Michael Meier wuchtet ein Lamm auf die Arbeitsplatte: Enthäutet und sauber liegt es auf seinem Edelstahltisch, bereit zur Verarbeitung. Im Landgasthof Meier steht Lamm auf der Tageskarte, aber nicht nur der zarte Rücken, nein, der Koch verarbeitet auch die Innereien: Herz auf Salat, Leber mit Kartoffelbrei. Selbst der Lammschädel landet nicht wie andernorts im Hundefutter, sondern wird zu einem Feinschmecker-Gericht: Lammbäckchen, Lammzunge und Lammhirn mit Palmkohlchips.
Tiere werden komplett verarbeitet
Michael Meier führt den Landgasthof in Hilzhofen, Landkreis Neumarkt/Oberpfalz, in vierter Generation. Vater und Großvater waren Metzger. Meier ist damit aufgewachsen: Dienstags gab's Schlachtschüssel im Gasthof, denn da wurde geschlachtet. Verarbeitet wurden aber auch die anderen Innereien, die Knochen, Rüssel und Füße. "Jedes Tier, das geschlachtet werden muss, wird komplett verarbeitet. Das ist unsere Philosophie." Die Lämmer bekommt er von einem regionalen Schäfer, der die Trockenhänge des Oberpfälzer Jura beweidet.
Innereien sind nährstoffreich
Innereien sind nährstoff- und vitaminreich: Leber zum Beispiel hat drei Mal so viel Eisen wie Muskelfleisch. Man sollte sie aber nicht jede Woche essen, da sie als Filterorgan im Körper auch Schadstoffe aufnimmt. Die Zunge dagegen ist reines Muskelgewebe, also mageres, festes Fleisch. Christian Loos, der zweite Küchenchef, musste die Lammzungen allerdings erst einmal vier Stunden köcheln lassen, bevor er sie nun – ohne Haut und Sehnen – in der Pfanne anbraten kann. "Vorher geht gar nichts, da sind sie wie Gummi", sagt Loos.
Wissen selbst aneignen
Für junge Köche sind Innereien durchaus eine Herausforderung: Kaum ein Lehrling lernt noch, so etwas wie Zunge, Leber, Hirn oder eben Lammbäckchen zuzubereiten. Christian Loos lässt die Bäckchen mit Rotwein, Tomaten und Knoblauch schmoren, nach mediterraner Art. Der 29-Jährige hat sich viele Kniffe bei älteren Kollegen abgeschaut, nachgelesen und dann ausprobiert: "Die Kunst ist, sich das Wissen selbst anzueignen, wenn man niemanden mehr hat, der es einem erklärt."
Lammzunge muss vier Stunden köcheln, bevor sie enthäutet und gebraten wird
Von der Schnauze bis zum Schwanz
Die Zeit der Schlachtschüssel oder Sauren Kutteln sei allerdings vorbei, sagt Michael Meier. Leicht muss die Innereienküche sein, kreativ und auch ein bisschen exotisch. Feinschmecker- statt Hausmannskost. Die Gäste finden es sinnvoll, das ganze Tier zu verwerten, auch deshalb lassen sie sich auf die moderne Innereien-Küche ein. "Nose to Tail", also: Von der Schnauze bis zum Schwanz, das ist das Motto. Dafür braucht es allerdings ein gehöriges Maß an Kochkunst, sagt Christian Loos. "Ein Filet braten kann jeder. Aber bei Innereien muss ich Know-How haben: Was muss ich wegschneiden, wo sind die Adern, wo die Häute, wie lange muss ich das Organ kochen usw. usw.?"
Lammhirn paniert und gebraten
Das Lammhirn bereitet Christian Loos klassisch zu: Erst wird es paniert und dann gebraten. Die krosse Panade gibt den Geschmack – als Kontrapunkt zum fluffigen Inhalt der handtellergroßen Bällchen. Die schaumige Konsistenz von Hirn muss man mögen, sagt Michael Meier. "Mich überrascht es immer wieder, aber wenn wir so besondere Sachen wie Hirn oder Leber auf der Karte haben – das geht richtig gut." Einige Gäste kommen extra wegen der Innereien nach Hilzhofen. Neben Lamm gibt es auch Spezialitäten von Hirsch, Schwein und Rind.
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst am 8.4.2023. Er wurde aus technischen Gründen am 16.4.2025 erneut publiziert. Der Artikel enthält keine neuen Erkenntnisse.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!