Täglich werden in Bayern rechnerisch rund 50 Polizistinnen und Polizisten verbal oder körperlich angegriffen: Im vergangenen Jahr wurden laut Statistik 18.589 Polizeibeamte Opfer von Gewalt – also Attacken, Widerstand, Bedrohungen oder Beleidigungen. "Diese Übergriffe zeigen eine alarmierende Respektlosigkeit gegenüber unserem Rechtsstaat und sind in keiner Weise akzeptabel", sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bei der Vorstellung der Zahlen.
Die gute Nachricht sei: Die Zahl der geschädigten Beamtinnen und Beamten sei gegenüber 2023 um fast fünf Prozent gesunken – auf den niedrigsten Wert seit 2017. Herrmann sieht zwar eine "erfreuliche Tendenz", die Zahl sei aber immer noch viel zu hoch und "besorgniserregend".
Rund 3.000 Polizisten verletzt
Verletzt wurden 2024 im Dienst knapp 3.000 Polizisten, also rechnerisch acht am Tag. Auch diese Zahl ist gegenüber dem Vorjahr zwar gesunken, lag aber auf dem zweithöchsten Niveau seit Beginn der statistischen Erfassung 2010. Der Minister beklagt, die Bereitschaft, Einsatzkräfte zu verletzen, sei langfristig deutlich gestiegen.
Tatverdächtig waren 6.000 Menschen - so wenige wie seit 2015 nicht mehr. Der überwiegende Teil von ihnen waren Männer: 84 Prozent. Häufig waren bei den Attacken Rauschmittel im Spiel: Fast zwei Drittel der Tatverdächtigen (62 Prozent) standen unter Alkohol- und/oder Drogeneinfluss.
Der Innenminister verspricht den bayerischen Polizistinnen und Polizisten volle Unterstützung: "Wir lassen unsere Einsatzkräfte nicht allein." Neben einer intensiven Aus- und Fortbildung werde auch die Entwicklung und Beschaffung von neuer Ausrüstung vorangetrieben. Zur Ausstattung zählten Einsatzstock, Dienstwaffen und Body-Cams. Darüber hinaus aber brauche es auch gesellschaftliche Rückendeckung.
Minister Eisenreich: Strafe folgt schnell auf die Tat
Justizminister Georg Eisenreich (CSU) beklagte, die Intensität der Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten nehme häufig zu. In Bayern gelte bei Gewalt gegen Beamte null Toleranz: "Den Tätern und Täterinnen muss klar sein: Wir schützen die, die uns schützen."
Viele Verfahren zu Angriffen auf Polizistinnen und Polizisten würden priorisiert, damit die Strafe schnell der Tat folge. Möglich sei das, weil Bayern in den vergangenen Jahren 335 zusätzliche Stellen für Richter und Staatsanwälte geschaffen habe.
Polizeigewerkschaft fordert mehr Taser
Zusätzlichen Handlungsbedarf sieht jedoch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bayern. "Wer unsere Polizei ernst nimmt, muss ihr auch die Mittel geben, sich selbst und andere zu schützen", sagte Landeschef Jürgen Köhnlein dem BR. Er fordert die flächendeckende Einführung von Elektroschockern, sogenannten Tasern, für alle Streifenbesatzungen. "Eine Erprobung in der Fläche muss kommen!"
In Bayern sind derzeit alle Spezialeinheiten sowie die geschlossenen Einsatzzüge mit Tasern ausgestattet. Die Frage, ob solche Geräte weiteren Dienststellen zur Verfügung gestellt werden, wird laut Herrmann in den nächsten Monaten geprüft.
AfD verlangt mehr Wertschätzung für Polizisten
Der AfD-Innenexperte im Landtag, Richard Graupner, mahnt ein Klima der Wertschätzung für Polizisten an. Zudem sei im Kampf gegen die Gewalt gegen Ordnungshüter die "vollständige Beendigung der illegalen Migration" nötig sowie die konsequente Rückführung ausreisepflichtiger und straffälliger Ausländer.
Laut Statistik waren mehr als zwei Drittel der Tatverdächtigen Deutsche, knapp ein Drittel Nicht-Deutsche, wobei dazu auch ausländische Touristen oder in Deutschland lebende Bürger anderer EU-Staaten zählen.
Grüne: Prävention verstärken
Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Florian Siekmann, betonte: "Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass Menschen, die täglich für unsere Sicherheit einstehen, diese Gewalt erfahren. Hier braucht es klare Kante."
Zugleich gelte es, Ursachenforschung und Prävention in den Mittelpunkt zu stellen. "In vielen Fällen spielt Alkohol eine zentrale Rolle." Hier müsse Prävention ansetzen: "mit gezielten, landesweiten Kampagnen, vor allem für junge Menschen".
Im Audio: Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten
2024 wurden gut 18.500 Polizisten in Bayern körperlich oder psychisch angegriffen. (Archiv-, Symbolbild)
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