"Guten Morgen, Niklas! Hier siehst Du unsere neue Purpur-Curry-Soße, die es heute zu dem pflanzenbasierten Menü gibt." Armin Storm, Gesamtküchenleiter im Schwarzwald-Baar Klinikum, rührt in einem großen Metallbehälter.
Seine Köche werden gleich den Teig für Bratlinge mischen: aus weißen Bohnen, Zwiebeln, glutenfreien Haferflocken, Sonnenblumenkernen, Kurkuma, Curry und einer Gewürzmischung. Dazu wird es mit Brokkoli gemischten Reis geben und die Soße aus Kokosmilch, Wasser, Curry-Pulver und Rote-Bete-Saft.
Orientierung an der "Planetary Health Diet"
Das Gericht entspricht der "Planetary Health Diet" (externer Link). Das ist ein pflanzenbasiertes Ernährungskonzept, das nach Erkenntnissen einer Gruppe von 37 Forschern aus 16 Ländern die Gesundheit des Menschen und des Planeten gleichermaßen schützen kann. Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst, Vollkorngetreide, Nüsse und hochwertige Pflanzenöle bilden die Basis. Küchenchef Armin Storm hat aber nicht nur die Gesundheit im Blick: "Auch geschmacklich stehen wir wesentlich besser da, als wenn man mit einem Industrieprodukt arbeitet."
In den Kliniken gibt es Vorbehalte
Gesund essen im Krankenhaus: Eine Gruppe von Ärzten hat ein Jahr lang darauf hingearbeitet, ein Pilotprojekt aufzusetzen und Häuser zu finden, die mitmachen: "Es gibt eine große Angst davor, solche Umstellungen stattfinden zu lassen. Man hat Angst vor schlechten Rückmeldungen, es gibt Kostendruck", erzählt der Mediziner Niklas Oppenrieder aus Aschaffenburg.
Sechseinhalb Jahre ist es her, seit Niklas Oppenrieder und einige Gleichgesinnte in München die ärztliche Gesellschaft "Physicians Association for Nutrition" (PAN) gegründet haben. Weil das Thema Ernährung in der medizinischen Ausbildung und Praxis kaum vorkam und ihnen klar wurde, "wie mächtig Ernährung ist, um Krankheiten zu verhindern, um Krankheiten zu behandeln". Zum Beispiel Diabetes Typ 2, Bluthochdruck oder rheumatoide Arthritis.
Inzwischen ist PAN zu einem internationalen medizinischen Netzwerk angewachsen. Es gibt Niederlassungen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, der Tschechischen Republik, Israel, Brasilien, Indien, Südafrika und den USA.
Chance auf Reform der Krankenhausverpflegung
Am Healthy Hospital Food (externer Link) Projekt nehmen im Moment drei Kliniken aus Baden-Württemberg und eine aus der Schweiz teil. 2025 könnte sich eine bayerische Uni-Klinik anschließen.
Mediziner Niklas Oppenrieder sieht in dem Projekt große Chancen: "Wir haben allein in Deutschland über eine Million Mitarbeitende in Krankenhäusern. Wir haben über 27 Millionen stationäre Patientinnen und Patienten pro Jahr. Das heißt: Das ist eine irre Menge an Essen, die da jeden Tag, jede Woche, jeden Monat, jedes Jahr rausgehen."
Ein neues Gericht: zwei Monate Vorbereitung
Klinikküchenleiter Armin Storm ist selbst auf die Ärzte-Organisation zugegangen. "Die Herausforderung bei uns in der Großküche ist natürlich: Wir müssen zu einem gewissen Zeitpunkt alles gleichzeitig fertig haben. Also wir sind so bei 1.200, 1.400 Mittagessen, die wir jeden Tag machen."
Das neue Gericht in den Speiseplan aufzunehmen, hat Storms Team zwei Monate Vorbereitungszeit gekostet. Wie lässt sich die Rezeptur an die Produktionsmenge anpassen? Wo kommen die Zutaten in brauchbaren Verpackungsgrößen her? Und was wird wann in welche Behälter gefüllt, damit alle Speisen zur gleichen Zeit fertig werden?
Motivierte Köche finden neue Wege
Die Bohnen für den Bratling zerdrücken die Köche von Hand. "Wenn ich es durch die Maschine lasse, habe ich einen Brei, ein Mus. Es ist zeitaufwändiger, aber wir können die einen Tag vorher machen oder zwei Tage vorher und haben dann das Produkt fertig. Und dann schaffen wir auch eine große Menge." Armin Storm ist ein Macher. Er will, und darum kann er. Doch auch weniger motivierten Köchen erleichtert PAN die Umstellung. Die Ärzte-Organisation erstellt für die Kliniken Bedarfsanalysen, Rezepte und Schulungsmaterialien. Sie schult Personal, sammelt Feedback und evaluiert den Prozess.
Niklas Oppenrieders Bilanz nach dem Besuch in Villingen-Schwenningen: Er freut sich über die hohe Motivation in der Küche, doch er ist auch ein bisschen enttäuscht über die eher geringe Nachfrage nach dem Bohnenbratling. Armin Storm und er sind sich einig: Wir müssen den Menschen auch sagen, dass sie etwas besonders Gutes und Gesundes auf dem Teller haben! Der Arzt nimmt es als Ansporn: "Ich bin guten Mutes, dass wir das mit einer geeigneten Kommunikation noch nach oben schrauben können."
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