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Brandgefahr: Selbstentzündung laut Experten kaum möglich

Brandgefahr: Selbstentzündung laut Experten kaum möglich

Die Brandgefahr für Grasland, Büsche und Wälder ist derzeit sehr hoch. Dass sie von alleine zu brennen anfangen, halten Experten für nahezu unmöglich. Da brauche es zusätzliche Auslöser. Andere Formen der Selbstentzündung gibt es jedoch.

Ein Brand, der ohne äußeres Zutun entsteht? Grundsätzlich gibt es das: "Vorwiegend entsteht eine Selbstentzündung in nicht ausreichend getrockneten Heu- oder Strohmieten oder in Scheunen", erklärt Johann Georg Goldammer vom Freiburger Zentrum für globale Feuerüberwachung des Max-Planck-Instituts (MPI) für Chemie. Durch Gärungsprozesse könnten hohe Temperaturen entstehen, die sich zum Brand entwickeln könnten. "Landwirte und Feuerwehren sind mit dieser Problematik vertraut", erläutert Goldammer. Daher würden in kritischen Situationen Mess-Sonden in Heumieten eingeführt oder gegebenenfalls eine Scheune geräumt.

Ein weiterer Grund für Selbstentzündung seien Altlasten von phosphorhaltigen Kampfmitteln. Und in Ländern, in denen Stromleitungen und Leitungstrassen nicht ausreichend gewartet werden, könnte es zum "Kurzschluss" und Funkenbildung kommen, wenn diese Leitungen Bäume berührten – zum Beispiel bei einem Sturm – oder wenn Vögel den Kurzschluss auslösen. "In Deutschland kommt dies bislang selten vor, da die Trassen in der Regel gut gewartet sind", sagt der Experte.

Experte: Keine Selbstentzündung auf Gras nur durch Hitze und Sonne

Die aktuelle Trockenheit und Hitze allein sieht der Experte vom Max-Planck-Institut nicht ausreichend für eine Selbstentzündung. Angesprochen auf einen Fall in Unterfranken, bei dem am 18. Juli zwei Grünstreifen mit Büschen an einer Kreisstraße brannten, antwortet Goldammer: "Auf normal belüfteten Grünstreifen und Buschland gibt es ohne die oben genannten Faktoren keine Selbstentzündung."

Im Polizeibericht zu dem Brand in Franken hatte es jedoch geheißen: "Ursächlich für den Brand war laut Aussagen des Einsatzleiters der Feuerwehr Ebern die Hitze, somit handelt es sich um eine Selbstentzündung." Bei dem Brand waren fünf verschiedene Feuerwehren mit über 50 Mann im Einsatz.

  • Zum Artikel: "Trotz Regen neue Brände: Waldbrandgefahr bleibt hoch"

DWD: "Eine Zündquelle erforderlich"

"Dass bei uns ein Brand von selbst durch die Luft entsteht, ist nicht denkbar", sagt Harald Maier, Leiter der agrarmeteorologischen Niederlassung des Deutschen Wetterdienstes in Weihenstephan. "Damit ein Feuer entsteht, ist eine Zündquelle, Brennstoff und Sauerstoff erforderlich." Zahlreiche internationale Untersuchung hätten ergeben, dass über 300 Grad notwendig seien, damit auch bei trockenem Material ein Feuer entsteht.

Die Zündquelle könne ein Blitzeinschlag sein, ein heißer Katalysator, extrem heiß gelaufene Bremsen eines Mähdreschers, ein Oldtimer-Traktor, der Funken sprüht, oder eine weggeworfene glimmende Zigarette. "Die Quelle kann also auch sehr klein sein, insbesondere bei sehr trockenem Material und vorhandenem Wind", sagt Maier. "Der Wind bestimmt neben der Topografie und der Art des brennbaren Materials, zum Beispiel Vegetationsstruktur und Feuchtegehalt, die weitere Ausbreitung, insbesondere die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Feuers." Bei nassem Brennmaterial werde zunächst sehr viel Energie für die Verdunstung des enthaltenen Wassers benötigt.

Die Forschung ist sich nach Auskunft des Experten vom DWD einig, dass hierzulande circa 95 Prozent der Brände auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen seien – durch Unachtsamkeit oder durch absichtliches Feuerlegen. "Der Rest ist auf natürliche Zündquellen, bei uns in erster Linie auf Blitzschläge, zurückzuführen", so Maier.

Feuerwehrkommandant: Exakte Brandursache nicht bekannt

Auf Nachfrage zwei Tage nach dem Brand in Unterfranken sagte der Kommandant der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr dem BR-Korrespondenten, dass die exakte Brandursache nicht bekannt sei. Und der Branddirektor Michael Bräuer, stellvertretender Schulleiter der Feuerwehrschule in Würzburg, teilte mit, er könne die Möglichkeit einer sogenannten Selbstentzündung aufgrund von Hitze nicht völlig ausschließen. "Aus unserer Erfahrung heraus ist eine Selbstentzündung aufgrund von Hitze äußerst unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich", sagte er. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass es seiner Meinung nach immer einer physikalischen, biologischen oder chemischen Ursache bedarf.

Selbstentzündung durch Glasscherben?

Johann Georg Goldammer vom Max-Planck-Institut hält auch eine Glasscherbe nicht als Auslöser für eine Selbstentzündung möglich: "Die häufig vermutete Selbstentzündung durch Glasscherben ist bislang weder durch wissenschaftlich-technische Experimente, noch durch forensische Untersuchungen eines Brandes nachgewiesen worden."

Bei Gegenständen mit einer Linsenwirkung äußert sich das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) vorsichtig. Zu den "Möglichkeiten einer akzidentiellen Brandzündung durch fokussiertes Sonnenlicht" teilt Pressesprecher Ludwig Waldinger mit, dass solche Szenarien von den Physikern des LKA "nicht generell ausgeschlossen, aber als in der Praxis sehr seltene Ereignisse angesehen werden". Diese Auffassung würde auch von der US-amerikanischen "National Fire Protection Association" vertreten.

"Dass viele ungünstige Faktoren zusammenkommen müssen und das in Praxis nur sehr selten vorkommen wird, steht außer Frage", so Waldinger. Ein pauschaler Ausschluss einer solchen Brandentstehungsmöglichkeit werde aber als kritisch angesehen.

Polizei zuständig für Brandermittlungen

Zuständig für die Ermittlung von Brandursachen ist die Polizei, wobei es ihre Aufgabe ist, Straftaten zu verfolgen beziehungsweise einem Verdacht auf Brandstiftung nachzugehen. In ihrer Statistik tauchen demnach nur Brände auf, die jemand absichtlich verursacht hat. Wenn es Fälle von Selbstentzündung gibt, würden die darin nicht erfasst. "Wenn sich keine Anhaltspunkte für eine Straftat ergeben, folgen insbesondere bei Kleinstbränden keine aufwändigen Ermittlungen in Form von Gutachten oder Ähnlichem", teilt Ludwig Waldinger mit, Pressesprecher des Landeskriminalamtes.

Ob es Fälle von als Selbstentzündung eingestuften Bränden gibt und wie viele das wären, lässt sich deshalb, den Angaben Waldingers folgend, nicht einfach aus der Polizeistatistik ablesen.

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