Stille im Bischofshaus, kein Mitra-Träger im Gottesdienst, kein bischöfliches Wort zur Lage der Kirche: Zum ersten Mal seit fast 20 Jahren ist der Bischofsstuhl von Eichstätt leer. Gregor Maria Hanke, der das Bistum seit 2006 geleitet hatte, ist zurückgetreten – wegen "innerer Ermüdung", wie er sagt. Nun beginnt eine Übergangszeit, in der vieles weitergeht, aber nichts grundlegend verändert werden darf.
Was passiert während der Sedisvakanz?
Die katholische Kirche spricht in dieser Übergangszeit von einer Sedisvakanz – lateinisch für "leerer Stuhl". Diese beginnt, sobald ein Bischof stirbt oder – wie in Eichstätt – zurücktritt. "Die Vakanz ist am Sonntag, 8. Juni, um 12 Uhr eingetreten", erklärt Pia Dyckmans, Pressesprecherin des Bistums. Seitdem liegt die "die kollegiale Leitung" bei den aktiven Mitgliedern des Domkapitels, einem Gremium erfahrener Geistlicher, das traditionell die engsten Berater des Bischofs stellt.
Das Domkapitel hat am Freitag einen Diözesanadministrator gewählt: Dompropst Alfred Rottler übernimmt vorübergehend die Leitung der Diözese – mit fast denselben Rechten wie ein Bischof, aber begrenztem Gestaltungsspielraum.
Zu seinem Ständigen Vertreter ernannte Rottler Domkapitular Michael Alberter. Der 46-Jährige war seit 2022 Generalvikar unter Bischof Hanke. Als Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators werde Alberter laut Mitteilung nun weiter die Aufgaben in der Leitung des Bischöflichen Ordinariates wahrnehmen, die üblicherweise dem Generalvikar zustehen würden.
Wie geht es mit der Bischofswahl weiter?
In der kommenden Zeit bereitet das Eichstätter Domkapitel eine geheime Kandidatenliste vor, die dem Vatikan übermittelt wird. Auch andere bayerische Domkapitel und die Freisinger Bischofskonferenz reichen Vorschläge ein. Jedes Mitglied kann bis zu drei Namen vorschlagen. "Wie viele Kandidaten dort gelistet sein werden, kann nicht gesagt werden", erklärt Dyckmans.
Doch die Listen aus Bayern sind nur ein Teil des Verfahrens. Eine zentrale Rolle spielt der Apostolische Nuntius – der Botschafter des Papstes in Deutschland. Er erstellt nach einem aufwendigen Befragungsprozess seine eigene Dreierliste, die er an die römische Kongregation für die Bischöfe weiterleitet. Dort werden alle Listen und Einschätzungen zusammengeführt und sorgfältig geprüft. Auch die Kongregationen für den Klerus und für die Glaubenslehre werden beteiligt, um mögliche Einwände gegen einzelne Kandidaten zu klären.
Erst dann erfolgt die Abstimmung der vatikanischen Bischofskongregation. Ihr Personalvorschlag geht schließlich an den Papst, der die Entscheidung trifft – unabhängig von allen vorherigen Listen.
Welche Qualifikationen braucht ein Bischof?
Nicht jeder Priester kommt als Bischof infrage. Das Kirchenrecht nennt klare Voraussetzungen: Der Kandidat soll sich durch "festen Glauben, gute Sitten, Frömmigkeit, Seeleneifer, Lebensweisheit, Klugheit sowie menschliche Tugenden" auszeichnen. Zudem muss er mindestens 35 Jahre alt sein, seit fünf Jahren Priester und entweder promoviert oder in Theologie, Kirchenrecht oder Bibelwissenschaft besonders bewandert sein.
Auch ein guter Ruf ist Pflicht. Darüber hinaus spielen die konkreten Herausforderungen im Bistum eine wichtige Rolle. Einschätzungen des päpstlichen Botschafters in Deutschland und sogenannte Quinquennalberichte aus der Diözese liefern dem Vatikan ein detailliertes Bild der kirchlichen Lage vor Ort. Sie sollen dabei helfen, einen Kandidaten zu finden, der wirklich zum jeweiligen Bistum passt.
Was hat Bayern damit zu tun?
In Bayern läuft die Bischofsernennung anders als im Rest Deutschlands. Ein Konkordat mit dem Vatikan aus dem Jahr 1924 räumt dem Papst das alleinige Recht zur Ernennung ein. Nur eines bleibt dem Staat: ein stilles Veto. Bevor der neue Bischof ernannt wird, darf die Bayerische Staatsregierung prüfen, ob politische Einwände bestehen. "In der Praxis ist das nie passiert", betont Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU).
Im übrigen Deutschland schlägt dagegen das jeweilige Domkapitel meist eine Liste mit Kandidaten vor, aus der der Papst auswählt.
Und wie lange dauert das?
Zum Schluss muss auch der Kandidat selbst gefragt werden, ob er bereit ist, das Amt des Diözesanbischofs im Bistum Eichstätt zu übernehmen.
Einen festen Zeitplan gibt es nicht. Es kann Wochen, manchmal Monate dauern, bis der neue Hirte bestimmt ist. Für die Gläubigen im Bistum bedeutet das: Geduld.
Im Audio: Eichstätter Bischof Hanke tritt zurück
Bischof Hanke tritt nach fast 20 Jahren als Bischof von Eichstätt zurück.
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