Die Mietpreisbremse soll Münchner vor Wuchermieten schützen
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Die Mietpreisbremse – Ein "zahnloser" Tiger gegen Wuchermieten?

Die Mietpreisbremse – Ein "zahnloser" Tiger gegen Wuchermieten?

Seit 2019 gilt in München und 200 anderen bayerischen Kommunen die Mietpreisbremse. Dieses politische Instrument soll Mietende vor zu hohen Kosten schützen. Eine nicht-repräsentative Studie der LMU München kommt nun zu erstaunlichen Ergebnissen.

Felicitas Sommer sitzt konzentriert mit ihren beiden Kollegen vor einem aufgeklappten Laptop. Letzte Vorbereitungen für eine Studie, die die Wissenschaftler der LMU München geplant haben. Sie fragen sich: Wie effektiv ist die sogenannte Mietpreisbremse, die in München und in über 200 anderen bayerischen Städten und Kommunen seit fünf Jahren gilt? Der Verdacht von Felicitas Sommer: Viele Vermieter halten sich nicht an die Vorgaben.

"Ironischerweise, als ich begonnen habe, dieses Projekt zu machen und mich mehr damit beschäftigt habe, habe ich festgestellt, dass ich selber mehr als zehn Prozent über dem ortsüblichen Mietspiegel zahle." Felicitas Sommer, LMU München

Das Ziel der Studie, die von der LMU München zusammen mit der TU München finanziert ist: Wie häufig zahlen Menschen zehn Prozent über der ortsüblichen Miete und könnten daher eigentlich die Mietpreisbremse ziehen?

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Felicitas Sommer bei letzten Vorbereitungen für ihre Studie

Die Mietpreisebremse – so funktioniert sie in der Theorie

Die Miete darf zu Beginn eines neuen Mietverhältnisses in bestimmten Wohngebieten mit hohem Bedarf an Wohnraum höchstens um zehn Prozent über der üblichen Miete liegen, wie im § 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) festgelegt ist. Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel: Die Mietpreisbremse gilt nicht für Wohnungen, die erstmals nach dem 1. Oktober 2014 vermietet wurden. Ebenso gilt sie nicht für die erste Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung, sofern die Modernisierungskosten etwa ein Drittel der Kosten für einen Neubau erreichen. Auf einer Website der Stadt München zum Mietspiegel kann jeder Mieter seine ortsübliche Miete errechnen.

Die Mietpreisbremse greift aber nicht automatisch, sondern ist im Mietrecht geregelt. Das bedeutet, wenn jemand zu viel Miete zahlt, kann er nur dann sein Geld zurückverlangen, indem er selbst etwas dagegen unternimmt. Das könnte bedeuten, dass er seinen Vermieter verklagt, falls nötig vor einem Gericht für zivilrechtliche Angelegenheiten.

Sommer und ihr Team vermuten, hier sei der Knackpunkt. Womöglich würden besonders Menschen mit interkulturellem Hintergrund oder Mieter mit geringem Einkommen die Konfrontation mit dem Vermieter scheuen.

Im Münchner Uni-Viertel in der Maxvorstadt hört sich Felicitas Sommer stichprobenartig um: Haben die Befragten schon mal von der Mietpreisbremse gehört? Die Ergebnisse der nicht-repräsentativen Umfrage: Viele haben schon mal davon gehört, die wenigsten denken aber, dass die Bremse auch wirklich eingehalten wird. Wird sich der Verdacht in der Studie bestätigen?

Ministerin Geywitz zur Rolle des Staates: Kein Babysitter

Während Felicitas Sommer und ihr Team die Studie in München durchführen, treffen wir für unsere ARD-Doku "GAU am Bau - Deutschland in der Wohnkrise" Bundesbauministerin Klara Geywitz von der SPD in Berlin. Was denkt sie zur Mietpreisbremse? Wäre es nicht eine Möglichkeit, dass die Mietpreisbremse automatisch greift und nicht jeder Mieter selbst aktiv werden muss? Geywitz versteht die Rolle des Staates anders. In einem Rechtsstaat, so die Bauministerin, setzt der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen, indem er die Gesetze erlässt.

"Das heißt, man kann vor Gericht gehen, wenn diese Gesetze verletzt sind. Aber wir haben natürlich keinen Babysitter-Nanny-Staat, der sich in Vertragsbeziehungen zwischen zwei Privatpersonen mischt." Klara Geywitz, Bundesbauministerin, SPD

Ergebnisse der Studie: Viele Münchner zahlen zu viel

Zurück in München bei Felicitas Sommer. Inzwischen sind einige Monate vergangen und es gibt erst Ergebnisse der Studie, die die Forscherin heute in einem Arbeitskreis der Stadt München vorstellen wird. Die Ergebnisse sind zwar nicht repräsentativ für die ganze Stadt. Dennoch ist ihr Team überrascht: Über ein Viertel der Befragten könnte die Miete anfechten – wie diese Mieterin, die jetzt deutlich weniger zahlt: "Konkret sparen tun wir jetzt in Anführungsstrichen 380 Euro pro Monat. Ich war natürlich auch froh und erleichtert, weil das uns auch ermöglicht, da in dem Viertel, in unserer vertrauten Gegend, weil wir wegen Eigenbedarf auch raus mussten aus der anderen Wohnung, da auch bleiben zu können."

Münchner könnten viel Geld bei der Miete sparen, aber die Angst, sich mit dem Vermieter anzulegen: bei vielen zu groß. Mietwucher wird in den seltensten Fällen zur Anzeige gebracht. Rechtlich beginnt Mietwucher, wenn der Vermieter mehr als 50 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangt.

In preisgebundenem Wohnraum kann es als außerdem rechtlich als Wucher betrachtet werden, wenn die Mieten 20-25 Prozent über den üblichen Mietpreisen in der Region liegen. Zusätzlich muss der Vermieter bei Vertragsabschluss entweder die Unerfahrenheit, die Zwangslage, das mangelnde Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche des Mieters bewusst ausnutzen.

"Wie kann es sein, dass wir etwas Lapidares wie Falschparken strenger ahnden, als dass das Recht auf Wohnen gesichert ist?" Felicitas Sommer, TU München

Die Meinung der Forscherin: Es braucht mehr Kontrolle durch den Staat, damit die Mietpreisbremse als Instrument kein "zahnloser Tiger" bleibt. Für Felicitas Sommer und ihr Team ist klar: Jetzt muss der nächste Schritt kommen: eine repräsentative Studie, die die Politik hoffentlich zum Handeln zwingt.

Die Doku "GAU am Bau - Deutschland in der Wohnkrise" beleuchtet die Frage: Wie viel Staat braucht es bei den drängenden Themen Mieten, Bauen, Wohnen? Moderatorin Marwa Eldessouky trifft Familien, die von Bauträgern im Stich gelassen werden und sucht nach Lösungen im Gespräch mit Bundesbauministerin Geywitz und anderen Experten.

Sendung: Das Erste, "Gau am Bau", am 06.05.2024 um 20.15 Uhr.

Dieser Artikel ist erstmals am 5.5.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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