Wie ein Jagdflieger lauert eine Asiatische Hornisse vor einem Bienenstock auf heimkehrende Bienen.
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Die Asiatische Hornisse ist in Bayern angekommen: Am Untermain wurden im August zwei Nester gefunden.

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Asiatische Hornisse auf dem Vormarsch – auch in Bayern

Asiatische Hornisse auf dem Vormarsch – auch in Bayern

Die Asiatische Hornisse ist in Bayern angekommen: Am Untermain wurden im August zwei Nester gefunden. Die invasive Art ist in der Lage, ganze Bienenvölker auszurotten. Ein aktuelles Monitoring soll helfen, ihre weitere Ausbreitung einzudämmen.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Wie Jagdflieger lauern Asiatische Hornissen vor Bienenstöcken. Dort warten sie auf heimkehrende Tiere, die sie sich dann im Flug schnappen und töten. Fast schon martialisch zerlegen sie den Bienenkörper dann in alle Einzelteile.

Für Imker sind die Asiatischen Hornissen ein Alptraum. Denn sie sind in der Lage, ganze Bienenvölker auszurotten. Und die invasive Art verbreitet sich immer mehr in Deutschland. Vor einem Jahr wurde zum ersten Mal ein Exemplar in Bayern gesichtet, im unterfränkischen Neuhütten im Landkreis Main-Spessart. Im August wurden in Aschaffenburg und Obernburg jetzt sogar zwei ganze Nester entdeckt, wie das Institut für Bienenkunde und Imkerei in Veitshöchheim dem BR bestätigte.

Mit Monitoring weitere Ausbreitung verhindern

Wie weit sich die invasive Art in Unterfranken schon ausgebreitet hat – das versucht das Institut für Bienenkunde und Imkerei in Veitshöchheim über ein Monitoring herauszufinden. Dafür hängen in den Landkreisen Miltenberg, Aschaffenburg und Main-Spessart momentan 100 Lebendfallen, die zweimal täglich von Imkern überprüft und geleert werden. Das Ziel: Einzelne Asiatische Hornissen fangen, die dann den Weg zu ihren Nestern zeigen und dann vernichtet werden können.

Möglich machen sollen das winzig kleine Sender. Sie werden gefangenen Hornissen umgeschnallt. Eine teure und nicht immer erfolgreiche Methode, wie Stefan Berg berichtet, der Leiter des Instituts für Bienenkunde und Imkerei. Denn nicht immer haben die Hornissen Lust, mit dem Minisender zurück zum Nest fliegen und nach rund 24 Stunden ist der Akku leer. Noch dazu sind nur wenige Tiere dafür geeignet. Denn sie müssen eine bestimmte Größe und ein gewisses Gewicht haben, damit sie überhaupt besendert werden können.

Eine andere Methode ist die sogenannte Triangulation, bei der man gefangene Hornissen von verschiedenen Stellen aus losfliegen lässt, um so die Richtung des Nestes ausfindig zu machen.

Nester der Asiatischen Hornisse frühzeitig finden

Die Nester der Asiatischen Hornisse befinden sich meist in Baumwipfeln in mehr als zehn Metern Höhe und werden oft erst im Spätherbst gefunden, wenn das Laub von den Bäumen fällt. Dann können die Königinnen, die ab September begattet werden und im nächsten Jahr die Nester gründen, schon in ihr Winterquartier ausgeflogen sein.

Je früher ein Nest also gefunden wird, desto besser. Denn pro Nest können bis zu 300 Jungköniginnen schlüpfen. "Selbst wenn nur die Hälfte überlebt, sind das im nächsten Jahr 150 Nestgründungen", sagt Imker Matthias Meidel aus Mechenhard im Landkreis Miltenberg mit Sorge. "Wenn das so weitergeht – irgendwann werden wir dieser Lage nicht mehr Herr werden."

Honigbienen weit oben auf dem Speiseplan

Das Problem: Die Asiatische Hornisse frisst sehr gerne Honigbienen, sie machen bis zu 85 Prozent ihres Speiseplans aus. Zwar jagen auch einheimische Hornissen an Bienenvölkern, allerdings ist deren Speiseplan vielfältiger: Bei ihnen machen Bienen nur rund fünf Prozent der Beute aus. Noch dazu sind die Völker der "Vespa Velutina" zwei- bis dreimal so groß wie die der einheimischen Hornisse: Bis zu 2.000 Tiere können in einem Nest leben.

