Volle Mülleimer quellen über, während Passanten auf der Freitreppe der bayerischen Staatsoper am Max-Joseph-Platz sitzen.
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Volle Mülleimer quellen über, während Passanten auf der Freitreppe der bayerischen Staatsoper am Max-Joseph-Platz sitzen.

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Hilft eine Steuer gegen Einwegmüll in bayerischen Städten?

Hilft eine Steuer gegen Einwegmüll in bayerischen Städten?

Einwegmüll ist in vielen bayerischen Städten ein zunehmendes Problem. Darf aber eine Kommune für Kaffeebecher, Pizzakartons oder Essensschalen eine Verpackungssteuer verlangen? Darüber wird heute in Baden-Württemberg vor Gericht verhandelt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Viele bayerische Städte und Gemeinden dürften heute mit großem Interesse nach Baden-Württemberg schauen. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim muss sich mit der Verpackungssteuer der Universitätsstadt Tübingen auseinandersetzen, die Anfang des Jahres dort eingeführt wurde.

Jeder Einwegbehälter für Getränke oder Essen kostet die Verkaufsstellen seither Geld. Ziel ist es, Mehrweggeschirr zu etablieren und Müll zu vermeiden. Die Inhaberin einer McDonalds-Filiale in Tübingen hat dagegen geklagt. Ein Normenkontrollverfahren soll klären, inwieweit Städte und Gemeinden solche Einwegsteuern überhaupt erheben dürfen. Auch für bayerische Städte wie Würzburg, München, Augsburg, Regensburg, Nürnberg oder Bamberg eine wichtige Frage.

Immer mehr Müll in der Innenstadt

Die Corona-Pandemie hat das To-go-Problem noch einmal verschärft. Vor allem im Sommer quellen in den größeren und auch touristisch gut besuchten Innenstädten die Mülleimer über. Die Stadt Nürnberg veranschlagte allein für 2021 knapp 1.000 Tonnen mehr Müll im öffentlichen Bereich der Innenstadt als noch 2019. Der Anteil des Verpackungsmülls an den insgesamt knapp 7.500 Tonnen wird zwar nicht herausgerechnet, macht nach Angaben der Stadt aber "den weitaus größten Teil des Mülls in unseren Parkanlagen, auf unseren Straßen und auf den Plätzen aus".

Ähnlich schätzen das auch bayerische Städte wie Memmingen, Würzburg oder Bamberg ein. In Regensburg, in der Oberpfalz, entfielen in den Jahren 2020/21 rund 11.500 Tonnen allein auf den Verpackungsmüll. Wie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) in einer Stichprobenuntersuchung bereits 2020 hochgerechnet hat, zahlen Städte und Gemeinden in Deutschland jährlich rund 700 Millionen Euro, um Parks und Straßen von Zigarettenkippen, To-go-Bechern und anderen Einweg-Produkten zu reinigen sowie öffentliche Abfallbehälter zu leeren und die Abfälle zu entsorgen.

Extra-Mülleimer lösen das Problem nicht

Vor allem die sperrigen Pizzakartons bringen viele Stadtverwaltungen zur Verzweiflung. Weil diese die normalen, kleinen Abfallbehälter schnell füllen, landet dann auch anderer Unrat oft daneben. Regensburg, Würzburg und seit neuestem auch Dachau, haben daher extra viereckige, größere Sammelbehälter speziell für Pizzakartons installiert.

Auf Nachfrage sind die Erfahrungen damit durchweg positiv. Allerdings, sagt Christian Weiß, Sprecher der Stadt Würzburg: "Wir erleichtern damit das Einsammeln, also der Aufwand unseres Personals ist weitaus weniger. Aber leider ändert sich am Aufkommen des Mülls, an der Menge, nichts."

Kommunen: Bundesgesetze zu lasch

Immer wieder gab es deshalb in Nürnberg oder Würzburg Überlegungen, Pizzakartons nur gegen Pfand auszugeben. Mehr wurde daraus aber nie. Noch unter der alten Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) wurde zwar eine Änderung des Verpackungsgesetzes beschlossen, aber die geht vielen Kommunen und auch Umweltverbänden nicht weit genug.

Dass Restaurants, Bistros und Cafés ab 2023 neben Einwegbehältern auch Mehrwegoptionen anbieten müssen, ist zwar ein Fortschritt, aber ohne finanziellen Nachteil, wenn sich die Verbraucher dann doch für einen Wegwerfbecher und nicht für einen Kaffee "to go" im Pfandbecher entscheiden.

"Ich glaube, es ist schon gut, bei wichtigen Themen, sowohl von oben von der Bundesebene zu arbeiten, aber auch seitens der Kommunen, Druck zu machen", sagt Jonas Glüsenkamp, zweiter Bürgermeister und Umweltreferent von Bamberg, "eigene Maßnahmen zu ergreifen und zu sagen, wir haben diese Herausforderungen vor Ort, und wir erwarten uns da Lösungen".

