Nach dem Böller-Wurf schützen Ordner auf den Rängen Verletzte mit einem Zelt vor Blicken
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Nach dem Böller-Wurf schützen Ordner auf den Rängen Verletzte mit einem Zelt vor Blicken

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Böller-Angst im Stadion: Gefahr für die Kleinsten?

Böller-Angst im Stadion: Gefahr für die Kleinsten?

Ein Böller explodiert im Fanblock, 13 Menschen werden verletzt - darunter Kinder und Jugendliche. Die Böller-Explosion im letzten Heimspiel des FC Augsburg hat eine Debatte ausgelöst. Eltern wollen mit ihren Kindern nicht mehr ins Stadion. Zu Recht?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

In der 57. Spielminute zuckt Anna Friedrich zusammen. Mit einem gewaltigen Knall explodiert im Block der Hoffenheimer-Gästefans ein Böller. Verängstigt beobachtet die 13-Jährige, wie Sanitäter und Ordnungskräfte herbeieilen. Die Fans der beiden Mannschaften beschimpfen sich, drängen gegen die Absperrung des Gästeblocks. "Ich war panisch", erinnert sich Anna. "Vor Panik sind wir rausgelaufen aus dem Block. Wir hatten tierische Angst."

Anna ist nur eine von vielen Kindern und Jugendlichen, die am 11. November das Heimspiel des FC Augsburg gegen die TSG Hoffenheim verfolgen. Rund 400 Freikarten hat allein das Gymnasium Maria Stern vom FC Augsburg erhalten. Viele Kinder und Jugendlichen sitzen unmittelbar neben dem Gästeblock. Bei den Kleinsten fließen Tränen, doch sie kommen noch mit dem Schrecken davon. Nur ein paar Meter entfernt werden Kinder und Jugendliche durch die Böller-Explosion verletzt.

"Ich hatte Gänsehaut, ich hatte Angst"

"Wir waren mit der Familie zum letzten Mal im Stadion", schreibt Charles La Tane auf der Facebook-Seite des Vereins. Auch FCA-Fan Daniel Heinle denkt darüber nach. "Ich hatte Gänsehaut, ich hatte Angst. Aber in einem Stadion sollte man sich eigentlich sicher fühlen." Heinle ist skeptisch, ob er noch einmal mit seinen kleineren Kindern ins Stadion soll. "Die haben schon gesagt: 'Papa, dann schauen wir es lieber im Fernsehen an.'" Und FCA-Fan Chris Thaler schreibt: "Vielleicht sollte sich der FCA mal überlegen, ob man den Familienblock an der Stelle richtig gewählt hat direkt neben den Hooligans."

Beim FC Augsburg antwortet der Leiter der Fanbetreuung auf all diese Fragen. Für welche Plätze man Freikarten an Kinder verteile, werde nach dem Böller-Wurf diskutiert. Die Platzierung neben dem Gästeblock ergebe sich aber fast zwangsläufig, da nur dort genügend Karten verfügbar seien, um größere Gruppen wie Schulklassen zusammen unterzubringen. Ansonsten seien bereits viele Plätze durch Inhaber von Dauerkarten belegt. Zudem habe es mit den Hoffenheimer-Fans noch nie Probleme gegeben.

Pyrotechnik wird immer öfter gezündet

Der Fanbetreuer räumt jedoch ein, dass der Einsatz von Pyrotechnik in den Stadien generell zugenommen habe, auch bei den eigenen Fans. Selbst die stillschweigende Übereinkunft, bei Heimspielen keine Leuchtfackeln zu zünden, sei von den FCA-Ultras zuletzt gebrochen worden. Böller-Vorfälle habe es jedoch keine gegeben.

Die Zunahme an Pyrotechnik ist eine bundesweite Entwicklung, sagen Kenner der Szene. "Meine älteste Tochter ist 16 Jahre alt und Fan von 1860 München. Als sie beim Auswärtsspiel in Ulm war, wurden sogar Raketen geschossen", berichtet Fan Daniel Heinle und fordert: "Wie kommen die verdammt noch mal mit so gefährlichem Zeug ins Stadion? Das muss aufhören!"

FC Augsburg weist Kritik an Einlasskontrollen zurück

Im Fall des FC Augsburg will man die Kritik an den Einlasskontrollen jedoch nicht stehen lassen. Das Konzept sei im engen Kontakt mit der Polizei erarbeitet worden. Jedes Jahr werde es vom DFB über Tage begutachtet und zertifiziert. Und manche Prüfung ist den Kontrolleurinnen und Kontrolleuren schlichtweg untersagt. Zum Beispiel der Griff in den Intimbereich.

Ein Schlupfloch, das manche nutzen. "Ich habe selbst gesehen, wie sich Bekannte Pyrotechnik mit Panzer-Tape in den Intimbereich geklebt haben, berichtet Fan Heinle. Er plädiert für den vermehrten Einsatz von Sprengstoff-Spürhunden sowie für Körperscanner, wie man sie von Flughäfen kennt. Daniel Heinle würde dafür auch längere Wartezeiten in Kauf nehmen.

Würden Körperscanner helfen?

Fan-Forscher Harald Lange von der Uni Würzburg hält davon nichts. Es habe vor Jahren bereits Versuche mit Körperscannern gegeben, die jedoch kein Erfolg gewesen seien. "Es schafft auch ein Flair, das dem Fußballerlebnis entgegensteht. Zum Teil müssten sie dann 80.000 Menschen kontrollieren. Das wäre ein Riesen-Aufwand", so der Professor für Sportwissenschaft. Solche Auswüchse wie in Augsburg "lassen sich nicht kontrollieren, sie passieren."

Lange warnt auch davor, dem Böller-Vorfall zu viel Gewicht zu geben. "Zunächst: Ich war von dem Vorfall entsetzt. Das hat mit Fan-Kultur nichts zu tun. Und ich kann auch verstehen, wenn Eltern nun nicht mehr mit ihren Kindern ins Stadion wollen. Aber das sind Einzelfälle." Stadien seien in den letzten Jahren zu sicheren Orten geworden. "Man muss die ganze Saison im Blick haben. Und da kann man zum Glück sagen: Das sind Ausnahmen." Die Gefahr für Kinder im Stadion sei vergleichbar mit der auf Volksfesten.

Forscher betont: "Böller-Vorfall ist Ausnahme"

Lange betont auch, dass man unterscheiden müsse zwischen dem Einsatz von Pyrotechnik - also den rauchenden Signalfackeln - und einem Vorfall mit einem Böller wie in Augsburg. Das seien unterschiedliche Dinge. Und der FC Augsburg betont, dass die Böller-Aktion der Hoffenheimer Fans auch von den sogenannten Ultras - also dem harten Kern der Fans - abgelehnt werde. "Sämtliche Fan-Lager und Fan-Szenen haben sich davon distanziert und es verurteilt. Und mehr noch: Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, den Fall aufzuklären", so Lange.

Die Ächtung der Böller-Aktion durch die Fans hält der Sportwissenschaftler für wichtig, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Es sei klargemacht worden, dass solche Böller "außerhalb der Normen der Fan-Kultur stehen" - auch wenn es um Protest gegen die Kommerzialisierung des Fußballs gehe. "Wenn die Fans sagen: 'Die gehören nicht zu uns, die grenzen wir aus, und notfalls denunzieren wir sie auch.' Das hilft uns, das Stadion sicher zu machen", glaubt Lange. Auch für die Kleinsten.

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