Nicht weit von Imker Meidels Bienen wurde im August eines der Nester mit Asiatischen Hornissen entdeckt – offenbar noch rechtzeitig: Bienenexperte Berg hat den etwa fußballgroßen Fund seziert. Den ersten Untersuchungen zufolge waren darin noch keine Jungköniginnen angelegt. Außerdem will Berg herausfinden, ob die Hornissen von Krankheiten oder Parasiten befallen sind. Denn auch das könnte ihre Ausbreitung eindämmen.

Invasive Art über Südfrankreich nach Deutschland gelangt

2004 wurde die Asiatische Hornisse, die "Vespa velutina", erstmals in Südfrankreich entdeckt. Vermutlich wurde eine einzelne Königin durch Töpferware aus China eingeschleppt. Von dort aus breitete sich die Hornissenart nach Italien, Belgien, Schweiz und Großbritannien aus. 2014 wurde dann das erste Tier in Deutschland, in Baden-Württemberg nachgewiesen, im Oktober 2022 schließlich die Sichtung im Spessart.

Unterscheidung von Asiatischer und Europäischer Hornisse

"Vespa velutina" lassen sich gut von den etwas größeren, heimischen Europäischen Hornissen ("Vespa crabro") unterscheiden. Sie sind deutlich dunkler: Kopf und Brust sind schwarz, am Hinterleib ist die Spitze orange-gelb gefärbt. Auffällig sind bei der Asiatischen Hornisse außerdem ihre gelben Beine. Bei der einheimischen Hornisse hingegen sind die Beine braun. Insgesamt wirkt die Europäische Art heller, mit ihrer rötlichen Brust und dem wespentypischen schwarz-gelben Hinterleib. Beide Arten sind prinzipiell weder aggressiver noch giftiger als Bienen oder Wespen.

Grafik: Daran erkennt man die Asiatische Hornisse

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Daran erkennt man die asiatische Hornisse

Asiatische Hornisse bedroht heimische Imkerei

Manche Behörden oder Naturschutzverbände halten die Sorgen der Imkerschaft vor der Asiatischen Hornisse für unbegründet und warnen gar vor falsch verstandenem Aktionismus. Stefan Berg vom Institut für Bienenkunde hingegen geht durchaus davon aus, dass die invasive Art die heimische Imkerei in Mitleidenschaft ziehen wird.

Messungen an Bienenständen in Südfrankreich haben ergeben, dass Asiatische Hornissen dort bis zu 1.500 Bienen pro Tag gefangen haben. "In zehn Tagen wären das 15.000 Bienen", sagt Berg, um das Gefährdungspotenzial der Asiatischen Hornisse deutlich zu machen. "Das sind im späten August die Trachtbienen eines Volkes. Dann sind zwar noch Jungbienen im Kasten, aber keine mehr, die Futter bringen!" In Frankreich hätten viele Imker aus Frust deshalb bereits aufgegeben.

Auch für die übrige Insektenwelt seien die Folgen noch nicht absehbar: "Wir haben zusätzlich ein sehr hungriges Tier, was unsere Insektenwelt zusätzlich dezimiert!" Obendrein könne sich die Asiatische Hornisse sogar zum Ernteschädling entwickeln: Süße Früchte wie Weintrauben könnten betroffen sein.

Monitoring dauert bis Ende Oktober

Klar ist: Einmal eingeschleppt, lässt sich die invasive Art hierzulande nicht mehr ausrotten. Eventuell lässt sich die Ausbreitung aber zumindest etwas eindämmen. Das Monitoring mit den Lebendfallen hat in den ersten beiden Wochen zumindest keine weiteren Sichtungen hervorgebracht. Es dauert aber noch bis Ende Oktober.

"Vielleicht lernen wir in Zukunft auch noch ein paar Mechanismen kennen, wie die Asiatische Hornisse noch besser bekämpfbar ist", hofft Stefan Berg. So hätten etwa Einhausungen der Bienenstände mit Netzen ergeben, dass die Fangquote der Hornissen zumindest etwas abnimmt.

Mögliche Sichtungen mit Foto melden

Asiatische Hornissen und ihre Nester sind übrigens meldepflichtig: Idealerweise ein Foto von dem Fund an die Unteren Naturschutzbehörden in den örtlichen Landratsämtern oder direkt an das Institut für Bienenkunde und Imkerei in Veitshöchheim schicken. Auf keinen Fall sollte das Tier getötet werden. Denn vielleicht ist es ja doch eine einheimische Hornisse. Und diese steht unter Naturschutz.

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