Hersteller an Kosten für Reinigung beteiligen

Dazu zählt für das Bayerische Umweltministerium auch, mehr Druck in Sachen Produktverantwortung zu machen und den "Herstellern von Einwegkunststoffprodukten die verursachergerechte Beteiligung an den Kosten, die für die Reinigung der Umwelt und die umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung nach Gebrauch ihrer Erzeugnisse entstehen, aufzuerlegen".

Allerdings geht es nach dem EU-Verbot zahlreicher Einwegplastikprodukte 2021, wie Trinkhalmen oder auch Besteck, längst nicht mehr nur um Kunststoffe. Alternativprodukte aus Bambus oder Maisstärke machen genauso Müll, werden aufwändig produziert und letztlich nur einmal benutzt.

Experten: Kaum Chancen für kommunale Einwegsteuer

Grundsätzlich gibt es die sogenannte "kleine Gemeindesteuer" beispielsweise in Form der Hunde- oder auch Zweitwohnungssteuer. Allerdings ist die Erhebung einer speziellen Steuer durch die Gemeinde immer umstritten, vor allem, wenn sie bereits bestehenden Bundes- oder Landessteuern ähnlich ist.

Das sieht der Augsburger Steuerrechtsexperte Thorsten Große bei der Tübinger Einwegsteuer gegeben: "Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1998 entschieden, dass Satzungen über die Erhebung von kommunalen Verpackungssteuern mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, da für solche Regelungen nur der Bundesgesetzgeber zuständig ist."

Ähnlich beurteilt das auch die bayerische Staatsregierung. Seitens des dafür zuständigen bayerischen Innenministeriums, heißt es auf BR-Anfrage: "Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben die Kommunen daher vom Erlass kommunaler Verpackungssteuersatzungen abgesehen. Es bleibt abzuwarten, wie der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof die im Normenkontrollverfahren zu prüfende Satzung der Universitätsstadt Tübingen vor diesem Hintergrund bewerten wird."

Tübingens OB Palmer: Es wirkt schon!

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) rechnet sich dennoch Chancen aus: "Wenn das Gericht erneut ein Stoppsignal setzt, wie in den 90er-Jahren, dann wird es wieder mal ein Schlag gegen die kommunale Selbstverwaltung und den Umwelt- und Klimaschutz, aufgrund von juristischen Bedenken."

50 Cent kostet in Tübingen seit Januar jeder Einweg-to-go-Becher und jede Einweg-Essensschale, die ausgegeben wird. Für Einwegbesteck kommen nochmal 20 Cent dazu. Pro Mahlzeit zum Mitnehmen können für die Verkaufsstellen bis zu 1,50 Euro fällig werden. Außer: Es handelt sich um Mehrweggeschirr von einem der derzeit vier Anbieter in Tübingen.

Beschwerden der Gastronomie habe es bislang nicht gegeben, aber, so Palmer, die Einwegsteuer wirke schon: "Im Sommer wird es natürlich erst so richtig spannend, aber wir haben bei den Müllmengen etwa 15 Prozent weniger. Und ich finde, wenn man rumläuft und die Mülleimer anschaut, sieht man es auch. Die sind vorher oft übergequollen, da war daneben jede Menge Zeug und das ist weitgehend weg."

Bambergs Ziel: Einwegfrei bis 2023

Zahlreiche bayerische Landkreise versuchen bereits jetzt – auf freiwilliger Basis – die Gastronomie ins Mehrweg-Boot zu holen. Mit Aktionen, Initiativen bis hin zu finanziellen Anreizen wie in den Landkreisen Dachau, Miesbach oder Bayreuth. Besonders fortschrittlich – in Sachen Mehrweg – ist in Oberfranken die Stadt Bamberg unterwegs. Mit der Kampagne "1wegfrei bis 23" wird bereits konkret versucht, den Plastikmüll in Bamberg bis zum Jahr 2023 drastisch zu reduzieren.

"Bereits seit einigen Jahren gibt es ein eigenes Mehrwegsystem für To-go-Kaffeebecher", sagt Umweltreferent Glüsenkamp. "Bamberg ist als Welterbe-Stadt mit viel Tourismus auch davon betroffen, dass wir gerade in der Innenstadt sehr viel Müll haben, insbesondere im Sommer."

Darüber hinaus sollen gezielt Anreize für die Gastronomie gesetzt werden, damit es spätestens 2023 auch für Pizza, Salat, Bier und sogar Eis eine attraktivere Mehrwegalternative gibt. "Wenn bis dahin keine Umsetzung erfolgt", sagt Glüsenkamp, "müssen wir uns andere Maßnahmen überlegen, wie sie beispielsweise die Stadt Tübingen gerade für uns vor den Gerichten erstreitet".

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