Kirchenbesucher erhalten nach dem Gottesdienst Umschläge an der Eingangstür; der Pfarrer steht daneben in seinem schwarzen Talar und beobachtet die Szene.
Kirchenbesucher erhalten nach dem Gottesdienst Umschläge an der Eingangstür; der Pfarrer steht daneben in seinem schwarzen Talar und beobachtet die Szene.
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Kirchenbesucher erhalten nach dem Gottesdienst Umschläge mit zehn Euro an der Eingangstür der Christuskirche Donauwörth.
Bildrechte: Sven Frei / BR
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Kirchenbesucher erhalten nach dem Gottesdienst Umschläge mit zehn Euro an der Eingangstür der Christuskirche Donauwörth.

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10€ pro Besucher: Warum eine Kirche in Donauwörth Geld verteilt

10€ pro Besucher: Warum eine Kirche in Donauwörth Geld verteilt

Warum verschenkt eine Kirche Geld, obwohl sie dringend selbst welches braucht? In Donauwörth erhielt jeder Gottesdienstbesucher zehn Euro. Der Pfarrer verfolgt mit der Aktion eine kreative Spendenidee.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Als die Besucher am Sonntag die evangelische Christuskirche in Donauwörth verließen, staunten viele nicht schlecht: Nach dem Gottesdienst bekamen sie nicht nur freundliche Worte, sondern auch jeweils einen Umschlag überreicht – darin zehn Euro und einem Aufdruck mit den Worten: "Du hast ein Talent, mach was draus!" Doch warum verschenkt eine Kirche Geld, wenn sie selbst dringend finanzielle Unterstützung benötigt?

Genau darum geht es bei dieser ungewöhnlichen Aktion: Die Gemeinde braucht dringend Mittel für die Sanierung der historischen Christuskirche, die mittlerweile deutliche Schäden aufweist. Unter anderem sind Böden aufgeplatzt, und an den Wänden bröckelt die Farbe.

Inspiration aus der Bibel – Talente vermehren

Der Hintergrund der Aktion ist durchaus biblisch – und kalkuliert zugleich. Dekan Frank Wagner erklärt, die Idee komme aus einer Bibelgeschichte: Ein Hausherr verreist und gibt seinen Knechten Geld, die damalige Währung hieß "Talent". Diese "anvertrauten Talente" sollten sie vermehren. Genau das erhofft sich die Gemeinde nun von ihren Mitgliedern. "Jeder Mensch hat ein Talent", so Wagner, "und dieses Talent soll genutzt werden, um die zehn Euro in eine größere Summe zu verwandeln." Am liebsten wäre es dem Dekan natürlich, wenn dieses vermehrte Geld anschließend als Spende wieder zurück in die Gemeindekasse fließen würde. Denn die Sanierungskosten für die Christuskirche sind erheblich und bisher noch nicht vollständig gedeckt.

Gute Idee oder riskante Wette?

Die Gemeindemitglieder reagierten begeistert auf die Aktion – erste Ideen für das Geldvermehren wurden noch direkt vor der Kirche diskutiert: Ella Weng etwa will Muffins backen und in der Nachbarschaft verkaufen. Matthias Stark plant, mit seiner Slush-Maschine Sirup-Getränke anzubieten und den Gewinn zu spenden.

Wird die Idee tatsächlich aufgehen, und was passiert, wenn nicht alle das Geld vermehren? Schließlich hat die Gemeinde mehrere Hundert Euro ausgegeben, die sie dringend benötigt. Der Dekan bleibt optimistisch: "Wir vertrauen darauf, dass viele kreative Aktionen gestartet werden. Und wenn das gelingt, dann könnte es ein echter Gewinn für die Gemeinschaft sein."

Historische Kirche, neue Herausforderungen

Die Christuskirche Donauwörth hat schon einiges durchgemacht: 1545 wurde die Stadt evangelisch, doch nach einem Streit um religiöse Prozessionen (1606) musste sie wieder katholisch werden – erst 1863 entstand mit der Christuskirche ein neues Zuhause für Protestanten. Jetzt steht sie erneut vor Herausforderungen: Neben baulichen Schäden kämpft sie wie viele Kirchen in Bayern mit rückläufigen Spendeneinnahmen. Umso wichtiger ist es für die Gemeinde, kreative Wege bei der Finanzierung zu beschreiten.

Ob diese ungewöhnliche Idee funktioniert, wird sich in zwei Wochen beim Gemeindefest zeigen. Dann können die vermehrten Spenden übergeben werden.

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