Schülerinnen einer 4. Klasse lesen im Unterricht einer Grundschule gemeinsam eine Aufgabe.
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Die Lesekompetenz von Grundschülerinnen und Grundschülern der 4. Klasse hat sich durch die Corona-Pandemie massiv verschlechtert.

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Studie: Geringere Lesekompetenz bei Grundschülern durch Pandemie

Studie: Geringere Lesekompetenz bei Grundschülern durch Pandemie

Viertklässler sollen lesen können, bevor sie auf eine weiterführende Schule wechseln. Doch durch Homeschooling und Unterrichtsausfall sind Grundschüler laut einer aktuellen Studie bei der Lesekompetenz stark zurückgefallen. Können sie das aufholen?

Forschende nennen die Studie "alarmierend": Nach einer repräsentativen Untersuchung des Instituts für Schulentwicklungsforschung (IFS) der Universität Dortmund hat sich die Lesekompetenz von Viertklässlern in Deutschland während der Pandemie erheblich verschlechtert.

Unter insgesamt fast 4.300 getesteten Grundschülern, die die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) absolvierten, wiesen Kinder der vierten Klassen 2021 eine "substanziell geringere" Lesekompetenz auf als Viertklässler vor der Pandemie im Jahr 2016. Die Grundschüler, deren Unterricht zum Zeitpunkt der Erhebung bereits gut ein Jahr lang eingeschränkt war, hinkten in ihrer Lesekompetenz im Durchschnitt ein halbes Schuljahr hinterher. Sie hatten zwischen dem Beginn der Corona-Einschränkungen an den Schulen im März 2020 und dem Testbeginn im Juni 2021 von 48 möglichen Wochen nur an etwa 16 Wochen reinen Präsenzunterricht erhalten.

Auswirkungen auf Schulabschlüsse

"Die Lernrückstände beim Lesen von einem halben Schuljahr sind so massiv, dass man sie nicht mit Einzelmaßnahmen wie Nachhilfe-Unterricht auffangen könnte", erläutert Studienleiterin Nele McElvany, Bildungsforscherin und Direktorin des IFS, die Konsequenzen der Studienergebnisse. "Wir steuern auf ein großes Problem zu, dass sich durch die gesamte Schulzeit und bis hin zu nicht erfolgreichen Schulabschlüssen ziehen kann."

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die unterschiedlichen Lernsituationen - Homeschooling und Präsenzlernen, Unterrichtsausfälle oder hybrides Lernen - haben bei den Viertklässlern deutliche Spuren in allen Leistungsstufen hinterlassen. Sowohl bei den starken als auch bei schwachen Schülerinnen und Schülern verschlechterten sich die Lesekompetenzen, so die Dortmunder Bildungsforscher.

Mehr Aufmerksamkeit für Grundschulen

Bereits im vergangenen Dezember hatte die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) für 2022 mehr Aufmerksamkeit für Grundschulen gefordert. Felicitas Thiel, Professorin für Schulpädagogik und Schulentwicklungsforschung an der Freien Universität Berlin und Co-Vorsitzende der SWK, hatte darauf hingewiesen, dass "deutschlandweit immer noch zu viele Kinder die Grundschule verlassen, ohne ausreichend lesen und schreiben zu können". Angesichts der durch die Corona-Pandemie verstärkten Defizite beim Lesenlernen müssten Grundschüler besser gefördert werden.

Lesen ist Schlüsselqualifikation

Da flüssiges und sinnerfassendes Lesen als Basiskompetenz nicht nur für das Fach Deutsch, sondern für das Verstehen von Texten in allen Fächern von Mathematik bis Geschichte relevant ist, sind die Ergebnisse der Dortmunder Studie besonders weitreichend. Lesekompetenz gilt als Schlüsselqualifikation und ist, so Bildungsforscherin Nele McElvany die Voraussetzung für eine erfolgreiche Bildungsbiografie. Hinzu kommt, dass die vierte Klasse aufgrund des bevorstehenden Übertritts an die weiterführenden Schulen ein besonders kritischer Zeitpunkt ist.

