Der junge Mann will reden, endlich seine Sicht der Dinge öffentlich schildern. Das macht sein Anwalt dem Gericht schnell klar. Körperverletzung im Amt wird ihm vorgeworfen, so wie etlichen anderen Bediensteten der JVA Gablingen. "Mir macht das wahnsinnig zu schaffen, zumal ich gar nicht weiß, was genau mir vorgeworfen wird", so der Beamte. Vor dem Augsburger Verwaltungsgericht hat er deshalb gegen seine vorläufige Suspendierung vom Staatsdienst geklagt.
Warum das Gericht das Dienstverbot bestätigt
Doch das Gericht weist die Klage ab, das Dienstverbot sei rechtens. "Die Vorwürfe wiegen schwer, sie gehen an den Kern des Justizvollzugs", so der Vorsitzende Richter. Aus Sicht des Gerichts war der Vorwurf hinreichend konkretisiert. Schon der Verdacht einer Straftat könne ein Dienstverbot begründen. "Es lagen hinreichende Belege für eine Gefährdung des Dienstbetriebs vor. Ein Ermittlungsverfahren wurde eingeleitet, auch Ermittlungsmaßnahmen fanden statt."
Der Anwalt des Mannes, Adam Ahmed, sieht das ganz anders. Zum Zeitpunkt der Suspendierung sei lediglich ein anonymes Schreiben gegen seinen Mandanten vorgelegen, das laut dem Anwalt wohl von einem oder einer Bediensteten der JVA Gablingen verfasst worden sei: "Die Art, wie geschrieben wurde, deutet darauf hin".
Anwalt spricht von "Kollektivvorwurf"
Es gebe nur einen "Kollektivvorwurf, ohne dass im Einzelnen dargelegt wurde, welche Handlungen meinem Mandaten konkret vorgeworfen werden". Noch nicht einmal der genaue Ort innerhalb der JVA Gablingen wurde benannt", so der Anwalt weiter. Zudem sei sein Mandant nicht zu dem Vorwurf angehört worden, was auch das Gericht bemängelte. "Das kann aber auch nachgeholt werden", so der Richter in seiner Urteilsbegründung.
Laut dem suspendierten Beamten geht es in dem Fall, der ihm vorgeworfen wird, um einen neu angekommenen Gefangenen. Dieser habe sich von Beginn an "aufbrausend" verhalten. "Wir haben versucht, zu deeskalieren und ihm gesagt, dass er sich ruhig verhalten solle", so der Beamte. Der Gefangene sei aber weiter aggressiv gewesen und habe geäußert: "Ich habe eh nichts zu verlieren, ich werde sowieso abgeschoben. Der nächste Kollege, der reinkommt, dem werde ich eine reinhauen", so zitiert der Beamte den Gefangenen in seiner Erklärung.
Beamter war nicht Teil der Sicherungsgruppe
Zu einer späteren Kontrolle sei dann die Sicherungsgruppe (SIG) der JVA hinzugezogen worden. Diese steht im Zentrum des Gablinger JVA-Skandals. Der Beamte selbst sei aber nicht Teil der SIG gewesen, gegen deren Mitglieder massive Gewaltvorwürfe erhoben werden. Der Häftling habe dann eine abrupte Bewegung hin zu einem JVA-Bediensteten gemacht, woraufhin er von der SIG zuerst auf seinem Bett und schließlich am Boden fixiert worden sei. Der Beamte selbst habe dabei lediglich ein Bein des Gefangenen festgehalten und ihm keine Schmerzen zugefügt.
Eine Juristin habe dann eine Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum (bgH) für den Häftling angeordnet. Bei der Juristin habe es sich laut dem Anwalt aber nicht um die damalige stellvertretende Leiterin der JVA gehandelt, die in der Causa Gablingen wohl eine zentrale Rolle spielte. Der Anwalt kündigte an, im Fall seines Mandanten notfalls bis vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen. "Hier geht es um Grundrechte wie die Berufsausübung". Er sieht seinen Mandanten als "Bauernopfer". Der Beamte erhält trotz seines Dienstverbots weiterhin seinen dienstlichen Bezüge.
Im Fall der JVA Gablingen ermittelt die Staatsanwaltschaft Augsburg gegen 17 Bedienstete, darunter die frühere Leitung. Häftlinge sollen verprügelt oder komplett nackt und ohne Grund in gänzlich leere Spezialzellen gesperrt worden sein. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.
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