Ein Regenbogen steht über einer Zeltstadt in Gaza.
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Vertriebene Palästinenser, darunter auch Kinder, versuchen, ihr tägliches Leben in Gaza-Stadt fortzusetzen. (Symbolbild)

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Menschenrechtspreis: Wie die Versöhnungsinitiative PCFF arbeitet

Menschenrechtspreis: Wie die Versöhnungsinitiative PCFF arbeitet

Die israelisch-palästinensische Initiative "Parents Circle – Families Forum" (PCFF) erhält den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis 2025. Wer sind die Menschen, die sich im PCFF engagieren?

Über dieses Thema berichtet: Stadt Land Leute am .

Seit dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober vergangenen Jahres und dem Krieg, der seither zwischen Israel und der Hamas wütet, stehen sich Palästinenser und Israelis noch feindseliger gegenüber als zuvor. Die israelisch-palästinensische Initiative "Parents Circle – Families Forum" will zur Versöhnung der Völker beitragen und erhält dafür den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis 2025. Die Menschen, die sich für die Initiative engagieren, haben in der Regel selbst Kinder an den Krieg verloren.

Das ist "Parents Circle"

Seit 1995 bringt PCFF Familien zusammen, die im Nahost-Konflikt Angehörige verloren haben. Wie der Israeli Rami Elhanan und der Palästinenser Bassam Aramin: Rami Elhanans 14 Jahre alte Tochter Smadar starb vor 25 Jahren bei einem Anschlag. Rami erzählt: "Da haben sich drei palästinensische Selbstmordattentäter selbst in die Luft gesprengt." Auch der Palästinenser Bassam Aramin beklagt den Verlust einer Tochter: "Am 6. Januar 2007 hat ein israelischer Grenzpolizist meine zehnjährige Tochter Abir erschossen."

Rami Elhanan und Bassam Aramin gehören zu den rund 750 Mitgliedern von PCFF. Sie haben eine gemeinsame Vision: Versöhnung und Frieden zwischen Israelis und Palästinensern. Für Bassim Aramin ist das auch ein Weg der Aufarbeitung der tragischen Vergangenheit: "Mein ältester Sohn hat gesagt, der einzige Weg, die größte Wiedergutmachung für das Blut meiner Schwester, ist es, für Frieden zu sorgen."

Obama lobte Parents Circle

Weltberühmt wurde PCFF, als der damalige US-Präsident Barack Obama 2011 in seiner großen Nahost-Grundsatzrede die Initiative als Vorbild für einen Nahost-Versöhnungs- und Friedensprozess vorstellte. Darin zitierte Obama den Gründer der Organisation, Israeli Yitzhak Frankenthal. Frankenthals 19 Jahre alter Sohn wurde von der Hamas getötet. Er habe gesagt: "So viele Leute erwarteten von mir Hass. Meine Antwort an sie ist, dass ich nicht hassen werde."

Widerstand aus der israelischen Regierung

Um in den Köpfen der Menschen, gerade auch der jungen, etwas zu ändern, geht PCFF an die Schulen. Dort erzählen die Mitglieder ihre Geschichten und beantworten Fragen. Doch die Besuche gefallen nicht allen.

Aktuell agiert PCFF aus zwei Büros: eines in Ramat Efal in Israel und eines in Beit Jala im Westjordanland. Doch seit die rechts-religiöse Regierung von Ministerpräsident Netanjahu im Amt ist, gibt es immer wieder Versuche, PCFF dort mundtot zu machen. Im Erziehungsministerium gibt es solche Pläne: Wer das Ansehen des Militärs beschmutzen könnte, soll in Schulen nicht mehr sprechen dürfen. Der rechtsextreme Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, organisierte bereits Demonstrationen vor Schulen, in denen Mitglieder der Versöhnungsinitiative auftraten. Doch die Verbote werden von den Gerichten meist einkassiert.

Der Nürnberger Menschenrechtspreis

Für dieses Engagement wird PCFF mit dem Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis 2025 ausgezeichnet. Den vergibt die Stadt alle zwei Jahre an Personen, die sich zum Teil unter erheblichen persönlichen Risiken für die Wahrung der Menschenrechte einsetzen. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert.

Die Versöhnungsinitiative sei tief bewegt, den Preis zu erhalten, teilte die Leiterin des Menschenrechtsbüros der Stadt Nürnberg, Martina Mittenhuber, mit. In den derzeit herausfordernden und komplexen Zeiten sei Unterstützung wichtiger denn je.

Eine Stadt im nahen Osten.
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Kritik an der Versöhnungs-Initiative PCFF

Kritische Stimmen im Nahen Osten und in Nürnberg

Die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg (IKG) kritisiert die Verleihung. Jo-Achim Hamburger, der Vorsitzende der IKG, sagte im Interview mit dem BR, dass die Initiative aus Sicht der IKG eine klar einseitige Agenda vertrete, indem sie die Opfer des Terrorismus gleichsetze mit den Opfern unter den Terroristen. Nürnbergs Oberbürgermeister und Jurymitglied Marcus König (CSU) hatte die Entscheidung verteidigt. PCFF sei überprüft worden, aus der deutschen Botschaft sowie der Stiftung Wissenschaft und Politik sei grünes Licht gekommen. Auch zwei weitere Einrichtungen, die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Alliance for Middle East Peace, wurden befragt. "Die Kritik, die hier aufkommt, wurde nicht bestätigt", so König. An dem Preisträger werde man deswegen festhalten und die Auszeichnung am 21. September 2025 in Nürnberg verleihen.

Internationaler Nürnberger Menschenrechtspreis
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Internationaler Nürnberger Menschenrechtspreis

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