Studie spiegelt Verhältnisse in Bayern

Für die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Simone Fleischmann, sind die Ergebnisse der Studie nicht überraschend. "Sie spiegeln letztlich das, was wir täglich in den Grundschulen auch in Bayern vorfinden." Die BLLV-Präsidentin weist darauf hin, dass Defizite gerade beim Lesen als basale Kompetenz in vielen Fächer tiefgreifende Konsequenzen für die weitere Bildungsbiografie von Schülern haben können. "Das ist ein alarmierendes Ergebnis, zumal wir nur wenig Möglichkeiten haben, diese Defizite auszugleichen." Dazu, so Simone Fleischmann, würden individuelle Unterstützungs- und Förderangebote benötigt, die allerdings nur mit ausreichendem Lehrpersonal angeboten werden könnten.

Leseförderprogramme sollen helfen

Das Bayerische Kultusministerium gibt zu bedenken, dass in der Dortmunder Studie des ISF keine landesspezifischen Auswertungen durchgeführt wurden und damit speziell auf Bayern bezogene Erkenntnisse nicht vorliegen. Zur Unterstützung und Förderung der Schülerinnen und Schüler habe man mit dem Programm "gemeinsam.Brücken.bauen" in Bayern aber bereits frühzeitig reagiert. Schulen erhielten hier zusätzliche Mittel, mit denen sie bedarfsgerecht und schulartspezifisch ergänzende Förderangebote einrichten können. Im Fokus des Programms stünde die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler. Im Regelunterricht geschehe dies durch eine erweiterte Binnendifferenzierung oder durch zusätzliche Gruppenteilungen. Außerhalb des Regelunterrichts gebe es zusätzliche Brückenkurse.

FiLBY hilft schwachen Schülern in Bayern

Zugleich betont das Bayerische Kultusministerium, dass gerade an den Grundschulen auf die Förderung der Lesekompetenz als Basiskompetenz ein genaues Augenmerk zu richten sei. Zu diesem Zweck sei das Lesetraining "FiLBY" (Fachintegrierte Leseförderung Bayern) eingerichtet worden. "Dieses Programm gehört zu den größten systematisch implementierten und wissenschaftlich überprüften Lesetrainings in Deutschland", heißt es aus dem Kultusministerium. Eine Evaluation von FiLBY habe gezeigt, dass von dem Leseförderprogramm insbesondere leseschwache Kinder profitieren. "Auch um coronabedingte Lernlücken zu schließen, hat das Kultusministerium im Schuljahr 2021/2022 auch Schulen, die bisher nicht mit FiLBY gearbeitet haben, die Möglichkeit eröffnet, die Lesekompetenz der Schüler zu verbessern", heißt es. Im Schuljahr 2021/2022 würden sich rund 40 Prozent aller bayerischen Grundschulen beteiligen.

Lehrkräftemangel erschwert Leseförderung

Laut Kultusministerium sind seit dem Programmstart von FiLBY im Schuljahr 2018/2019 mehr als 5.000 Lehrkräfte bayernweit fortgebildet und mehr als 100.000 Schülerinnen und Schüler mit FiLBY unterrichtet worden. Wie viele Grundschüler derzeit aber tatsächlich von den vorhandenen Leseförderprogrammen profitieren, sei angesichts mangelnder personeller Ressourcen an den Schulen fraglich, sagt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann: "Es ist grundsätzlich gut, wenn Förderprogramme existieren. Allerdings haben wir derzeit mit drei Krisen an den Schulen in Bayern zu kämpfen - mit dem Lehrkräftemangel, mit der Corona-Pandemie und mit der notwendigen Integration von geflüchteten Kindern aus der Ukraine." Für eine individuelle und differenzierte Leseförderung reiche die Zahl der Grundschullehrkräfte da nicht aus.

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