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Naturpark Bayerischer Wald soll bald "Sternenpark" werden

Naturpark Bayerischer Wald soll bald "Sternenpark" werden

"Finster wie die Nacht" - ein Ausspruch, der langsam nicht mehr wahr ist. Die Lichtverschmutzung nimmt immer mehr zu und bedroht Menschen und Tiere. Der Bayerische Wald will zum Sternenpark werden und dafür einiges tun.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Der Naturparkverein Bayerischer Wald bereitet seit zwei Jahren alles für eine Bewerbung bei der Internationalen "Dark Sky Association" vor: 21 Gemeinden und das Nationalparkgebiet sollen als "Sternenpark" zertifiziert und damit auch gesünder für Menschen, Tiere und Pflanzen werden.

Zu viel Licht stört den menschlichen Schlaf

Am Abend wird es immer schrittweise dunkler. Das führt dazu, dass im Körper immer mehr Melatonin ausgeschüttet wird. Melatonin ist ein Hormon, das den Tag-Nacht-Rhythmus steuert. Doch was machen wir? Wir schalten in der Wohnung überall das Licht an und draußen brennen die Straßenlampen. Das ist schlecht für einen guten Schlaf, sagt die Biologin Julia Freund: "Wenn überall das Licht angeht, führt das dazu, das die Melatoninausschüttung später einsetzt. Dadurch wird der Schlafrhythmus gestört und wir werden einfach nicht mehr müde oder immer später müde. Das ist ein Teufelskreis.“

Lichtverschmutzung nimmt zu

Blaulicht aus Smartphones, Computern und Fernsehern verstärkt den Effekt noch. Schlechter Schlaf schädigt aber das Immunsystem, macht also anfälliger für Krankheiten. Die sogenannte Lichtverschmutzung steigt noch dazu jedes Jahr in unseren Breiten um zwei bis sechs Prozent, was uns schlechter schlafen lässt als die Menschen vor 100 Jahren, sagt die Biologin, die für den Naturparkverein Bayerischer Wald das Projekt "Sternenpark" plant. Im Bundesschnitt gibt es eine Straßenlampe für zehn Einwohner, in kleinen Orten oft sogar noch mehr. Wir leben also ziemlich lichtdurchflutet.

Zu viel Nachtlicht tötet Insekten und stört Tier- und Pflanzenwelt

Wer schon einmal nachts Insekten beobachtet hat, die bis zur totalen Erschöpfung Straßenlampen umschwirren, weiß, dass das Licht für sie oft tödlich ist, erklärt Biologin Freund: "Es gibt auch nachtaktive Insekten, für die Tageslicht eine Hemmwirkung hat. Die setzen sich irgendwo hin und warten, dass es dunkel wird. Wenn sie direkt unter einer Straßenlaterne sitzen, dann passiert das aber nie und sie verhungern dann mehr oder weniger."

Wildtiere verlieren die Orientierung

Zu viel nächtliches Licht bringt aber auch den Tag-Nacht-Rhythmus von tagaktiven Wildtieren durcheinander, sagt die Biologin, und das stört die natürliche Orientierung der Tiere am Jahreszeitenverlauf. Im schlimmsten Fall geraten dann Brutzeit oder das Anfressen von Winterspeck oder der Winterschlaf durcheinander. Auch Zugvögeln kann zu viel Nachtlicht schaden und ebenso den Pflanzen. Nächtliche Gartenlampen sind deshalb ebenfalls schlecht, sagt Julia Freund. Experten vermuten, dass nächtliches Kunstlicht sogar viel stärker zum allgemeinen Artensterben beiträgt als bisher gedacht.

Abhilfe soll ein "Sternenpark" schaffen

Der Naturparkverein plant das Projekt für das Nationalparkgebiet, dessen Wälder ohnehin nachts finster sind, und für 21 umliegende Gemeinden. Fast alle wollen mitmachen, aber dem gingen viel Aufklärung und auch Kostenberechnungen voraus. Kern des Projekts ist die Umrüstung aller Straßenlampen auf warmes LED-Licht mit maximal 3.000 Kelvin und auf Lampen, die nur nach unten, also nicht seitlich oder nach oben strahlen.

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Ein Negativbeispiel für Beleuchtung: Kugelleuchten geben mehr als die Hälfte des Lichts nach oben ab

Umrüstung teilweise schon abgeschlossen

Ein Problem war, dass einige Gemeinden, kurz bevor das Projekt "Sternenpark" bekannt gemacht wurde, aus Energiespargründen schon auf LED umgerüstet, aber die falschen Lampen gekauft hatten: mit 4.000 Kelvin und damit zu viel Blauanteil. Jetzt nochmal für viel Geld umzurüsten, wäre zu teuer. Bei anderen kam der Plan gerade rechtzeitig vor der Umrüstung, zum Beispiel für Frauenau. Dort wird sogar schon seit einiger Zeit nachts ab 1 Uhr das Licht in allen Nebenstraßen ganz ausgeschaltet, was kaum jemanden stört.

"Der Bayerische Wald ist tatsächlich einer der wenigen Orte, wo es nachts noch wirklich dunkel wird und man mit freiem Auge die Milchstraße sehen kann und das ist mittlerweile wirklich ein Luxus. Das hat man nicht mehr in vielen Orten in Mitteleuropa." Julia Freund, Biologin

Julia Freund will demnächst die Bewerbung bei der Internationalen Dark-Sky Association einreichen und hofft, dass bis Jahresende das internationale Zertifikat kommt. Damit kann die Region dann auch touristisch werben, einer der Nebeneffekte für die Gemeinden, die mitmachen.

💡 Was genau ist ein Sternenpark?

In Deutschland gibt es bereits vier zertifizierte Sternenparks: das Westhavelland, die Winkelmoosalm, den Nationalpark Eifel und das Biosphärenreservat Rhön mit Fulda als einziger deutscher Sternenstadt. Der Nationalpark Bayerischer Wald wäre der fünfte Sternenpark und er ist jetzt schon ideal geeignet: Jeder Sternenpark benötigt ein spezielles Beleuchtungskonzept. So sollten abgeschirmte, blendfreie Leuchten eingesetzt werden, die horizontal montiert sind. Dadurch ist das Licht nach unten gerichtet. Zudem muss die Lichtfarbe stimmen: gelblich-orange ist ideal. Ein Blauanteil darf nicht vorhanden sein und das Licht sollte regelbar sein.

Auch im Umfeld des Sternenparks muss künftig Lichtverschmutzung vermieden werden, denn der Titel ist nur vorläufig und an Auflagen geknüpft. Zudem verpflichtet sich ein Sternenpark auch, Besucher und das Umfeld über Astronomie und die Lichtverschmutzung zu informieren.

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