Am Ochsenkopf im Fichtelgebirge steht die Wintersaison bevor: Während die Schneekanonen brummen, wird in den Räumen der örtlichen Bergwacht-Bereitschaft die Ausrüstung vorbereitet. "Bereitschaften" werden bei der Bergwacht die Ortsverbände genannt, die alle einer größeren Regionaleinheit zugeordnet sind. In Bischofsgrün am Ochsenkopf ist das zum Beispiel die Region "Fichtelgebirge" – bis jetzt.
Nur noch eine Bergwacht für Franken
Künftig soll sich das ändern. Die Landesleitung der Bergwacht hat beschlossen, die Struktur des Rettungsdienstes anzupassen. Die drei fränkischen Regionen "Rhön-Spessart", "Frankenjura" und "Fichtelgebirge" sollen zu nur noch einer "Region Franken" fusioniert werden. Gleichzeitig wird die Region "Hochland", die den Alpenraum zwischen dem Allgäu und dem Chiemgau umfasst, aufgeteilt – in "Hochland West" und "Hochland Ost".
Landesleitung will Kommunikation verbessern
Die bisherige Struktur der Bergwacht ist historisch gewachsen und orientiert sich an den Naturräumen im Freistaat. Die Fränkische Alb zum Beispiel zieht sich grob von Bayreuth bis nach Ingolstadt. Der Bergwacht-Region "Frankenjura" waren deshalb bisher auch zwei oberpfälzische (Amberg und Sulzbach-Rosenberg) und eine oberbayerische Bereitschaft (Dollnstein) zugeordnet. Solche Abweichungen von den staatlichen Organisationsstrukturen und denen der Rettungsdienst-Zweckverbände führen immer wieder zu Kommunikationsproblemen, argumentiert der Bergwacht-Landesvorstand.
In der neuen Struktur werden Amberg und Sulzbach-Rosenberg daher der Region "Bayerischer Wald" zugeordnet, Dollnstein dem Hochland. Außerdem geht es laut Bergwacht-Sprecher Roland Ampenberger auch um Vergleichbarkeit, was die Zahl und die Herausforderungen der jeweiligen Einsatzkräfte angeht: Vier von fünf Einsätzen der bayerischen Bergwacht finden im Alpenraum statt.
Franken beklagen Nachteile durch weite Fahrstrecken
Besonders im Fichtelgebirge kommen die Änderungen gar nicht gut an: Neben einem Verlust historisch gewachsener Identität bereitet Christopher Häfner vor allem die schiere Größe des neuen Gebietes Sorgen. Häfner ist ehrenamtlicher Regionalleiter der Bergwacht Fichtelgebirge. "Die Region Franken wäre dann die größte Region in ganz Bayern, mit einer Ost-West-Ausdehnung von über 350 Kilometern – was für ehrenamtliche Fahrtätigkeiten natürlich wirklich schwierig ist." Dadurch werde die Bergwacht in Franken als Ehrenamt künftig spürbar weniger attraktiv, fürchtet Häfner.
Befürchtung im Fichtelgebirge: Wegfall von Spezialeinheiten
Das meiste Kopfzerbrechen bereiten Christopher Häfner die Spezialeinheiten. Das sind besonders geschulte und mit Spezialausrüstung ausgerüstete Trupps, beispielsweise für Vermisstensuchen, Höhlenrettung oder auch Hundestaffeln. Weil es sie nur in besonderen Fällen braucht, sind solche Spezialeinheiten bei der Bergwacht der jeweiligen Region zugeordnet.
Statt drei künftig nur noch eine Region Franken zu haben, bedeutet auch weniger Anspruch auf Zuschüsse aus der Zentrale, sagt Christopher Häfner. Dadurch werden aus seiner Sicht nicht alle Spezialeinheiten zu halten sein, die es in den drei fränkischen Regionen aktuell gibt. Dadurch könne sich deren Anfahrtszeit im Einzelfall sehr deutlich verlängern.
Hinter den Kulissen der Bergwacht wird gestritten
Die Tatsache, dass es in Franken viel weniger Bergwacht-Einsätze gibt als im Alpenraum, will der Regionalleiter als Argument nicht gelten lassen: Die Bergwacht Bayern habe als Rettungsdienst einen staatlichen Auftrag, der auch beinhalte, dass sie in ganz Bayern flächendeckend vertreten sein muss. Häfner sieht diesen Auftrag gefährdet, wenn etwa ein Waldarbeiter in Franken länger auf seine Rettung warten müsste als im Hochgebirge. Die Landesleitung hingegen verweist darauf, dass sich bei den örtlichen Bereitschaften gar nichts ändere – nur an der übergeordneten Organisationsstruktur.
Hinter den Kulissen der Bergwacht wird um die Neustrukturierung heftig gestritten, wie aus dem BR vorliegenden Schriftwechseln hervorgeht. Eines betonen trotz der Unstimmigkeiten aber alle Beteiligten: Wer in schwierigem Gelände in Not gerät, darf auch weiterhin uneingeschränkt mit der Hilfe der Bergwacht rechnen – egal, in welcher Struktur.
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