerden, Schmerzen und Emotionen.
In den beiden anderen Modulen geht es um Themen wie chronische Erschöpfung und das Sozial- und Arbeitsleben. "Wir empfehlen in unserem Handbuch, dass man genau schaut: Wo müssen wir eher darauf eingehen? Was können wir stattdessen ein wenig zurückhaltender beantworten oder bearbeiten?", sagt Christine Allwang. Wenn zum Beispiel ein Betroffener in Rente ist, kann man weniger über das Arbeitsleben sprechen und entsprechend mehr Behandlungszeit auf eines der anderen Module verteilen.
Long-Covid-Patienten würden Konzept empfehlen
Das Behandlungskonzept ist bei den Studienteilnehmern gut angekommen: 89 Prozent waren damit zufrieden und würden es weiterempfehlen. "Wir haben nicht erwartet, dass die Körperbeschwerden unbedingt weniger werden. Aber wir haben zeigen können, dass Betroffene mit ihren Beschwerden besser umgehen können und sich dadurch ihre Lebensqualität verbessert hat", sagt Allwang.
Geplant hatten die Studienmacher eigentlich auch, ein digitales Behandlungskonzept zu entwickeln. Es war für diejenigen Long-Covid-Patienten gedacht, denen es so schlecht geht, dass sie nicht in Präsenz zu einem Therapeuten kommen können. Geplant war, die Gespräche online zu führen und die zwölf zur Verfügung stehenden Stunden in deutlich kürzere Zeiteinheiten aufzuteilen. Dieser Teil der Studie wurde bisher allerdings nicht finanziert, soll aber in der Zukunft weiterverfolgt werden.
Mit ihrem Behandlungshandbuch haben die Studienmacher eine Nische ausgefüllt. Denn in der wissenschaftlichen Literatur gibt es noch kein derart durchstrukturiertes Behandlungskonzept. Im kommenden Jahr soll das Handbuch Ärzten und Therapeuten zur Verfügung stehen.
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