Karolin Weidner - die "Bräurosl"
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Die Bräurosl und "ihr" Altötting: Es ist kompliziert!

Die Bräurosl und "ihr" Altötting: Es ist kompliziert!

Der Marienwallfahrtsort Altötting ist so was wie das katholische Herz Bayerns. Glaube, Brauchtum, Kitsch und Kommerz treffen aufeinander – hier aufzuwachsen war für Karolin Weidner alias "die Bräurosl" nicht immer einfach.

Über dieses Thema berichtet: STATIONEN am .

Bayerischer Kirchturm, bayerische Tracht, Wallfahrer, Votivtafeln - selbst das Herz von König Ludwig II. ist hier in Altötting begraben. Der Marienwallfahrtsort ist gewissermaßen das katholische Herz Bayerns und zählt zu den großen Wallfahrtsorten der Welt. Mehr als eine Million Pilger zieht es jedes Jahr hier her. 1489 sollen sich zwei Wunderheilungen ereignet haben. Auf sie geht die Wallfahrtstradition zurück.

Altötting ist der Heimatort der Sängerin Karolin Weidner. "Die Kindheit in Altötting war nicht ganz einfach", erzählt sie, die Kirche sei immer sehr präsent gewesen. "Für uns Kinder fast schon zu präsent, es gab kein Kino, es durfte nichts sein, was der katholischen Kirche ins Auge gestochen hat." Als junge Frau beschließt sie Altötting zu verlassen: "Ich habe immer gesagt, ich möchte nicht mal als Bild in Altötting hängen", erzählt Weidner.

Flucht und Rückkehr nach Altötting

Sie geht nach München und arbeitet dort als Sängerin und Schauspielerin. Im gleichnamigen Oktoberfestzelt verkörpert sie 25 Jahre lang die Bräurosl und hat Kultstatus auf der "Rosa Wiesn" – dem Treffpunkt der queeren Community.

Doch dann zieht es sie zurück nach Altötting, des Glaubens wegen: "All die Bräuche, die kirchlichen Feste an Erntedank, Ostern und Pfingsten", schwärmt Karolin Weidner: "Das ist so schön, wenn man das sieht."

Heidnischer Ursprung vieler Bräuche

Obwohl man in Altötting sehr stolz ist auf seine christlich-bayerische Tradition, war vieles hier schon da – lange bevor Bayern christlich wurde. Genau damit beschäftigt sich die Historikerin Maximiliane Heigl-Saalfrank. Wallfahrten und Votivtafeln gabs schon vor dem Christentum. An der Gnadenkapelle in Altötting zeigt sie auf die Zettel mit den Wünschen und Hoffnungen der Wallfahrer.

Das sei ursprünglich eine jüdische Tradition. "Jeder, der schon mal an der Klagemauer in Jerusalem war, sieht das ja, die Männer die kleinen Zettel eindrehen, um Gott ganz nahe zu sein, um ihm genau mitzuteilen, was mein individueller Wunsch ist." Die Kirche hat schon früh solche nicht-christlichen Traditionen vereinnahmt. Vielleicht hat sie es aber auch irgendwann aufgegeben, sie zu verdrängen.

Auch der traditionelle Altöttinger Stefani-Umritt am 26. Dezember, dem Tag des heiligen Stephanus, hat eine Tradition, die lange zurückreicht, erklärt Mitorganisator Stefan Schneiderbauer. Schon in vorchristlicher Zeit huldigten die Kelten und Römer in der Zeit rund um die Wintersonnwende der Göttin Epona, die Germanen dem Wotan. Nun ist der Heilige Stephanus der Schutzpatron der Pferde.

Engelsgleiche Begegnungen

Diese Traditionen und der Glaube sind es am Ende, die die Bräurosl Karolin Weidner wieder zurück in ihren Heimatort Altötting gezogen haben. Und mehrere Begegnungen mit Menschen, die für sie wie "ein Engel" waren. "Mir ist einfach bewusst geworden, wie wichtig es ist, dass man Menschen hat, die einen auffangen, mitnehmen, das ist unbezahlbar", sagt Karolin Weidner. Außerdem: Wohin könnte ihre besondere Sammel-Leidenschaft besser passen als in einen Wallfahrtsort? Das Sammeln von Engeln ist mittlerweile zu einem großen Hobby geworden. Mehr als 300 Exemplare hat sie zuhause.

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