"Neuwahlen? Jetzt!" steht auf den Plakaten der Jungen Liberalen. Noch vor Beginn des Parteitags ziehen sie der Ampel den Stecker: Symbolisch wird vor dem Amberger Congress Centrum eine kleine Plastik-Ampel vom Strom getrennt.
Auf dem gelben Licht klebt ein Porträt von Volker Wissing. Der Bundesverkehrs- und jetzt auch Justizminister hat sich dafür entschieden, weiter der Bundesregierung anzugehören – und kehrte dafür der FDP den Rücken. Alle anderen Freien Demokraten sind raus. "Darauf können wir stolz sein", sagt Tobias Dutta, Landesvorsitzender der JuLis. Dutta zeigt sich kämpferisch, motiviert.
Hagen: Scholz muss den Weg frei machen
So wie FDP-Landeschef Martin Hagen. "Ich weiß nicht, wie es euch geht", ruft Hagen zur Eröffnung des Parteitags den rund 400 Delegierten zu. "Ich bin seit vergangenem Mittwoch regelrecht erleichtert und ein Stück befreit." Noch nie sei er so stolz gewesen "FDPler zu sein". Hagen erntet tosenden Applaus, auch als er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) "politische Insolvenzverschleppung" vorwirft.
Erst die Koalition aufkündigen und "dann am Sessel kleben bleiben" – das gehe nicht. "Herr Bundeskanzler, Sie haben keine Mehrheit mehr. Nicht im Volk und nicht im Parlament. Machen Sie den Weg frei, und zwar sofort!" Der Jubel im Saal ist groß, die Erleichterung über den Bruch der Ampelkoalition deutlich spürbar.
"Wirtschaftswende" statt "Hängepartie"
Scholz sei zu strukturellen Reformen nicht bereit gewesen. Eine Hängepartie könne sich Deutschland angesichts der weltpolitischen Lage aber nicht leisten, so Hagen. Christian Lindner habe ein "mutiges und fundiertes Reformkonzept" zur Stärkung der deutschen Wirtschaft vorgelegt. Das machen sich die bayerischen Liberalen auf dem Parteitag nahezu einstimmig zu eigen, der Rückhalt für den Ex-Bundesfinanzminister in Amberg ist groß. Der Kurs für den anstehenden Wahlkampf steht.
Nicht nur Christian Lindner, die ganze bayerische FDP will eine "Wirtschaftswende für Deutschland" und dafür unter anderem Unternehmenssteuern senken, Bürokratie abbauen und den deutschen Sonderweg in der Klimapolitik beenden. Bei Arbeitnehmern sollen "individuelle Leistungsbereitschaft und Eigenverantwortung" wieder ins Zentrum gerückt werden, Sozialversicherungsbeiträge sollen nicht weiter ansteigen. Außerdem fordern die Liberalen erneut, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern.
Demokratie an der Wahlurne verteidigen
Donnerstagfrüh hat Katja Hessel, Co-Landeschefin der bayerischen Liberalen und unter Christian Lindner parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, ihr Büro geräumt. "Mein Blick in meinen Terminkalender zeigt jetzt so viel Freiheit, wie seit drei Jahren nicht mehr", sagt Hessel. Freie Zeit, die sie jetzt voll und ganz in den Wahlkampf investieren will.
Dabei gehe es nicht allein darum, welche Partei den besseren Weg aufzeige, um Deutschland aus der Krise zu führen. Es gehe auch darum, die Demokratie zu verteidigen. "Wir werden den Rechts- und auch den Linkspopulisten an der Wahlurne nur dann schlagen, wenn die Menschen auch spüren, dass Demokratie Probleme löst", zeigt sich Hessel auf dem Parteitag überzeugt.
Hessel: FDP hat Wahlversprechen gehalten
In der Rolle der Opposition will es die FDP-Bundestagsabgeordnete der Berliner Minderheitsregierung nicht einfach machen. "Wir werden den Druck auf den Bundeskanzler hoch halten." Die FDP habe ihre Wahlversprechen gehalten. "Diese Bundesregierung hat keine Steuern erhöht. Sie hat keine neuen Schulden gemacht. Wir waren oft nach außen sichtbar der Riegel, der sich vor die öko-sozialistischen Umbaupläne geschoben hat."
Die bayerische FDP will sich jetzt auf den frühestmöglichen Termin für Neuwahlen einstellen und hat die ursprünglich für März geplante Listenaufstellung auf den 21. Dezember vorgezogen.
Im Video: BR-Reporterin Katharina Pfadenhauer zum FDP-Parteitag
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