Rund fünf Millionen Übernachtungen zählt der Landkreis Ostallgäu im Jahr. Ungefähr 9,5 Millionen Tagesausflügler kommen jährlich in die Region. Und auch die Einheimischen gehen gerne in die Natur, zum Wandern, Mountainbiken oder Tourengehen in die Berge oder zum Baden und Wassersporteln an die vielen Seen. "Der Druck im südlichen Ostallgäu ist groß, weil wir einfach mit so vielen Naturschätzen gesegnet sind", sagt Tom Hennemann, Gebietsbetreuer für den Ostallgäuer Alpenrand. "Seien es die Seen oder die alpinen Gebiete - da haben wir einen enormen Druck, vor allem wenn das Wetter schön ist."
Ziel: Aufklärung der Besucher
Um die teils sehr sensible Natur mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten besser zu schützen, setzt der Landkreis nun auf das Besucherlenkungsprojekt "Dein Freiraum. Mein Lebensraum". Ziel ist es, Besucher über das richtige Verhalten in der Natur aufzuklären. Info-Tafeln an beliebten Wanderparkplätzen sowie in Schon- und Schutzgebieten im Gelände sollen Wanderer, Mountainbiker, Tourengeher und andere Freizeitsportler auf sensible Bereiche aufmerksam machen und geben Tipps für naturverträgliche Touren. Begleitet wird das Projekt durch eine eigene Website mit Infos, Verhaltensregeln und Gefahrenhinweisen und einer groß angelegten Kampagne in den sozialen Netzwerken.
Schutz für eine einzigartige Natur
"Ziel ist es, den Besuchern ein nachhaltiges Naturerlebnis zu ermöglichen. Gleichzeitig müssen besonders sensible Bereiche geschützt bleiben", sagte der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (FW) bei der Vorstellung des Projekts am Breitenberg. Der Freistaat übernimmt 380.000 der rund 480.000 Euro an Projektkosten im Ostallgäu. Zunächst würden 14 Tafeln in Pfronten aufgestellt, erklärte die Ostallgäuer Landrätin Maria Rita Zinnecker. Noch in diesem Jahr sollen weitere Informations- und Hinweistafeln in Schwangau und Halblech folgen. Langfristig soll das Projekt auf den gesamten Landkreis ausgeweitet werden. "Durch Information und Aufklärung helfen wir mit, unsere Artenvielfalt zu bewahren und unsere einzigartige Natur- und Kulturlandschaft zu schützen", so die Landrätin.
Landkreis wünscht sich Ranger im Gelände
Allerdings reicht es nach Überzeugung der Projektverantwortlichen nicht aus, nur Schilder aufzustellen. "Da muss eine Vorinformation schon erfolgen über soziale Medien und über Outdoorportale", sagt Gebietsbetreuer Hennemann. "Und was auch ganz wichtig ist: Dass Ansprechpartner im Gelände sind wie Ranger, Gebietsbetreuer oder Mitarbeitende von Bergbahnen oder Berghütten." Landrätin Zinnecker würde sich deshalb wünschen, dass der Freistaat Geld zur Verfügung stellt, um drei Ranger im Ostallgäu einzustellen. Sie könnten im Gelände mit Gästen und Einheimischen ins Gespräch kommen. "Der Dialog ist ganz wichtig", sagt Zinnecker. "Das Ziel ist nicht, irgendwelche Verbote auszusprechen."
Gute Erfahrungen mit Besucherlenkung im Oberallgäu
Ins Leben gerufen wurde das Projekt "Dein Freiraum. Mein Lebensraum" bereits vor zehn Jahren im benachbarten Landkreis Oberallgäu unter Federführung des Naturparks Nagelfluhkette. Dort hat man gute Erfahrungen gemacht: "An den Stellen, wo wir die Leute konsequent informieren, haben die Probleme deutlich abgenommen", sagt der Leiter des Naturparks, Rolf Eberhardt. So werde zum Beispiel das Wald-Wild-Schongebiet am Riedberger Horn, ein wichtiges Rückzugsgebiet der Birkhühner im Winter, kaum mehr von Tourengehern befahren. Früher waren die Störungen der bedrohten Tierart dort ein großes Problem.
Das Ostallgäu ist nicht die einzige Region, die auf das Konzept von "Dein Freiraum. Mein Lebensraum." zurückgreift: Laut Naturparkleiter Eberhardt wurde das Projekt inzwischen in 20 Regionen in Bayern ganz oder in Teilen übernommen, unter anderem im Naturpark Altmühltal und im Fichtelgebirge.
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