Seit mehr als einem Jahr ist es in Deutschland möglich, Cannabis-Social-Clubs zu gründen. Im April 2024 hatte die Ampel-Koalition die Legalisierung von Cannabis beschlossen. In allen Bundesländern können seither die Vereinsmitglieder, Cannabis für den Eigenbedarf anbauen und erwerben – außer in Bayern. Hier wurden erst im April dieses Jahres die ersten Genehmigungen für drei Clubs erteilt. Doch bevor es zum Anbau der Pflanzen kommen konnte, wurde dem TMC (The Marihuana Club Kirchdorf) im Landkreis Freising die Erlaubnis wieder entzogen.
Enttäuschung unter den Vereinsmitgliedern
Am Dienstag vergangener Woche hatten sich etwa 70 der rund 360 Mitglieder des Marihuana-Clubs im Vereinsheim in Nörting getroffen, um den Anbau offiziell zu beginnen. Vereinsvorstand Alexander Schrödl schildert den ernüchternden Moment: "Um 17.00 Uhr haben wir das Vereinsheim zum ersten Mal geöffnet. Um 17.01 Uhr kam eine Mail vom Landratsamt Freising, sofort den Anbau zu unterbinden." Schrödl wusste nach seinen Worten, "worauf wir uns einlassen" und verweist darauf, dass Ministerpräsident Söder eine restriktive Haltung gegenüber der Cannabis-Legalisierung angekündigt hatte.
Ministerium verweist auf Baunutzungsverordnung
Nicht nur in Nörting wurde die Zulassung für den Hanfanbau widerrufen, auch den anderen bereits genehmigten Clubs im Landkreis Rosenheim und im Landkreis Bad Kissingen widerfuhr Ähnliches. Ein Sprecher des zuständigen Ministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr begründete die Anordnung damit: "Der nicht-gewerbliche Anbau von Cannabis im Ortsinnenbereich stellt ein baugenehmigungspflichtiges Vorhaben dar. Die Genehmigungsfähigkeit von Anbauvereinigungen erfordert daher grundsätzlich die Ausweisung eines „sonstigen Sondergebiets“ nach der Baunutzungsverordnung durch die Gemeinden."
Voraussetzungen vermeintlich erfüllt
Die Halle des TMC in Nörting liegt zwar in der Ortsmitte, allerdings auf einem weitläufigen, mit Stacheldraht gesicherten Firmengelände. Die Halle, in der schwarze Zelte aufgestellt wurden, in denen die Pflanzen gedeihen sollen, sind schwer gesichert. Auch alle anderen Verordnungen wurden nach Ansicht von Vereinsvorstand Schrödl beachtet: "Das LGL (Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) war zweimal hier, die Polizei, die Drogenfahndung, die Feuerwehr – alle sind hier gewesen. Und das Landratsamt Freising erteilt dann die Genehmigung, dass wir anbauen dürfen - und dann kommt wieder etwas. Da fängst Du an zu glauben, dass Willkür von oben dahintersteckt."
Investitionen liegen nun brach
In den bisherigen Investitionen für den Club steckt umgerechnet ein Porsche Cabrio drin, rechnet Unternehmer Alexander Schrödl vor. Er geht nun davon aus, dass die Entscheidungen der Behörden rechtlich angefochten werden. Auch der Dachverband der Cannabis Social Clubs erwägt eine Klage. In anderen Bundesländern seien die Auflagen bei weitem nicht in einem solchen Ausmaß vorhanden wie in Bayern, beklagt Schrödl eine Diskriminierung.
Einer wagt sich vor
Nur in Oberfranken sind nun die ersten Sämlinge gepflanzt worden. Martin Pley, Vorstand von Franken Cannabis e.V., sagt, dass er nach dem Freigabebescheid den Anbau in seinem Club angezeigt hat. Mehr als 100 Setzlinge wurden gepflanzt. Die Mitglieder des Clubs zahlen einen Monatsbeitrag und müssen im Jahr einige Stunden helfen. Auch das ist vom Gesetzgeber in Bayern vorgeschrieben. Sollte dem oberfränkischen Verein doch noch die Erlaubnis wieder entzogen werden, gibt sich Pley kämpferisch: "Ich werde mir bestimmt den Laden nicht einfach zusperren lassen, weil hier einfach zu viel Geld investiert wurde."
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