Raluca und Johannes Egger gießen gerade Setzlinge in einem Gewächshaus ihrer "Mikrofarm" in Gräfelfing. Vor vier Jahren hat das Ehepaar die alte Gärtnerei gekauft und mit viel Liebe saniert. Ein mutiges Projekt. Denn Johannes Egger ist eigentlich Produktdesigner und seine Frau Raluca arbeitete zuvor als Innenarchitektin. Jetzt erfüllen sich die beiden Quereinsteiger auf 5.000 Quadratmetern einen Lebenstraum.
"Wenn es im November keine Tulpen gibt, dann gibt es eben keine"
"Jetzt bauen wir Gemüse und Blumen so an, wie es eben im Einklang mit der Natur ist", erklärt Johannes Egger. Und seine Ehefrau ergänzt: "Ich würde sagen, der große Unterschied ist, dass wir saisonal arbeiten und nur Pflanzen anbauen, die hier gut wachsen, unbeheizt. Wenn es eben keine Tulpen im November gibt, dann gibt es eben keine Tulpen."
Viele Pestizide bei Schnittblumen aus dem Supermarkt
Der Bund Naturschutz hat vor ein paar Jahren Schnittblumen aus dem Supermarkt genauer unter die Lupe genommen und dabei insbesondere bei Rosen aus afrikanischen Ländern mehr als 30 verschiedene Pestizide (externer Link zum BN) festgestellt.
Während für Gemüse strenge Vorschriften gelten, gibt es in der EU für Schnittblumen keine gesetzlich festgelegte Höchstmenge an Schadstoffen (externer Link, BfR), so das Bundesinstitut für Risikobewertung. Hinzu komme, dass die Herkunft der Blumen oftmals nicht nachvollziehbar sei.
"Slowflower-Bewegung" von Gärtnereien und Floristen
Immer mehr Floristen und Gärtnereien wollen ein Zeichen dagegen setzen und haben sich auch deshalb der "Slowflower-Bewegung" angeschlossen. Ihr Ziel bei der Vermarktung von nachhaltigen und regionalen Blumen und Gemüsesorten ist auch, Transparenz und Vertrauen zu schaffen. In Bayern sind schon 13 Betriebe eingetragene Mitglieder bei dem Verein.
Idee kommt aus England
Sebastian Conrad ist der erste Vorsitzende der Bewegung in Deutschland und ist auch mit dem Ehepaar der "Mikrofarm" in regelmäßigem Austausch. "Die Idee kommt aus England, ich kenne sie schon, seit ich dort Gartenbau studiert habe", berichtet er.
Seit 2019 sei die "Slowflower-Bewegung" auch in Deutschland angekommen und verbreite sich auch hierzulande immer mehr aus. "Als ich wieder nach Deutschland gekommen bin, haben sich schon ganz viele Gleichgesinnte gefunden, die eben auch hinterfragt haben: 'Wo kommen eigentlich meine Schnittblumen her? Kann ich selber im Anbau was verändern oder eben auch in der Floristik?'", so Conrad. Deutschlandweit gebe es mittlerweile mehr als 300 Betriebe, die mitmachen und sich über den Verein regelmäßig austauschen.
Viel Arbeit, aber sie lohnt sich
Auf der "Mikrofarm" in Gräfelfing gibt es jetzt zum Frühlingsbeginn auf den Feldern viel zu tun. Johannes Egger spannt große, weiße Netze über die Setzlinge, während seine Frau in einem anderen Beet die Erde lockert und danach Kornblumen einpflanzt. Die vertragen kühlere Nächte und wachsen langsam in den Mai hinein. Sie blühen dann im Juni.
Es ist zwar viel Arbeit, aber sie lohnt sich. Das Paar kann mittlerweile gut leben vom Verkauf ihrer regionalen und nachhaltigen Blumen und Gemüsesorten. Das Risiko, etwas komplett Neues anzufangen, hat sich also auch in finanzieller Hinsicht rentiert.
Ab April verkaufen Raluca und Johannes Egger jeden Donnerstag ihre Ware im eigenen Hofladen. Ansonsten haben sie schon 120 Abonnenten aus der Region für Gemüsekisten. Und weil ihr Konzept so gut läuft, fängt bald sogar eine zusätzliche Mitarbeiterin an.
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